Transport-Container bleiben weiterhin knapp
Internationale Transporte von Stahlschrott, Altautos oder Schadholz-Häckseln sind nur durch Einsatz von Containern möglich. Doch im Moment sind diese Transport-Boxen auf dem Weltmarkt Mangelware. Warum?
Noch Ende März 2020 standen in China rund drei Millionen 20-Fuß-Container (TEU, Twenty Foot Equivalent Unit) in den dortigen Häfen zur Verfügung. Darüber hinaus lagerten 1,2 Millionen TEU bei den vor allem chinesischen Herstellern, die für über 90 Prozent des globalen Angebots stehen. Allerdings führten in der zweiten Hälfte des Jahres eben dieser Überschuss und die Erwartung eines global sich ausbreitenden Covid-19-Virus zu einer Auftragsflaute bei den chinesischen Container-Konstrukteuren. Bis Juni gingen bei ihnen keine neuen Aufträge für diese Industrie ein; die Produktion stagnierte.
Starke private Nachfrage
Als sich Mitte des Jahres die Pandemie von Asien aus verbreitete, reagierten die Länder weltweit mit Lockdowns und drosselten ihre wirtschaftlichen Aktivtäten. Fabriken schlossen. Container blieben in den Häfen liegen. Um Kosten zu senken, reduzierten die Reeder ihre Transporte, wodurch leere Container nicht mehr abgeholt wurden und ungenutzt herumstanden.
Gleichzeitig stieg aber die private Nachfrage der Menschen nach Produkten aus Baumärkten und Möbelhäusern und nach Anschaffungen für neue Home-Offices. Zudem wuchs der Bedarf an medizinischen Ausrüstungen und Waren zum persönlichen Schutz. All das kurbelte die Nachfrage und die Notwendigkeit von Container-gestützten Transporten an. Allerdings war „die Nachfrage-Steigerung heftiger als erwartet und deckte sich mit keinem zufriedenstellenden Angebot an Transportkapazitäten“, urteilte ein Papier der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) und merkte an: Die Knappheit an freien Transport-Boxen ist „beispiellos“.
Engpässe und Rückstaus
Chinas Wirtschaft erholte sich von der Pandemie schneller als andere Nationen, nahm die Produktion wieder auf und versandte Waren – mit den verbliebenen Containern – nach Europa oder Nordamerika. Von dort kamen die Transportbehälter aber nicht ausreichend schnell zurück: Corona-bedingte Arbeitsunterbrechungen oder Personal-Kürzungen behinderten Abwicklungen in US-Häfen, bei Fracht-Depos sowie auf inländischen Transportwegen. Die Schließung von Grenzen und Änderungen bei den Auflagen für internationale Transportrouten führte zu weiteren Engpässen und Rückstaus. Besonders bei asiatischen Händlern machte sich das Ausbleiben geeigneter Frachtbehälter bemerkbar.
Auftragsflut und Preiserhöhungen
Die chinesische Wirtschaft reagierte darauf mit einer Auftragsflut. Wie Bloomberg berichtete, stellte China International Marine Containers ab September 2020 etwa 5.000 neue Arbeiter ein, produzierte auch während der Neujahrs-Feiertage und schraubte den Ausstoß von 300.000 auf 440.000 Einheiten hoch. Der Preis für neue Container verdoppelte sich folglich auf 2.500 bis 3.000 US-Dollar. Nach Angaben des online-Magazins Politico zogen im vergangenen Jahr die Frachtpreise um 165 Prozent und im Januar 2021 um 65 Prozent an. Das Transportunternehmen Hillebrand meldet für Passagen über den Pazifik von 2.000 auf 4.500 US-Dollar gestiegene Preise für FEU (Fourty Foot Equivalent Unit). Laut seinen Angaben haben sich selbst die Leasingraten innerhalb von sechs Monaten um 50 Prozent verteuert.
Unterschiedliche Frachtkosten
Dabei stiegen nach Darstellung der UNCTAD die Entgelte insbesondere auf Handelswegen zu Entwicklungsregionen, wo es sich Konsumenten und Wirtschaft am wenigsten leisten können. So liegen die Frachtraten für Südamerika und Westafrika über denen für alle anderen. Anfang 2021 schnellten die Kosten für Schiffstransporte von China nach Südamerika um 443 Prozent nach oben, während sie von Asien nach Nordamerika nur um 63 Prozent anzogen.
Die Unterschiede erklären sich teilweise aus verschieden langen Routen. Sie lassen sich aber auch dadurch begründen, dass mehr Schiffe für wöchentlichen Dienst auf diesen Transportwegen benötigt werden, die Container also fest auf diesen Strecken im Einsatz bleiben. Sind leere Frachtbehälter Mangelware, muss ein Importeur nach Brasilien oder Nigeria darum nicht nur für den Transport des gefüllten Import-Containers zahlen, sondern auch die Lagerhaltungs-Kosten für den leeren. Hinzu kommt, dass Brasilien oder Nigeria Netto-Importeure sind, für die die Rückgabe leerer Behältnisse auf langen Wegen erfolgt und daher kostspielig ist.
Noch ist das Problem der fehlenden Transport-Boxen nicht behoben. Denn bislang soll das Produktionsniveau neuer Container unter dem der veralteten und aus dem Verkehr gezogenen liegen. Und vorerst werden in Nordamerika für 100 ins Land gebrachte Frachtbehälter lediglich 40 exportiert, was ein – sehr konservativ geschätztes – Handelsrouten-Ungleichgewicht zwischen USA und China von durchschnittlich 900.000 TEU monatlich zur Folge hat.
Lage noch nicht entspannt
Bloomberg prognostizierte im März, dass sich trotz steigender Fertigungsrate für neue Container die Situation bis Juni kaum verbessern wird. Das könne erst dann eintreten, wenn mit zunehmenden Impf-Erfolgen das Ausmaß der Pandemie gemindert wird und der Rücklauf der Container wieder funktioniert. Und die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, UNCTAD, vermutete noch im April, dass bei gleichbleibenden Bedingungen sicherlich etliche Monate ins Land gehen werden, bevor die Unterbrechungen über die gesamte maritime Lieferkette ausgeglichen sind und ehe das System den reibungslosen Betrieb wieder aufgenommen hat.
Bis dahin sollte die Politik Handelserleichterungen und Digitalisierung mit dem Ziel widerstandsfähigerer Versorgungsketten einführen, sich für Transparenz und Zusammenarbeit entlang der Kette stark machen und den nationalen Wettbewerbshütern Einsicht in Frachtraten und Marktverhalten ermöglichen.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2021, Seite: 32, Foto: Pexels / pixabay.com)