Elektroschrott: Die EU könnte ihre Sammelziele verfehlen

Die Europäische Union nimmt zwar weltweit einen Spitzenplatz ein, wenn es darum geht, ausrangierte Elektrogeräte sachgemäß zu sammeln und zu verwerten. Dennoch läuft sie Gefahr, ihre ambitionierten Ziele für die Sammlung von Elektroschrott zu verfehlen. In einer Analyse weist der Europäische Rechnungshof auf eine Reihe von Herausforderungen hin.

So müsse beispielsweise die Einhaltung der geltenden Vorschriften sichergestellt und kontrolliert werden. Probleme gebe es auch durch Gesetzesverstöße und kriminelle Aktivitäten, darunter illegale Transporte in Länder außerhalb der EU. Elektroabfälle – ausgemusterte elektrische und elektronische Werkzeuge, Haushaltsgeräte oder auch Teile größerer Anlagen wie Solarmodule – sind umweltschädlich, wenn sie nicht ordnungsgemäß behandelt werden. Häufig enthalten sie recycelbare Materialien wie Metalle und Kunststoffe und eignen sich daher für die Kreislaufwirtschaft. Nur ein Beispiel: Der Goldanteil einer Tonne Smartphones ist rund 100-mal so hoch wie der einer Tonne Golderz.

Die Quoten sind noch steigerungsfähig
„Sammlung und Verwertung von Elektroabfall in der EU haben sich im Laufe der Zeit verbessert und die Recyclingquote liegt derzeit bei rund 80 Prozent“, sagt Joëlle Elvinger, das für die Analyse zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. „Allerdings sind die Sammlung, das Recycling und die Wiederverwendung von Elektroabfall in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich effektiv und die Quoten noch steigerungsfähig. Außerdem sehen wir Herausforderungen für die EU im Umgang mit einer unsachgemäßen Verwertung von Elektroabfall, illegalen Mülltransporten und anderen kriminellen Aktivitäten.“

Den Prüfern zufolge hat die EU in der Vergangenheit ihre Zielvorgaben für die Sammlung und Verwertung von Elektroabfall erreicht und sich anschließend ehrgeizigere Ziele gesetzt. Aktuelle Daten zu den neuen Zielvorgaben lägen noch nicht vor. Jedoch sehe es so aus, als seien nur zwei Mitgliedstaaten auf dem Weg, die für 2019 gesetzten Sammelziele zu erreichen.

Schritte in die richtige Richtung gebe es durchaus. So etwa die Einbeziehung von Anforderungen der Kreislaufwirtschaft in Gesetzesvorschläge (z. B. im Hinblick auf das sogenannte Ökodesign), die Schaffung von Anreizen für einen geringeren Materialverbrauch und die Forderung, Produkte möglichst reparierfähig und haltbar zu entwerfen. Bestimmte populäre Elektro- und Elektronikgeräte wie Mobiltelefone und Computer seien in diesen aktualisierten Ökodesign-Vorschriften jedoch noch nicht berücksichtigt.

Denkanstöße geben
Mit ihrer Analyse wollen die Prüfer der Europäischen Kommission Denkanstöße geben, die sie bei der Ausarbeitung der für das letzte Quartal 2021geplanten „Initiative für auf die Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Elektronik“ nutzen kann. Zwar habe die EU die Rechtsvorschriften über Elektroabfälle im Laufe der Zeit verbessert; oft hätten die EU-Länder jedoch Schwierigkeiten mit ihrer Durchsetzung. So könne es zu einer unsachgemäßen Verwertung von Elektroabfall kommen – etwa bei der Entfernung potenziell giftiger Stoffe oder sonstiger Komponenten –, was häufig auf mangelhafte oder zu seltene Kontrollen zurückzuführen sei.

Einigen Mitgliedstaaten fehlten die Ressourcen, um die beteiligten Unternehmen und die Abfalltransporte in Drittländer angemessen zu kon­trollieren. Die Anreize für eine illegale oder unsachgemäße Abfallverwertung seien stark, während das Risiko, dabei erwischt zu werden, in der Regel gering ausfällt. Die Bekämpfung krimineller Aktivitäten beim Umgang mit Elektroschrott sei daher eine große Herausforderung.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2021, Seite: 5, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)