Schrottmarkt kompakt: Ein verzerrter Markt

Nach Informationen der IKB Deutsche Industriebank AG bewegten sich die Schrottpreise im April – nach dem Preissprung im März – „nur leicht nach oben“. Andere Marktakteure berichteten, dass sich die Preise je nach Sorte und Zeitpunkt der Abschlüsse zwischen 20 und 55 Euro pro Tonne erhöhten.

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe (16. Mai 2022) lagen noch keine belastbaren Daten zur Entwicklung im Mai vor. Bei den Stahlpreisen verteuerte sich der IKB zufolge Walzdraht mit 24 Prozent am stärksten. Die Preise für Warmbreitband und verzinkte Feinbleche stiegen um 14 Prozent und 12 Prozent.

Knappe Verfügbarkeit und hohe Preise bei den Vormaterialien aufgrund des Kriegs in der Ukraine, der das Marktgeschehen bestimmt, lassen einen Anstieg der Rohstahlproduktion unwahrscheinlich werden: Preissteigerungen für Strom und Gas, unterbrochene Lieferketten (auch durch den erneuten Lockdown in China), Rohstoffengpässe und fehlende Absatzmärkte belasten die gesamte Wirtschaft. Die IKB erwartet keine Entspannung bei den Stahlpreisen; die Schrottpreise würden jedoch eine Korrektur erfahren. Es wird mit einem deutlichen Preisrückgang im Mai gerechnet.

Von einem verzerrten Markt ist bei der BDSV die Rede. Wie der Verband berichtet, weigerten sich einige Stahlwerke, dem Trend einer weiteren Preiserhöhung zu folgen. Noch sind die Auftragsbücher der deutschen und europäischen Stahlwerke voll. Der Stahlimport aus den GUS-Staaten kam jedoch kriegsbedingt zum Erliegen. Aus Russland und der Ukraine wird voraussichtlich kein Schrott mehr fließen, weshalb sich auch die türkischen Verbraucher mit europäischem Schrott werden eindecken müssen.

Mit Ausnahme von Nickel haben die Notierungen von allen NE-Metallen im April nachgegeben. Die Aluminiumnotierungen werden maßgeblich von Krieg und Sanktionen gegen Russland bestimmt. Laut der IKB ist im laufenden Jahr entscheidend, ob es Europa gelingt, russische Minderlieferungen zu kompensieren. Der Abbau der Lagerbestände von Primäraluminium an der LME scheint weiterzugehen. Die investive Nachfrage verminderte sich im April um rund 30 Prozent. Seit Anfang März haben die Preise für Primäraluminium um 20 Prozent nachgegeben. Konträr entwickelten sich seitdem die Kupfervorräte mit einer Verdoppelung an der LME und einem Rückgang um rund 70 Prozent an der SHFE. Die investive Kupfernachfrage im April erholte sich nach dem starken Rückgang im Vormonat.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2022, Seite 35, Foto: O. Kürth)

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