Corona wird Englands Recyclingsektor verändern

Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie – in Korrespondenz zu den Auflagen der jeweiligen Regierungen – auf den deutschen und internationalen Recyclingsektor hat, kann zurzeit niemand mit Bestimmtheit sagen. Das britische Beratungsunternehmen Tolvik hat dennoch in einem Report versucht, die Entwicklung des Abfallaufkommens in England bis Ende 2021 zu skizzieren.

Rückgang auf unter 50 Prozent möglich
Während die Auflagen der englischen Regierung alles außer den grundlegenden Dienstleistungen herunterzufahren beabsichtigen, wird es eine „sehr deutliche Reduzierung“ in den Mengen von Gewerbe- und Industrieabfällen geben. Unter den jetzigen Bedingungen wird in kürzester Zeit mit einem Rückgang auf unter 50 Prozent zu rechnen sein. Andererseits werden die Auflagen zwangsläufig zu einem Anstieg der Haushaltsabfälle führen, weil beispielsweise die geschätzte Zahl der zuhause eingenommenen Mahlzeiten um ein Viertel steigen dürfte. Zusammen mit möglicherweise moderaten Zunahmen beim Online-Shopping und durch Heimwerken, Gartenarbeiten und Entrümpeln ergeben sich Steigerungen bei den Haushaltsabfällen von rund 13 Prozent mit Auswirkungen auf das Aufkommen von Restabfällen.

Abb.: Tolvik Consulting Limited

Zentral: Dienste aufrechterhalten
Noch sind die Abfallentsorgungsdienste der Kommunalverwaltungen von den Auswirkungen der Corona-Krise wenig betroffen. Doch haben bereits alle Recyclinghöfe geschlossen, und etliche Kommunalverwaltungen berichten von fehlenden Mitarbeitern, wodurch die Abholung etlicher Abfallsorten wie trockenes Recyclingmaterial, Sperrmüll und Gartenabfälle betroffen ist und sich Wechsel im Dienstleistungsangebot andeuten. Die Fähigkeit der Kommunalverwaltungen, den Service aufrechtzuerhalten, werden der Schlüssel sein, um die Menge an Restmüll während der Krise zu bestimmen. Wenn durchschnittlich 85 Prozent der Abholdienste beibehalten werden, reduzieren sich die Restabfallmengen um geschätzte 10,5 Prozent, sollten die momentanen Auflagen andauern. Falls aber beispielsweise nur 35 Prozent der Recyclingdienste durchhalten, würde das ansteigende Restabfall-Aufkommen ausreichen, um die Einsparungen an Gewerbe- und Industrieabfällen so auszugleichen, dass die Gesamtmenge an Abfällen wieder das Niveau kurz vor Ausbruch der Covid-19-Krise erreicht. Angenommen, dass genügend Personal zur Verfügung steht, um die Sammlung von 60 Prozent der Wertstoffe zu sichern und die des Restmülls normal weiterlaufen zu lassen, würde – unter Beibehaltung der gegenwärtigen Regierungsauflagen – ein moderates Absinken der Restmüll-Mengen um drei bis vier Prozent stattfinden.

Drei Szenarien
Die Autoren des Tolvik-Berichts erstellten drei Szenarien für Restabfälle in England bis Ende 2021. Im Szenario mit den größten Auswirkungen der Corona-Krise auf die Restmüllmengen werden diese kurzzeitig auf 6,3 Millionen Tonnen ansteigen, dann ab Herbst 2020 – nach Covid – aufgrund einer Rezession im Gewerbe- und Industrie-Abfallsektor am stärksten von allen drei Szenarien auf unter fünf Millionen Tonnen fallen, um ab dem ersten Quartal 2021 wieder zuzulegen und zum Jahresende 2021 rund 5,6 Millionen Tonnen zu bilanzieren. Im Szenario mit den angenommen geringsten Auswirkungen fallen die Restmüllmengen langsam von 6,3 auf rund 5,2 Millionen Tonnen, um im ersten Quartal 2020 wieder anzusteigen und im vierten Quartal 2020 rund 5,9 Millionen Tonnen zu erreichen.

Restmüllmengen werden sinken
Eine Gesamtanalyse legt nahe, dass Ende 2021 – als Ergebnis der Auswirkungen auf die Wirtschaft und speziell auf die Gewerbe- und Industrieabfälle – die Restmüllmengen in England zwischen 0,5 Millionen Tonnen und 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr – also zwischen 2,2 und 6,5 Prozent – unter denen von 2019 liegen. Vorhersagen, wie stark die Corona-Krise das englische Bruttoinlandsprodukt tangiert, sind noch weitgehend spekulativ und somit sind es auch Prognosen darüber, inwieweit dies die Margen an Rest­abfällen aus Gewerbe und Industrie betrifft. Die bisherigen Berechnungen gehen jedoch von einem Rückgang des Gewerbe- und Industriemüll-Aufkommens bis 2021 in der Größenordnung von fünf bis 14 Prozent aus.

Der ausführliche Briefing Report steht unter www.tolvik.com/wp-content/uploads/2020/03/Covid-19-and-UK-Waste-Sector-v1-FINAL.pdf zur Verfügung.

(EU-Recycling 05/2020, Seite 29, Foto: PIRO4D / Pixabay)