Neuer Präsident der BIR-Papiersparte warnt: Exporte werden „noch sehr viel schwieriger“
Neueste Daten unterstreichen die ausschlaggebende Rolle von rückgewonnenen Fasern bei der globalen Papier- und Karton-Herstellung. Und gerade die wichtigen internationalen Ströme dieses Rohmaterials werden ernsthaft bedroht durch vorgeschlagene Änderungen der EU-Verbringungs-Gesetzgebung, wie auf der letzten Sitzung der BIR Papiersparte in Barcelona am 23. Mai zu erfahren war.
Der neue Präsident der Sparte – Francisco Donoso von Dolaf Servicios Verdes SL mit Sitz in Spanien – machte deutlich, dass im Jahr 2020 der globale Verbrauch an rückgewonnenen Fasern auf über 208 Millionen Tonnen stieg, wovon alleine Verpackungen 182 Millionen Tonnen und damit über 70 Prozent vom Materialbedarf des Sektors benötigten. Das Zeitungssegment verbrauchte rund 63 bis 64 Prozent rückgewonnene Fasern für seine Produktion, während die Zahlen für Papiertücher und für Druck- und Schreibpapier bei 16 bis 17 Prozent beziehungsweise knapp unter zehn Prozent lagen. Länder außerhalb der EU – insbsondere in Asien – bleiben interessierte Kunden für Europas substanziellen Überschuss an Recyclingfasern. Aber Francisco Donoso warnte: „Exporte nach Asien werden noch viel schwieriger als im Moment.“
Was den Recyclingfaser-Sektor in Gefahr bringt
Wie der neue Generalbevollmächtigte der Papiersparte – Manuel Dominguez vom spanischen Verband der Papier- und Kartonrecycler Repacar – erklärte, würde der momentane Entwurf der EU-Abfallverbringungsordnung eine offizielle Zusicherung der jeweiligen Nicht-OECD-Länder erfordern, dass sie rückgewonnene Fasern importieren möchten. Gleichzeitig müsste ein Nachweis vorliegen, dass die empfangende Einrichtung dazu geeignet ist, das Material in einer umweltverträglichen Art und Weise zu behandeln. Sogar bei Transporten zu OECD-Mitgliedern könnte ein scharfer Anstieg an Recyclingfaser-Strömen in jedem besonderen Land zu einer Einstellung der Verbringungen führen, falls keine Garantie für eine nachhaltige Behandlung vorliegt. Falls der Revisionsentwurf keine deutliche Veränderung erfährt, bestünde – vermutet Manuel Dominguez – „ein großes Risiko eines eingeschränkten Marktes innerhalb der europäischen Länder“, was zu „niedrigeren Preisen“ führt und die Zukunft des Recyclingfaser-Sektors in Gefahr bringt.
„Ungeschützt und ein bisschen nervös“
Der Gastredner auf dem Treffen der BIR-Papiersparte befasste sich mit der Abschätzung der Interessenlagen innerhalb der Papierindustrie, in einer finanziellen Zukunft mit Barzahlung Handel zu treiben. Stein Ole Larsen – CEO der Norexeco ASA mit Sitz in Norwegen – bestätigte, dass sein Infrastuktur-Unternehmen gerade einem OCC 104-Vertrag zusätzlich zu fünf Holz-Pulpe-Verträgen zugestimmt hat. Falls die Industrie diese neue Option zum Umgang mit Preisrisiken in zufriedenstellenden Umfang aufgreift, könnten weitere Verträge folgen, erklärte er. Mit Hinweis auf die Volatilität von OCC-Preisen während der letzten Jahre legte er nahe, dass der Sektor für Recyclingfasern jedes Recht hatte, sich „ungeschützt“ und „ein bisschen nervös“ zu fühlen. Im Gegensatz dazu würde eine Absicherung über einen Terminkontrakt „Vorhersagbarkeit“ ermöglichen.
Das Barcelona-Treffen erlebte die Wiederkehr des Papyrus-Preises der BIR-Papiersparte – für außergewöhnliche Beiträge zur Förderung von Recycling. Von Francisco Donoso bekanntgegeben, war der neueste Gewinner die spanische Organisation Ecoembes – 1997 gegründet mit dem Ziel, ein integriertes System einer Erweiterten Produzenten-Verantwortlichkeit für Haushalts-Verpackungen zu entwickeln. Jetzt, mit über 12.500 angeschlossenen Unternehmen, umfasst ihr Aufgabengebiet die Versorgung mit technischer und wissenschaftlicher Unterstützung, um den Umwelteinfluss verbrauchter Verpackungen zu verringern, erklärte der Geschäftsführer für Katalonien, Xavier Balagué Viladrich.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2022, Seite 28, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)