Medizinabfälle: Rumäniens Entsorgung steht vor großen Herausforderungen

Die Pandemie hat die Entsorgungssituation im Land verschärft. Insbesondere im Bereich medizinischer Abfälle macht sich die Rückständigkeit der rumänischen Abfallwirtschaft, die weiterhin hauptsächlich auf Deponierung setzt, bemerkbar. Das verdeutlichte Florin-Constantin Mihai von der Alexandru Ioan Cuza-Universität in Iasi am 19. Mai auf der diesjährigen Waste-to-Resources-Tagung.

Wie der rumänische Forscher berichtete, erweist sich die Getrenntsammlung in städtischen Regionen als wenig effizient; zudem gilt die Deponierung als hauptsächliche Entsorgungsmethode. Die Einführung regionaler integrierter Abfallwirtschaftssysteme verzögert sich, zumal eine verlässliche und nicht auf Schätzungen basierende Abfallstatistik fehlt. Hinzu kommt, dass in ländlichen Gegenden illegale Entsorgungspraktiken wie wilde Kippen und offenes Verbrennen vorkommen, Frischwasser-Vorkommen durch Plastik verschmutzt werden und stellenweise Abfallsammlungen nur begrenzt stattfinden.

Keinerlei Vorkehrungen in 14 Landkreisen
Was Krankenhaus-Abfälle betrifft, so findet nur in sechs Prozent der 832 medizinischen Einrichtungen eine niedertemperierte Behandlung statt, während 15 Prozent der Praxen Aufträge an Spezialisten vergeben haben. Laut Nationalem Abfallwirtschaftsplan von 2017 treffen 14 Landkreise keinerlei Vorkehrungen zur Entsorgung, sodass hier eine steigende Abhängigkeit von Verbrennungsanlagen für belastete Abfälle als Alternative zur Deponierung besteht. Einige dieser Einrichtungen sind geschlossen oder ihr Betrieb aufgrund von möglichen Umweltvergehen eingestellt. Umweltaktivisten haben die Behörden ersucht, die Verbrennung medizinischer und belasteter Abfälle in der Nähe von Besiedlung während des Notstands in Rumänien zu beenden, damit Luftverschmutzung nicht die Zahl der Covid-19-Fälle steigert.

Lückenhafte Abfallstatistiken
Der erste Corona-Patient wurde am 26. Februar registriert, dem eingeleiteten Lockdown folgte am 16. März eine Notstands-Erklärung, und das Nationale Gesundheits-Institut definierte am 18. März Haushalts-Abfälle an Quarantäne-Stätten als infektiös. Florin-Constantin Mihai schätzt, dass das Aufkommen von Quarantäne-Abfällen zwischen Mitte Mai und Mitte Juni von etwa acht Tonnen auf etwa null pro Tag sinken wird und medizinische Abfälle sich von rund sieben auf fünf Tonnen pro Tag reduzieren dürften. Die minimale Menge aus Intensivstationen wird allerdings im Kontrast stehen zu den Abfällen in der Selbst-Isolation, die im gleichen Zeitraum von acht auf teilweise über 50 Tonnen täglich ansteigen sollen.

 

Rumänien legt Wiederaufbau- und Resilienzplan vor
Die EU-Kommission hat am 31. Mai von Rumänien einen offiziellen Wiederaufbau- und Resilienzplan erhalten. In diesem werden Reformen und öffentliche Investitionsprojekte dargelegt.

Rumänien hat im Rahmen des RRF Zuschüsse zur Umsetzung in Höhe von 14,3 Milliarden Euro und Darlehen in Höhe von 15 Milliarden Euro beantragt. Der RRF, kurz für „Recovery and Resilience Facility“, ist das zentrale Instrument von NextGenerationEU, dem Plan der Europäischen Union, um gestärkt aus der Covid-19-Pandemie hervorzugehen und den grünen und digitalen Wandel in den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Für Investitionen und Reformen werden insgesamt 672,5 Milliarden Euro bereitgestellt (in Preisen von 2018). Diese gliedern sich in Zuschüsse in Höhe von 312,5 Milliarden Euro und Darlehen in Höhe von 360 Milliarden Euro.

Der rumänische Plan gliedert sich in sechs Säulen: grüner Übergang, digitale Transformation, intelligentes Wachstum, sozialer und territorialer Zusammenhalt, Gesundheit und Resilienz sowie Politiken für die nächste Generation. Der Plan umfasst Maßnahmen zu nachhaltigem Verkehr, Bildung, Gesundheit, Gebäudesanierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Die Projekte des Plans decken die gesamte Laufzeit des RRF bis 2026 ab.

 

Auf nationaler Ebene – unter Berücksichtigung der Notstands-Periode ab Anfang März bis Mitte Mai und einer anschließenden Alarm-Phase bis Ende Juni – resultieren daraus in Rumänien 27 Tonnen aus Intensivstationen, 454 Tonnen an medizinischen und 554 Tonnen an Quarantäne-Abfällen sowie schließlich 3.305 Tonnen infolge von Selbst-Isolation. Das ergibt in der Summe 4.312 Tonnen, die aber aufgrund lückenhafter Covid-19-Statistiken zur regionalen Verteilung nicht hinreicht, um die Materialflüsse aus medizinischen Einrichtungen und jene von Patienten in Quarantäne oder Eigen-Isolation verlässlich zu prognostizieren.

Denn die Abfälle müssen laut UNEP- und ECDC-Richtlinien getrennt entsorgt werden. Um die Behandlung medizinischer Abfälle kümmern sich die jeweiligen Einrichtungen. Abfälle aus Haushalten mit bestätigten oder vermuteten Corona-Infizierten gehören ohne besondere Trennung in den Restmüll – sicher verpackt und für Haustiere unzugänglich verschlossen – und werden von der Müllabfuhr auf Deponien verbracht. Medizinisch unbelastete Haushaltsabfälle können wie üblich in die Getrenntsammlung gegeben werden.

Zukünftig wäre eine zentralisierte Statistik auf Basis täglicher Covid-19-Daten mit weiteren Indikatoren auf Landkreis-Ebene wünschenswert, desgleichen intensive Kontrollen der Aktivitäten von Verbrennungsanlagen, Sonderabfall-Sammlungen, offener Feuer und illegaler Deponierungen –überwacht von besonderen Umweltkommissionen mit Mitgliedern verschiedener Institutionen.

Anlagen und Betreiber, die mit gefährlichen inklusive medizinischen Abfällen zu tun haben, sollten auf ihren Webseiten verpflichtend ihre Autorisierung und einen jährlichen Leistungsreport einschließlich einer detaillierten Statistik der gesammelten, behandelten und entsorgten Abfälle publizieren. Während der Pandemie sollten monatliche Berichte über gesammelte und behandelte Medizinabfälle veröffentlicht werden. Zu den Zukunftsperspektiven gehören auch Investitionen, um Einrichtungen zur Behandlung umweltfreundlicher Medizinabfälle – alternativ zu Abfallverbrennungsanlagen – zu unterstützen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2021, Seite: 6, Foto: alexroma / pixabay.com)