Wie Bauschutt aus dem Hochbau wieder dort eingesetzt werden kann

Das mittelständische Unternehmen Betonwerk Büscher im nordrhein-westfälischen Heek hat mit Förderung der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU) ein Verfahren für Innenwände aus Beton mit 100 Prozent Natursteinersatz entwickelt. Die Methode eröffnet Perspektiven für den seriellen Wohnungsbau.

Im Neubau zeigt Geschäftsführer Wolfgang Büscher, dass der Einsatz von Recyclingbeton funktioniert (Foto: Kerstin Heemann/DBU)

Laut krachend lässt eine Baggerschaufel Bauschutt auf den Anhänger eines Traktors fallen. Hellgrauer Staub wirbelt auf. Wie in einer einzigen Bewegung wendet der Bagger, während gleichzeitig die Baggerschaufel herabsinkt. Dann frisst sie sich erneut in einen riesigen Berg aus Bauresten, vorwiegend Mauerwerkbruch. „Der wird üblicherweise als Abfallstoff bezeichnet“, sagt Wolfgang Büscher. „Aber für uns ist das kein Müll, sondern ein Wertstoff.“ Gemeinsam mit seinem Bruder Hans-Jürgen leitet er das Betonwerk Büscher im nordrhein-westfälischen Heek. Die Mengen sind beachtlich: Nach Angaben des Umweltbundesamtes fielen allein im Jahr 2018 in Deutschland aus den Fraktionen Bauschutt und Straßenaufbruch 73,9 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an. Von den recycelten Baustoffen wurden jedoch lediglich 15,8 Millionen Tonnen hochwertig in der Asphalt- und Betonherstellung eingesetzt. Technisch ließe sich noch weit mehr Bauschutt aus dem Hochbau wieder hierfür aufbereiten.

Umdenken erforderlich
Recyclingbeton als Wertstoff könnte dazu beitragen, den von der Bundesregierung angestrebten Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr voranzubringen. „Aufgrund von Ressourcen- und Energieverbrauch, Lieferengpässen und Fachkräftemangel stehen wir beim Wohnungsbau vor großen Herausforderungen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde und fordert ein Umdenken. „Recyclingbaustoffe haben ein enormes Potenzial, um zur Lösung beizutragen. In Politik und Praxis finden sie bisher jedoch noch zu wenig Beachtung.“ Recyclingbeton etwa schont nach den Worten Bondes Rohstoffe wie Kies und Sand sowie deren Abbauflächen, entlastet Deponien und seine Herstellung ist energieeffizienter als herkömmliche Verfahren. Zudem binde Altbeton Kohlenstoffdioxid (CO2) und trage so zur Treibhausgasminderung bei.

Die Hürde genommen
Dass sich Recyclingbaustoffe aus Porenbetonrezyklaten als Wände in einem Bauvorhaben eignen, hat erstmals das Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT) Bremen 2020 nachgewiesen. Gemäß der DBU-geförderten Studie sind solche Recyclingbaustoffe allerdings baurechtlich nicht geregelt. Deren Verwendung kann demnach lediglich über eine Zustimmung im Einzelfall oder eine Zulassung erfolgen. Genau diese Hürde haben die Büscher-Brüder genommen. Wolfgang Büscher: „Als erstes Unternehmen in Deutschland erhielten wir 2021 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt).“

Auf dem Platz des mittelständischen Familienunternehmens liegt der aufgeschichtete Wertstoff nach Bruchstück-Größe sortiert in unterschiedlichen Kammern, abgetrennt durch Mauern aus sogenannten Büscher-Blöcken. Die sind riesengroß, grau und aus recyceltem Abbruchmaterial gegossen. Der Wertstoff lagert aber nicht nur auf dem Unternehmensgelände, er wird dort auch weiterverarbeitet. In einer großen Produktionshalle trocknen gerade frisch gegossene Innenwände aus reinem Abbruchmaterial. „100 Prozent Natursteinersatz inklusive der Sande“, informiert Hans-Jürgen Büscher. „Wir dürfen Wandelemente mit bis zu elf Metern Länge und 3,7 Metern Höhe herstellen.“

Mehrfamilienhaus aus Recyclingmaterial
Das Unternehmen hat zudem eine Ökobilanz-Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Eine ein Quadratmeter große und 14 Zentimeter dicke Recycling-Stahlbeton-Innenwand von Büschers verursacht bezogen auf das CO2-Ersparnis eine 13-prozentige Minderung gegenüber einer Standard-Stahlbeton-Innenwand gleicher Größe. Die Entwicklung dieser effizienten Bausysteme aus gemischtem Mauerwerkabbruch hat die DBU mit mehr als 400.000 Euro gefördert.

Dass die Wände aus Natursteinersatz im seriellen und kostengünstigen Wohnungsbau eingesetzt werden können, wollten die Brüder selbst beweisen. Nur fünf Fahrminuten vom produzierenden Unternehmen entfernt haben sie neu gebaut – ein Drei-Parteien-Miethaus, bei dem alle Innenwände aus 100 Prozent Recyclingbeton bestehen. „Durch dieses Haus können wir auch zeigen, dass unsere Wände den herkömmlichen qualitativ ebenbürtig sind“, sagt Wolfgang Büscher. Der Enthusiasmus ist ihm anzumerken. Er weist im Eingangsbereich auf eine bewusst sichtbar gebliebene Wand aus Mauerwerkabbruch. Deutlich zu sehen: rote Bruchsteine und grauer Beton. Alle anderen Innenwände sind so unauffällig hellgrau, wie man es von Beton kennt.

Neben eingesparten Ressourcen und Treibhausgasen gibt es einen anderen Vorteil im Vergleich zu einem Neubau mit gemauerten Wänden: die kürzere Bauzeit. „In zwei Wochen hat der Rohbau gestanden“, berichtet Hans-Jürgen Büscher. Der Grund: Die Innenwände konnten individuell vorgefertigt werden. Nach kaum vier Monaten Bauzeit war das Recyclinghaus bezugsfertig.

www.buescher-betonfertigteile.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2023, Seite 34, Foto: Betonwerk Büscher)