Gewerbeabfallverordnung: Wird das Recyclingziel erreicht?

Die Jahrestagung Abfallrecht der Umweltakademie Fresenius im November 2019 zog eine kritische Bilanz: Für die Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung fehlen in Deutschland Vorbehandlungsanlagen und ein funktionierender Recyclingmarkt. Trotz des Vorrangs für die stoffliche Verwertung müsse weiterhin eine energetische Verwertung erfolgen.

Reinhold Petri vom Regierungspräsidium Darmstadt glaubt nicht, dass die Gewerbeabfallverordnung ihr Ziel erreicht. Seinen Berechnungen zufolge werden die Gewerbeabfallmengen bis 2030 kaum steigen, die Verbrennungspreise auf einem hohen Niveau und die Wertstoffpreise weiter auf einem niedrigen Niveau verharren. Die Behandlungskosten des Gewerbeabfalles würden im Schnitt 115 Euro je Tonne betragen, während die energetische Verwertung bei 100 Euro je Tonne liege. „Statt der prognostizierten Erhöhung der Recyclingquote um vier Prozent, wird die Quote der Erhöhung bis 2030 lediglich um die 2,5 Prozent liegen“, rechnete Petri auf der Jahrestagung Abfallrecht vor und fragt sich: „Lohnt sich der ganze Aufwand oder verbraucht die Gewerbeabfallverordnung viel Geld für fast nichts?“ Laut Petri verfügen viele Betriebe schon heute über eine hohe Verwertungsquote für die gängigen Stoffströme, sodass nur ein Restgemisch verbleibt. Dieses Restgemisch sei häufig so mager, dass sich eine Sortierung wirtschaftlich nicht lohne. Der Experte ist überzeugt, dass trotz des Vorrangs für die stoffliche Verwertung aufgrund der fehlenden Marktchancen weiterhin eine energetische Verwertung erfolgen müsse. Vielfach seien Kunststoffrezyklate als „Abfallprodukt“ auf den Märkten – zum Beispiel in der Automobilindustrie – nicht unterzubringen. Für Petri ist die vollständige Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung erst dann sinnvoll, wenn genügend Vorbehandlungsanlagen zur Verfügung stünden und ein funktionierender Recyclingmarkt vorhanden wäre. Beides sei zurzeit noch nicht der Fall. Stattdessen regiere „das Prinzip Hoffnung“.

Noch ein weiter Weg

Stefan Kopp-Assenmacher diskutierte die Auswirkungen der neuen EU-Kunststoffprodukte-Richtlinie. Die darüber erweiterte Herstellerverantwortung sei auch als Finanzierungsquelle zu verstehen, legte der Rechtsanwalt dar – zum Beispiel für Trenn- und Sammelsysteme: „Dadurch sollen auch wirtschaftliche Anreize zur Entwicklung nachhaltiger Anreize zur Entwicklung nachhaltiger Kunststoffprodukte entstehen.“ Hersteller von Einwegkunststoffprodukten könnten nach Inkrafttreten der Richtlinie auch an den Kosten von Sensibilisierungsmaßnahmen zur Verbraucherinformation und an den Kosten für öffentliche Abfallsammlungen beteiligt werden. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Juli 2021 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Trotz aller Kritik an Politik und aktuellen Richtlinien sprachen sich viele Referenten und Teilnehmer für die „Abkehr von der Linearwirtschaft“ und „hochwertiges Recycling“ aus. Bis dahin sei es allerdings noch ein weiter Weg.

(EU-Recycling 02/2020, Seite 5, Foto: O. Kürth)

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