Balsaholz aus Rotorblättern wiederverwerten

Die erste Generation der deutschen Windkraftanlagen kommt in die Jahre. 2024 sollen 15.000 Rotorblätter entsorgt werden, bis 2027 werden weitere 72.000 dazukommen. Für deren Entsorgung haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI, eine Lösung entwickelt: Sie gewinnen das im Rotormaterial enthaltene Balsaholz zurück. Im Gegensatz zu in Windkraftanlagen verbautem Stahl oder Beton, für die es bereits umweltverträgliche Entsorgungsverfahren gibt, bestehen Rotorblätter aus einem stabilen Materialverbund. „Sie sind größtenteils aus mit Glasfasern verstärktem Kunststoff (GfK) und Balsaholz, das mit Epoxid- oder Polyesterharz verklebt ist“, verdeutlicht Projektleiter Peter Meinlschmidt vom Fraunhofer WKI in Braunschweig. Da sich die Stoffe nur schwer voneinander lösen lassen, war sortenreines Recycling bislang ein Problem.

Foro: LoggaWiggler / Pixabay

Fast untrennbar verklebt
Rund 15 Kubikmeter Balsaholz – eines der leichtesten Hölzer der Welt und extrem druckfest – stecken in einem Rotorblatt. „Obwohl es kaum einen Brennwert hat, wird es im Materialverbund verbrannt, meistens in Zementfabriken“, erklärt Peter Meinlschmidt. Neben ihrem energetischen Gehalt können die geschmolzenen Glasfasern und die Asche später dem Zement beigemischt werden und Teile des Quarzsandes ersetzen. Doch ist bei 53 Zementwerken in Deutschland der Bedarf an Rotorblättern als Brennmaterial oder Alternativmineral überschaubar.

Beim neuen Verfahren, das Forscher des Fraunhofer ICT mit Partnern aus der Industrie entwickelten, werden die abgenommenen Blätter noch an ihrem Standort zerlegt. Und zwar nicht per Bandsäge, sondern unter Einsatz einer Wasserstrahllanze. „Es ging deutlich schneller und besser“, betont Meinlschmidt. Die zehn bis zwanzig Meter langen Rotorblattstücke zerkleinert dann noch an Ort und Stelle eine mobile Zerkleinerungsmaschine zu etwa handtellergroßen Stücken. Die anschließende Behandlung mit einer Prallmühle trennt diese Stücke schließlich in ihre einzelnen Bestandteile. Meinlschmidt: „Das Verbundmaterial bricht dann auseinander, weil das Holz zähelastisch ist, während Glasfaser und Harz sehr hart sind.“

Für Dämm-Matten oder -Schaum
Die Balsaholz-Stücke werden am Fraunhofer WKI unter anderem zu extrem leichten Holzfaser-Dämmstoffmatten verarbeitet. Die Matten sind mit einer Dichte von unter 20 Kilogramm pro Kubikmeter bisher einzigartig auf dem Markt und bieten eine ähnlich gute Dämmung wie gängige Materialien aus Styropor. Bedarf nach ihnen dürfte vorhanden sein. „Bei den Gebäude-Dämmstoffen sind zurzeit etwa zehn Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen – da ist noch Luft nach oben“, ist sich Meinlschmidt sicher. Auch könnte das rückgewonnene Material zu einem neuartigen, elastischen Holzschaum verarbeitet werden. Holzeigene Bindekräfte verfestigen den Schaum und machen den Einsatz von synthetischen Klebstoffen überflüssig. Der Schaum ist als umweltfreundliches Dämm-, aber auch als Verpackungsmaterial geeignet und lässt sich im Altpapier-Container entsorgen.

www.fraunhofer.de

(EU-Recycling 04/2020, Seite 47, Foro: LoggaWiggler / Pixabay)

 

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