Wolfram: Das Recycling ist ausbaufähig

Auf dem REWIMET Symposium 2021 schilderte Dr. Alexander Wolff aus Sicht des Unternehmens H.C. Starck Tungsten die Herausforderungen bei der Rückführung und dem Recycling von Wolframschrotten. Die Klassifizierung des Schwermetalls hoher Dichte als Gefahrgut stellt eine zusätzliche Hürde dar.

Die H.C. Starck Tungsten GmbH produziert am Standort Goslar Wolframpulver, das hauptsächlich in der Herstellung von Hartmetallen und für verschleißfeste Legierungen Verwendung findet. Größter Verbraucher ist dabei die Automobilindustrie. Verarbeitet werden Bohrer, Fräsen, Wendeschneidplatten, Walzringe, Halbfabrikate, Formwerkzeuge, Bohrköpfe und Schleifschlämme. Das Unternehmen bezieht die Schrotte den Angaben nach zu 73 Prozent aus Europa, zu 19 Prozent aus Asien und zu acht Prozent aus Nordamerika.

Wolframschrotte weisen mit durchschnittlich 60 Gewichtsprozent einen hohen Wolframgehalt auf, enthalten aber auch Cobalt, Nickel, Kupfer und Tantal als Wertmetalle. Dr. Alexander Wolff schätzt, dass 35 Prozent der weltweiten Wolfram-Produktion aus dem Recycling resultiert, wobei die Recyclingquoten je nach Land und Region zwischen 15 und 50 Prozent variieren können. Die Rückführung von Wolframschrotten ins Recycling ist demnach ausbaufähig und stellt Herausforderungen an die Prozesstechnik: Die Wolfram-Verluste aus Endprodukten durch Abnutzung, Lichtbogenerosion oder Oxidation machen circa 25 Prozent aus. Die Verluste aus Ausschuss (nichtsammelbare Carbidprodukte, Schweißelektroden, Lampen etc.) betragen etwa 30 Prozent, und durch das Verdünnen in Schmelzen und für Stahlprodukte gehen weitere zehn Prozent verloren.

Einstufung als „entzündlich“ und CMR-Stoff
Anspruchsvolle Richtlinien, verbunden mit der jeweiligen Klassifizierung der Materialien, haben einen großen Einfluss auf den Transport und die Logistik des Stoffstroms. So betrifft die Klassifizierung als Gefahrgut zunehmend mehr Wolframprodukte. Die Einstufungsgrenze „entzündlich“ für reines Wolframpulver ist von <3 µm auf <9 µm heraufgesetzt worden. „Zudem handelt es sich um einen CMR-Stoff, sobald Cobalt ein Bestandteil des Materials ist und es sich um kein End-of-Life-Produkt handelt“, informierte Alexander Wolff. Das Kürzel CMR steht für „Cancerogen Mutagen Reprotoxic“ und meint folglich Gefahrstoffe, die bei der Herstellung oder Verwendung eine schädigende Wirkung auf Mensch und Umwelt darstellen können.

Die Anforderungen an die Dokumentation und Abwicklung der Warenströme sind nach den Erfahrungen von H.C. Starck Tungsten umfangreich. Zu beachten sind die Auflagen der internationalen Umweltbehörden sowie der Europäischen Chemikalienagentur, zum Beispiel US DFARS, 3TG, RMI und REACH. Mit längeren Durchlaufzeiten ist daher zu rechnen. Der Import von Hartschrotten aus den USA in die EU sei grundsätzlich gut zu realisieren; sehr problematisch sei jedoch das Bewegen von Weichschrotten aufgrund der Klassifizierung als gefährlicher Abfall. US-amerikanische Mitbewerber hätten hier einen signifikanten Vorteil, berichtete Alexander Wolff, ohne näher darauf einzugehen.

Preisschwankungen und längere Transitzeiten
Der Wolframpreis ist regelmäßig erheblichen Schwankungen ausgesetzt, was sich auf die Wirtschaftlichkeit des Recyclings auswirkt. In der Vergangenheit kam es mindestens einmal im Jahr zu einem starken Preiseinbruch. Um rechtzeitig gegensteuern zu können, müssen daher bei H.C. Starck Tungsten die Zulaufmengen und deren Transitzeiten (innerhalb Europas: wenige Tage; außerhalb Europas: normalerweise sechs und aktuell acht und mehr Wochen) täglich überprüft werden.

Komplexes Verfahren – mit mehreren Ofenfahrten
Die Aufbereitung von Wolframschrotten erfordert aufgrund der großen Bandbreite verschiedener Schrotte ein hohes Maß an Flexibilität und umfasst die Prozessschritte Thermische Oxidation (Weichschrotte), Schmelzaufschluss und Reinigung.

So enthalten Weichschrotte (in der Regel sehr feine Pulver <0,5 mm) häufig Organikbestandteile (Kühlschmierstoffe, Zellulose als Filterhilfsmittel). Die Schüttdichten variieren stark zwischen 0,4 und 9,0 Gramm pro Kubikzentimeter. Bei Hartschrotten (Durchmesser >0,5 mm bis maximal 40 cm) gibt es eine Formenvielfalt: von Metallspänen bis zu massiven Stücken (Bohrer, Bohrköpfe oder Walzringe).

Der Wolfram-Anteil macht 60 bis 90 Prozent aus; die Schrotte enthalten außerdem Cobalt (0-18 %), Kupfer (0-30 %) und Nickel (0-10 %) in unterschiedlichen Konzentrationen. Im Verfahren der thermischen Oxidation muss der Weichschrott homogenisiert werden, um – wie es heißt – eine kontinuierliche und kontrollierte Fahrweise zu ermöglichen:

  • Dichten: 0,4 bis 9,0 Gramm pro Kubikzentimeter
  • Brennwerte: drei bis 28 Megajoule pro Kilogramm
  • Feuchtigkeitsanteil: null bis 60 Prozent

Um die Kapazität größtmöglich zu nutzen, muss ein optimaler Brennwert eingestellt werden. Die Entsorgung von ungewünschten Gegenständen (Lappen, Handschuhen, Altöl oder Schaufeln) führt zu zusätzlichen Problemen.

Beim Schmelzaufschluss-Verfahren müssen die Schrottmischungen individuell pro Ofenfahrt zusammengestellt werden. Die komplexen chemischen Vorgänge umfassen Oxidation und Reduktion. Hohe Anteile von Fremdmetallen können hier zu Verschlackung beziehungsweise zu Anhaftungen in den Öfen führen. Massive Hartmetallbauteile benötigen mehrere Ofenfahrten bis zur vollständigen Auflösung.

www.hcstarck.com

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 18, Foto: Thomas Söllner / stock.adobe.com)