Kurz Karkassenhandel lud auf sein Gummiasphalt-Testgelände ein
Über 70 Interessierte aus ganz Deutschlande besuchten den Unternehmensstandort in Wendlingen, darunter auch eine Fachdelegation aus Weißrussland. Vorgestellt wurde eine Technik, die Kurz gemeinsam mit den Firmen Evonik, A. Waggershauser Straßenbau, Viastab und PTM Dortmund entwickelt hat.
Die Gäste zeigten sich von der Fülle an Aufgaben beindruckt, die ein zertifizierter Altreifen-Entsorgungsbetrieb zu bewältigen hat. Kurz entsorgt im Jahr rund 60.000 Tonnen Altreifen. Allein am Standort Wendlingen werden jeden Tag 25 bis 40 Tonnen abgeladen – eine Tonne entspricht etwa 110 Pkw-Reifen –, nach Pkw- und Nutzfahrzeug-Reifen sortiert und separat klassifiziert; das heißt in unterschiedliche Qualitäten, abhängig vom Restprofil, der Reifengröße und dem allgemeinen Zustand. Jeder Reifen muss begutachtet und den Entsorgungswegen zugeordnet werden. Während an der einen Stelle entladen wird, findet an anderer Stelle die Beladung statt. Das Ziel ist, dass jeden Tag so viele Reifen das Werk verlassen wie angeliefert werden.
Verkaufsfähige Ware zur weiteren Verwendung und gute Karkassen für die Runderneuerung gehen in den Verkauf, Schrottreifen in die Granulierung oder die thermische Verwertung in Zementwerken. „Doch die Absatzwege verändern sich. In den letzten zwei Jahren haben die deutschen Zementwerke die Abnahme um rund 30 Prozent reduziert und in der gleichen Zeit die Preise mehr als verdoppelt“, informierte Hanna Schöberl, Geschäftsführende Gesellschafterin von Kurz Karkassenhandel. „Deswegen haben wir uns entschieden, neue Wege zu gehen.“
Von gleicher Qualität und auch besser
Unternehmensgründer Karl Kurz – heute 86 Jahre alt – unterstützt dabei seine Enkeltochter engagiert. Als einer der ersten professionellen Altreifenentsorger setzte er sich von Anfang an für eine umweltbewusste Entsorgung ein. Ihm ist der Einsatz von Gummimehl im Asphalt ein Anliegen, das ihn länger als ein Jahrzehnt umtreibt.
Karl Kurz weiß: Die Technik ist ausgereift; der gummimodifizierte Asphalt ist in nahezu allen Eigenschaften besser als der „Standard-Asphalt“. Jetzt hat Kurz mit dem Testgelände bewiesen, dass er sich auch einfach verarbeiten und einbauen lässt. Davon konnten sich die über 70 Gäste aus unterschiedlichen Branchen überzeugen. Vertreten waren Straßenbauer, Asphaltverarbeiter, Granulierer, Mitarbeiter der Kommune, der Reifenindustrie und des Flughafen Stuttgarts, verschiedene Unternehmen aus der Region, Verbände und natürlich die Medien.Frank Lindner, Business Manager beim Spezialchemie-Unternehmen Evonik, freute sich über das große Interesse: „Mit Kurz Karkassenhandel, der technologisch aufwändigen Gewinnung von Gummimehlen aus Lkw-Reifen sowie der Firma Waggershauser mit der Kompetenz im Straßenbau bündeln zwei Industrien ihre Kompetenzen und erproben ein neues Konzept zur Herstellung hochstandfester, langlebiger Asphaltbauweisen. Unser Produkt Vestenamer leistet dabei einen entscheidenden Beitrag zu Überwindung klassischer Hürden in der Herstellung und Verarbeitung von Gummiasphalten. Hierdurch werden Möglichkeiten für die Verwaltung geschaffen, steigenden Anforderungen an Qualität und Nachhaltigkeit erfolgreich zu begegnen.“
Die Vorteile von Gummiasphalt erkennen
Anders als in Belgien, Italien, USA oder Australien werden in Deutschland weiterhin Straßen mit Gussasphalt und Autobahnen sogar mit Betonbelag gebaut. Das ist für Kurz umso unverständlicher, „da der Betonbelag deutlich lauter ist und vor allem in den letzten heißen Sommern zu reißen und gefährliche Blowups zu bilden droht. Hinzu kommt, dass die Trocknungszeit des Betonbelags 28 Tage beträgt. 28 Tage, in denen die Baustelle ruhen muss und der Verkehr weiter in den verengten Fahrbahnen staut. Im Vergleich dazu benötigt Gummiasphalt bei Außentemperaturen um die 20 Grad nur zwei Tage Ruhezeit.“ Die Diskussion bei den Fachleuten auf der Veranstaltung ging sehr schnell in eine Richtung: Die für den Straßenbau verantwortlichen Behörden müssen die Vorteile von Gummiasphalt erkennen und dann auch umsetzen. Sehr schnell gäbe es weniger Baustellen, weniger Verkehrsunfälle: Das Fazit: Mehr Verkehrssicherheit und eine Reduzierung des volkswirtschaftlichen Schadens (Staus und Unfälle), der sich kaum beziffern lässt.
„Das Interesse von anderen Unternehmen muss geweckt werden“, konstatierte Mathias Waggershauser. „Wir sehen dabei zweierlei Vorteile von Gummiasphalt: die Haltbarkeit und die Standfestigkeit des Gummiasphalts, gerade bei Hitze und Kälte.“ Das Unternehmen A. Waggershauser Straßenbau, das in nächster Nähe zu Kurz Karkassenhandel seinen Standort hat, will das Geschäft mit dem Gummiasphalt ausbauen, auch weil Geschäftsführer Mathias Waggershauser ökologisch und ökonomisch bewußt handeln möchte: „Es ist doch toll, wenn wir die Gummireifen sinnvoll verwerten und recyceln können und damit eine Aufwertung des Asphalts erreichen.“
(EU-Recycling 10/2019, Seite 20, Foto: Kurz Karkassenhandel GmbH)