Automobilrecycling: Das Forschungsprojekt Car2Car

Um die Rückführungsquote von Werkstoffen bei der Verwertung ausgedienter Pkw zu erhöhen, erforscht ein neues Verbundprojekt innovative Demontage- und intelligente Sortierverfahren für Aluminium, Stahl, Glas, Kupfer und Kunststoff.

An dem von der BMW Group geleiteten Projekt, das Grundlagenarbeit für Kreislaufwirtschaft im Automobilbau leistet, beteiligen sich auch Forschende der TU Bergakademie Freiberg. Ziel des Verbunds ist es, den Anteil wiederverwendeter Materialien in der Fahrzeugproduktion auf 50 Prozent zu erhöhen.

Aktuell sind industrielle Verwertungsprozesse mit Einbußen bei der Materialreinheit verbunden, was nur durch einen sehr hohen manuellen Arbeitsaufwand kompensiert werden könnte. Daher finden Rohstoffe aus Altfahrzeugen nicht wieder ihren Weg dorthin zurück. „Um das zu ändern, muss neben der Einführung eines maßgeschneiderten automatisierten Demontageprozesses auch die Sortierung und Erkennung der geschredderten Werkstoffe im Material-Mix verbessert werden“, sagt Prof. Urs Peuker. „Das ist Voraussetzung für die notwendige Qualität und Reinheit der unterschiedlichen Wertstoffe und damit auch für eine effiziente Wiederverwendung im Automobilbau“, ergänzt der Leiter des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU Bergakademie Freiberg.

Die Freiberger Forschenden untersuchen den Prozess der Sortierung und Erkennung der unterschiedlichen Materialien aus demontierten und geschredderten Auto-Bauteilen. Dafür nutzt das Team spezielle am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie entwickelte Sensortechnik, die an der TU Bergakademie Freiberg in einer Sortieranlage im industriellen Maßstab für die rund einen bis zehn Zentimeter großen Partikel getestet und bewertet wird.

Reinere Wertstoffe für das Recycling gewinnen
Indem die Freiberger Forschenden Sensortechnik mit auf künstlicher Intelligenz basierter Wertstofferkennung sowie weiteren spektro­skopischen Verfahren (zum Beispiel laserinduzierte Plasmaspektroskopie) kombinieren, identifizieren sie insbesondere unterschiedliche Stahl- und Aluminiumlegierungen. „Durch Versuche und Analysen bewerten wir die chemische, thermodynamische und metallurgische Verarbeitung der Altfahrzeug-Bleche in Abhängigkeit von verschiedenen Aufbereitungs- und Sortierungsprozessen“, erklärt Prof. Olena Volkova vom Institut für Eisen- und Stahltechnologie. Die Ergebnisse schaffen die Voraussetzungen, um den Einsatz dieser Schrotte zur industriellen Herstellung von automobiltypischen Flachstahlgüten zu erproben. Daneben richtet sich der Fokus des Teams auch auf den Wertstoff Glas aus ausgebauten Auto-Verglasungen. „Dass diese aktuell noch nicht wiederverwertet werden, liegt vor allem an den hohen Anforderungen für die sicherheitsrelevanten Scheiben und dem gegenüber Verunreinigungen sensiblen Schmelzprozess“, sagt Jun.-Prof. Sindy Fuhrmann. Am Institut für Glas und Glastechnologie werden die Sortier- und Demontageprodukte bewertet sowie Schmelzexperimente durchgeführt, um die Prozessbedingungen und Verwertungsgrenzen auszuloten.

Effiziente Kreisläufe für die Fahrzeugproduktion
Auf diese Weise kann eine deutlich höhere Sortenreinheit der gewonnenen sekundären Rohstoffe erzielt werden. Für alle Materialien gilt, dass dadurch nicht nur die Menge der für die Produktion neuer Autos geeigneten Sekundärrohstoffe steigt, sondern zugleich der Aufbereitungsaufwand, der erforderlich ist, um aus Schrott wiederverwendbare Rohstoffe zu machen, deutlich geringer ausfällt.

Ziel des Verbunds Car2Car ist es, fundierte Empfehlungen für innovative Rahmenbedingungen zu liefern, damit effiziente Kreislaufwirtschaft in Zukunft eine höhere Wertschöpfung verspricht als konventionelle, lineare Prozessketten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ mit insgesamt 6,4 Millionen Euro. Die BMW Group stellt im Rahmen des Förderprojekts 500 Altfahrzeuge für die Untersuchung von Aufwertungspotenzialen zur Verfügung. Es soll evaluiert werden, inwiefern eine Begrenzung der Stoffströme auf Fahrzeuge die Qualität und Reinheit von Sekundärrohstoffen beeinflusst. Bestandteil des Förderprojekts ist zudem eine durchgängige Bewertung sowohl der ökologischen als auch der ökonomischen Auswirkungen eines Closed-Loop-Recyclings der untersuchten Materialien.

www.bmwgroup.com, www.tubaf.org

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2023, Seite 36, Foto: BMW Group)