BIR-Metall-Sparte: „Große Chance“, den Schrottanteil zu erhöhen

Mit einem Verbrauch von rund 240 Millionen Tonnen an Stahlschrott stand China 2020 weltweit an der Spitze. Und noch immer besteht Potenzial, diese Zahl während der nächsten 30 Jahre zu verdoppeln, zeigte sich Dr. Steven Vercammen (McKinsey & Company) im Rahmen seines Vortrags zur „Decarbonisierung der Stahlindustrie“ auf dem Webinar der BIR-Metall-Sparte am 3. November überzeugt.

Nach seiner Ansicht hat der weltweite Schub zur Reduktion von Kohlenstoff-Emissionen eine „große Chance“ eröffnet, den Anteil von Schrott am Rohmaterial zur Stahlherstellung über den momentanen Durchschnitt von 30 Prozent zu steigern. Die größte Herausforderung bestehe darin, dem System mehr Schrott zu entziehen und die Qualität zu erhöhen. Folgten die Schrottpreise traditionell den Eisenerz- und Kokskohle-Trends, so werden sie sich vermutlich „entkoppeln“ als ein Ergebnis „dieses ganzen Decarbonisierungs-Drucks und der Bedeutung, mehr Schrott zu benutzen, um die CO2-Emissionen zu verringern“, brachte es Steven Vercammen auf den Punkt. Die Preise der im Wert gestiegenen Schrotte dürften anziehen, stimmte Dr. Benedikt Zeumer (McKinsey & Compa- ny) zu. „Recyclingmaterialien werden sehr viel günstiger sein hinsichtlich CO2-Emissionen und sicherlich auch Energieintensität“, erklärte er den Teilnehmern des Webinars, das von Gregory Schnitzer (Sims Metal Management), dem Präsidenten der BIR- Metall-Sparte, veranstaltet wurde.

Rund 630 Millionen Tonnen Stahlschrott werden jedes Jahr weltweit recycelt, vermeiden annähernd 950 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen und liefern einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz, bestätigte Rolf Willeke, Statistik-Berater der BIR- Metall-Sparte, bei der Vorstellung des neuesten Updates von „World Steel Recycling in Figures“. Zählt man die Schrottnutzung im Gießerei-Sektor hinzu, belaufen sich die Einsparungen an CO2-Emissionen auf über eine Milliarde Tonnen.

China braucht den Import
„China bewegt sich in Richtung eines höherprozentigen Schrotteinsatzes und reduziert den Prozentsatz von Stahl, der aus Eisenerz hergestellt wurde“, gab Schott Newell (Newell Recycling Equipment, USA/China)
zu bedenken. „Vor ein paar Jahren herrschte Sorge, dass China ein riesiges Schrott-exportierendes Land wird – mit dem Effekt, dass es den Schrottpreisen weltweit schadet. Das Gegenteil ist eingetreten. China braucht den Import von Schrott mehr als Eisenerz und Kohle, um die Ziele einer saubereren Umwelt und einer kosteneffektiveren Stahlproduktion zu erreichen.“

In diesem Zusammenhang hob Rolf Willeke den Anstieg um 47,1 Prozent in Chinas Stahlschrott-Verbrauch zu weltweit führenden 137,95 Millionen Tonnen im ersten Halbjahr 2021 hervor und spiegelte damit die Zielsetzung in Chinas letztem 5-Jahres-Plan wider, CO2-Emissionen in der Rohstahl-Produktion durch höheren Stahlschrott- Einsatz zu reduzieren.

Spitzenreiter: Türkei und EU
Ebenfalls im Zeitraum von Januar bis Juni 2021 bestätigte die Türkei durch ihre Jahr-für-Jahr um 33,2 Prozent steigenden Übersee-Stahlschrott-Ankäufe in Höhe von 12.872 Millionen Tonnen ihre Bedeutung als „global führender Stahlschrott-Importeur“, unterstrich Willeke. Die EU blieb trotz Brexit Weltspitzenreiter bei Stahlschrott-Exporten, indem ihre Transporte um „enorme“ 49,3 Prozent auf 11.241 Tonnen zulegten.

USA: weiterhin Rekordgewinne
In einer Reihe von Marktberichten behauptete George Adams (SA Recycling), dass die Mühlen in den USA „weiterhin Rekordgewinne mit großen Margen zwischen Schrott- und Neustahl-Preisen machen“. Klammert man unvorhersehbare Ereignisse aus, „kann man vom Schrottmarkt der USA erwarten, dass er stabil und bis Ende 2021 an kontinuierliche logistische Verzögerungen und stetigen neuen Stahl-Bedarf gebunden bleibt“ – mit Tendenz zu einem leichten Vorteil insbesondere für Schreddermaterial.

Die Schrottpreise in Japan blieben laut Ted Taya (Shinsei Scrap Co Ltd., Japan) während der letzten Monate „auf einem ziemlich hohen Niveau“, während die Exporte im Abwärtstrend lagen. In seinem Bericht über Marktbedingungen in Europa sprach Denis Reuter (TSR Recycling GmbH & Co. KG, Deutschland) davon, dass die Vorhersagen für den Rest des Jahres „schwierig“ erscheinen, nicht zuletzt wegen Stahlproduktions-Kürzungen in Höhe von 15 bis 20 Prozent, die als Antwort auf rapide steigende Energiepreise in diesen Zeitraum zu veranschlagen sind.

Während des Webinars wurde bekanntgegeben, dass Denis Reuter Gregory Schnitzer als Präsident der BIR-Metall-Spare folgen wird.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 19, Foto: couleur / pixabay.com)

 

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