Einflussfaktoren auf die Weiterentwicklung von Schredderanlagen

Die methodische Risikobewertung von Langzeitinvestitionen im Altanlagensegment wird zunehmend systemrelevanter.

Systemkonzeptionierungen sind ein hilfreiches strategisches Mittel, Weiterentwicklungen an Großschreddern und damit verbundene Investitionsentscheidungen im Rahmen eines sich stetig wandelnden Umwelt- und Marktgeschehens zu bewerten.

Das zeigt eine dreijährige Forschungsarbeit bei der TSR Recycling GmbH & Co. KG (Oktober 2016 bis Dezember 2019) mit dem Fokus auf Schredderanlagen für Eisen- und Metallschrotte. Europäische Normen und Rechtsvorschriften prägen die Kreislaufwirtschaft. Damit verbundener Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz sowie Energieeffizienz nehmen nachhaltig Einfluss auf den Fortbestand altgedienter Schredderanlagen. Darüber hinaus setzen Überkapazitäten im Markt, die Konjunkturschwäche der europä­ischen Wirtschaft und die wertstoffhaltigen Veränderungen im Vormaterial Schredderbetreiber in ihrer langfristigen strategischen Ausrichtung unter Druck. Die Forschungsarbeit ermittelte – bedingt durch umweltschutzrechtliche Änderungen – sieben Kerneinflussfaktoren auf die Weiterentwicklung von Schredderanlagen:

1. Europäische und nationale Gesetzgebung
2. Bestandsgenehmigung
3. Emissionsgrenzwerte und Messungen
4. Bestandstechnik
5. Technologien und Innovationen
6. Umwelt- und Genehmigungsbehörden
7. Vormaterial und Produkte

Die Kerneinflussfaktoren basieren auf den formalrechtlichen Anpassungen des BREF für Abfallbehandlungsanlagen (Best verfügbare Technik, BVT-Merkblatt) und der novellierten Entwurfsfassung der TA Luft aus dem Jahre 2018. Es wird davon ausgegangen, dass die überarbeiteten Emissionsgrenzwertbestimmungen und Umweltauflagen des BREF und der TA Luft direkten oder indirekten Einfluss auf die technischen und betrieblichen Bestandsprozesse von Schredderanlagen nehmen.

Die Frage nach einer Neuinvestition
Die rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer und nationaler Ebene (erster Kerneinflussfaktor) wirken sich bei Einflussnahme auf die Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides (zweiter Kerneinflussfaktor) direkt auf den Fortbestand entsprechender IED-Anlagen (Anlagen laut „Industrial Emissions Directive“) aus. Genehmigungsrelevante emissionstechnische Betriebsgrenzen sind mit den neuen rechtlichen Emissionsgrenzwerten abzugleichen und indizieren infolgedessen, ob ein Eingriff in die Bestandstechnik in Form einer verfahrenstechnischen oder betrieblichen Maßnahme erforderlich ist.

Die kontinuierliche und/oder diskontinuierliche Überwachung sowie Nachweisführung der festgelegten Emissionsschwellen gegenüber den Behördenvertretern und Kontroll­instanzen bilden den dritten Kern­einflussfaktor. Unter der Prämisse verschärfter Umweltanforderungen wird ein Eingriff in die Bestandstechnik (vierter Kerneinflussfaktor) genau dann erforderlich (unter Umständen in Form einer wesentlichen Änderung gemäß § 16 BImSchG), wenn die neuen Grenzwertbestimmungen aus dem ersten Kerneinflussfaktor im Altbestand nicht mehr gehalten werden können. Aus den technologischen Defiziten in der Bestandstechnik heraus ergibt sich schließlich die Frage nach einer Neuinvestition und die damit verbundenen planerischen Herausforderungen und ökonomischen Risiken – ein systemischer Entwicklungsschritt vom vierten zum fünften Kerneinflussfaktor.

Die Weiterentwicklung produktionslastiger Industrieanlagen in der Abfallwirtschaft bietet im Kontext eines emissionstechnischen Fortentwicklungsgedankens nur wenig monetäre Anreize und ist eher gesetzlich beziehungsweise behördengetrieben. Technologische Innovationen im Rahmen dieses Optimierungsprozesses zu etablieren wird dann reizvoll, wenn diese in Zusammenarbeit mit den Umwelt- und Genehmigungsbehörden (sechster Kerneinflussfaktor) einen neuen besten verfügbaren Stand der Technik festlegen.

Massenleistungsfähige Großschredderanlagen sind aus der Perspektive eines klassisch linearen Wertstrommodells (Input-Prozess-Output) dazu ausgelegt, hochkomplexe Stoffströme bei möglichst hoher Ausbringung zu verarbeiten. Die wesentliche Herausforderung in der Weiterentwicklung von Schredderanlagen besteht neben den formalrechtlichen Vorgaben besonders im wertstofflichen Verfall des Vormaterials bei steigenden Qualitätsanforderungen der Abnahmen an das Produkt (siebter Kerneinflussfaktor).

Vor allem wirtschaftliche Risiken
Die Forschungsarbeit bei TSR Recycling kommt zu dem Ergebnis, dass die Weiterentwicklung von Schredderanlagen zur Eisen-, Konsumgüter- und Metallschrottaufbereitung vor allem wirtschaftliche Risiken birgt. Die Untersuchung der einzelnen Einflussfaktoren ermöglicht, das unternehmerische Planungsrisiko kalkulatorisch abzubilden und die Managemententscheidung im Rahmen einer Neuinvestition zu erleichtern. Durch die Einzelgewichtung der verschiedenen Einflussfaktoren kann der Schredderbetreiber den für seinen Wirkbereich relevanten Kernaufwand bewerten und entsprechend notwendige Ressourcen gezielt einsetzen.

Das Thema wird ausführlich in einem Aufsatz behandelt: Systemkonzeptionierung von Schredderanlagen im Metall- und Schrottrecycling, von Torben Kraffczyk und Roland Pomberger, erschienen im Konferenzband zur Recy & DepoTech 2020.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2021, Seite 26, Foto: O. Kürth)