Die Pandemie bremst Portugals Abfallwirtschaft

Portugal verzeichnet in der Abfallwirtschaft sukzessive Fortschritte, auch wenn die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung macht. Dennoch bieten sich für die deutsche Recyclingwirtschaft auch weiterhin Exportmöglichkeiten und Geschäftschancen.

4,7 Prozent mehr wegen Corona
2019 produzierten die Portugiesen insgesamt 5,3 Millionen Tonnen an Siedlungsabfällen, davon über 2,0 Millionen Tonnen Bioabfälle. An Plastikabfällen entstanden 0,6 Millionen Tonnen; Papier- und Kartonabfälle machten 0,5 Millionen Tonnen aus. 21,4 Prozent der Siedlungsabfälle auf dem Festland wurden getrennt entsorgt. 41 Prozent der Siedlungsabfälle gingen in Wiederverwendung und Recycling, während der Anteil von Bioabfall an der Gesamtabfallmenge sich auf rund 38,6 Prozent belief. Was die Weiterverarbeitung der Materialien anlangt, wurde ein Drittel (33 Prozent) auf geordnete Deponien gebracht, 24 Prozent mechanisch-biologisch behandelt, 21 Prozent energetisch genutzt, während zwölf Prozent eine multimaterielle Verwertung erfuhren, teilt die Deutsch-Portugiesische Handelskammer mit.
Für das erste Halbjahr 2020 wurden 2,2 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle gemeldet. In öffentlichen Wertstoffcontainern landeten 192.000 Tonnen an Mischabfällen, Papier und Karton, Glas sowie Kunststoff- und Metallverpackungen. Die Zunahme von insgesamt 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist der Corona-Pandemie geschuldet, die zu einer stärkeren Nutzung von Mund- und Nasen-Masken sowie von Einweg-Plastikverbrauchsmaterial durch Essenslieferdienste führte. Das hatte auch Folgen für die Abfallwirtschaft: Die Deponierungsrate stieg zwischen 2018 und 2020 von 58,3 auf 64,2 Prozent, und ebenso legte die Quote der energetischen Verwertung von 16,0 auf 17,4 Prozent zu, während sich die Recyclingrate im gleichen Zeitraum von 12,9 auf 8,9 Prozent und die Kompostierungsquote von 8,4 auf 7,2 Prozent reduzierte, wie die Umweltbehörde Agência Portuguesa do Ambiente (APA) meldete.

Veraltet und verbesserungswürdig
Laut APS verfügt das Land über eine Behandlungsstruktur, die aus 32 Deponien, 29 Sortieranlagen, 18 mechanisch-biologischen Einheiten, fünf Anlagen zur mechanischen und ebenso vielen zur separaten biologischen Behandlung, vier Werken zur Gewinnung von Ersatzbrennstoffen und zwei Anlagen zur Energierückgewinnung besteht. Der Deutsch-Portugiesischen Handelskammer zufolge sind allerdings viele Technologien in der Abfall- und Recyclingwirtschaft veraltet und modernisierungsbedürftig. Gleichzeitig schlägt die Kammer die Digitalisierung der Branche vor, um ein besseres Ressourcenmanagement hinsichtlich Sammlung, Verwertung und Kontrolle von Abfallströmen zu ermöglichen.

Als verbesserungswürdig gilt auch die bisherige Gesetzgebung zur Endlagerung. Die noch immer sehr niedrigen Deponiegebühren führten nicht nur zu meist unsanierten Deponien und einer Deponierungsquote von 53 Prozent. Sondern sie ermöglichten 2018 auch Importe von gelb-gelisteten Abfällen und gaben Anfang 2020 Anlass zu Zeitungsmeldungen über Portugal als „Abfalleimer“ oder „Müllkippe Europas“.

Ausbau und Modernisierung im Fokus
Mittlerweile hat Portugal Ausbau und Modernisierung des Abfallsektors fest im Blick. Von 2019 bis 2030 soll der Pro-Kopf-Verbrauch von 511 auf 436 Kilogramm pro Jahr sinken und die Quote der Vorbereitung zu Wiederverwendung und Recycling von 42 auf 60 Prozent steigen, gibt die Umweltbehörde APA bekannt. Eine Reihe von Maßnahmen waren und sind vorgesehen, darunter der Nationale Abfallwirtschaftsplan 2014-2020, der Strategische Plan für Industrielle Abfallwirtschaft „Pesgri“ für mineralische Ressourcen, der Strategische Plan für Feste Siedlungsabfälle „Persu 2020“ und Verpackungsabfälle – verlängert und aktualisiert durch „Persu 2020+“ und mit 350 Millionen Euro an Fördergeldern versehen –, der Strategische Plan für Nicht-Kommunale Abfälle „Pernu 2030“ sowie der Nationale Plan für Industrielle Abfallvermeidung „Pnapri“ für Produkte mit einem hohen Schadstoffpotenzial. Rund 758 Millionen Euro stehen für die Abfallwirtschaft aus dem nationalen Investitionsprogramm „PNI 2030“ zur Verfügung; das EU-Förderprogramm „PO Seur“ trägt hierfür weitere 306 Millionen Euro bei.

Multipler Bedarf
Der Bedarf an Entsorgungstechnik ist folglich hoch. Dies eröffnet Geschäftschancen auch für ausländische Unternehmen. Zu den in Portugal benötigten Technologien – schreibt Germany Trade and Invest, die deutsche Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing – gehören getrennte multilaterale Sammelsysteme, Sortiertechnik, die Vorbereitung und Behandlung von Siedlungsabfällen, Kompostieranlagen sowie neue Einheiten zur mechanischen und biologischen Behandlung (MBA).

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2022, Seite 33, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)

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