BIR-Fachsparte Papier: Altpapiermärkte im Anpassungsmodus
Nachdem die Volksrepublik China angekündigt hat, ab Ende dieses Jahres keine Importe von festen Abfällen mehr zuzulassen, war die Transformation des globalen Altpapiermarktes innerhalb der zurückliegenden Jahre ein Thema des Webinars, das die Fachsparte Papier im Rahmen der „BIR World Recycling Convention Week 2020“ im Oktober veranstaltete.
Schon vor diesem Jahr suchten die Altpapierunternehmen nach Absatzmöglichkeiten für Altpapier, das früher die Volksrepublik China zum Ziel hatte. Laut Ranjit Singh Baxi (J&H Sales International, Großbritannien) ermäßigten sich die von China im Ausland bezogenen Mengen an Recyclingfasern von etwa 26 bis 29 Millionen Tonnen in den drei Jahren bis 2017 auf gerade 19 Millionen Tonnen in 2018. Mit elf Millionen Tonnen importierte das Land 2019 noch weniger sekundäres Material. Für 2020 werde eine Einfuhrmenge im Umfang von fünf Millionen Tonnen prognostiziert, so der frühere Präsident der Fachsparte.
Neue Kapazitäten in Europa
Seiner Ansicht nach hat sich die schrittweise Reduktion der chinesischen Faserimporte für die Recyclingbranche als vorteilhaft erwiesen, weil diese Situation den Unternehmen erlaubte, den Versuch zu unternehmen, sich in neueren Märkten zu positionieren und Absatzmöglichkeiten zu finden. Jean-Luc Petithuguenin (Paprec, Frankreich), Präsident der Fachsparte Papier, stimmte dem zu indem er feststellte, dass die Märkte große Fortschritte gemacht hätten, den Verlust der Bestellungen aus China auszugleichen. Das gelte auch für neue Kapazitäten in Europa sowie Faserexporte, die in höheren Mengen an ein größeres Spektrum an Ländern verschickt würden.
Als nach wie vor vielversprechenden Markt bewerteten mehrere Redner die Türkei, obwohl das Land angekündigt hatte, die Altpapierimporte auf 50 Prozent seiner Produktionskapazität zu begrenzen (bislang 80 Prozent der Produktionskapazität). Ranjit Baxi geht davon aus, dass weitere Länder ähnliche Maßnahmen ergreifen werden, um ihre heimische Industrie beziehungsweise ihre Erfassungsprogramme zu schützen und die Importkosten zu reduzieren.
Der Branche öffnen sich „viele Möglichkeiten“
In diesem Zusammenhang wies Francisco Donoso (Alba Servicios Verdes, Spanien) darauf hin, dass die starke Abnahme der chinesischen Altpapierbestellungen einen deutlich negativen Effekt auf das Geschäft habe. Zudem beklagte er die die hohen Preisschwankungen, die er als Folge der „Panik“ einiger Papierhersteller interpretierte; diese befürchteten, dass ihnen das Material ausgehe oder sie mehr als nötig für ihre Lieferungen bezahlten. Martin Leander (Stena Metall International AB, Schweden) rechnet auch weiterhin mit der aktuellen Volatilität der Preise, sieht aber auch „viele Möglichkeiten“, die sich der Papierbranche öffnen.
Dies könnte beispielsweise durch Neuerungen für den Verpackungssektor geschehen, die von den Gastrednern Gilles Lénon und Fabienne Vercelli vom Centre Technique du Papier (CTP) in Frankreich vorgestellt wurden. Während „Chromatogeny“ ein Verfahren ist, das die chemische Modifikation eines Cellulose-Verbundes zur Erzeugung einer wasserabweisenden Barriere beinhaltet, ist die „MFC Nasslaminierung“ eine Schicht, die aus mikrofibrillierter Cellulose (MFC) besteht und auf die Oberfläche von Papier oder Karton aufgetragen wird, um als Barriere gegen Öl, Kontaminationen und Sauerstoff zu fungieren. Den Angaben zufolge hätten beide Technologien die Fähigkeit, alle Spezifikationen im Hinblick auf Rezyklierbarkeit und biologische Abbaubarkeit zu erreichen.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2020, Seite 30, Foto: O. Kürth)