CO2-Emissionen im Bausektor: Welche Kreislaufkonzepte Reduzierungspotenzial haben

Die CO2-Emissionen aus dem Bausektor – vom Bauen über Immobiliennutzung bis hin zur Infrastruktur – können bis 2050 durch die Einführung einer Kreislaufwirtschaft um bis zu 75 Prozent oder vier Gigatonnen CO2 gesenkt werden. Damit verbunden ist ein Wertschöpfungspotential von bis zu 360 Milliarden US-Dollar.

Dies geht aus der neuen Studie „Circularity in the Built Environment“ hervor, die die Unternehmensberatung McKinsey & Company gemeinsam mit dem World Economic Forum veröffentlicht hat. Für die Analyse wurden mögliche Kreislaufkonzepte für die sechs wesentlichen Baumaterialien Zement und Beton, Stahl, Aluminium, Plastik, Glass und Gips untersucht.

„Der Bausektor ist eine entscheidende Industrie, um die Treibhausgasemissionen langfristig zu senken“, betont Sebastian Reiter, Partner im Münchner Büro von McKinsey und Co-Autor der Studie. „Ein Drittel des Materialverbrauchs sowie 26 Prozent der CO2-Emissionen weltweit stammen aus diesem Bereich. Gleichzeitig beschäftigt dieser Sektor global sieben Prozent der Menschen und steht für 13 Prozent der Wirtschaftsleistung.“

Mit zunehmender Weltbevölkerung und Urbanisierung werde die Bautätigkeit weiter zunehmen: Alle 40 Tage entsteht nach den Angaben von McKinsey umgerechnet ein Gebäude in der Größe von New York City. 75 Prozent der Infrastruktur, die die Welt im Jahr 2050 benötigt, müsse noch gebaut werden – vor allem in Afrika, dem Nahen Osten und Asien. „Der Übergang von einer linearen hin zu einer zirkulären Bauwirtschaft ist daher entscheidend“, stellt Reiter klar. Mögliche Konzepte greifen in allen Phasen des Gebäudenutzungszyklus: vom Design und Planung über die verwendeten Materialien, das tatsächliche Bauen bis zur Nutzung, möglichen Upgrades und schließlich zum Abriss und Verwertung.

Unterschiedliche Hebel
Grundsätzlich ist eine Verbesserung der CO2-Bilanz in drei Bereichen möglich: bei der Zirkulation von Materialien und Mineralien inklusive Wiederverwendung, Reparatur und Recycling, bei der Rückführung von Energie und bei der Weiternutzung oder Speicherung von CO2 aus den Prozessen, beispielsweise in der Zementherstellung. Die sechs wesentlichen Baumaterialien bieten der Studie zufolge jeweils unterschiedliche Hebel für CO2-Reduktionen und zusätzliches Wertschöpfungspotential:

  • Zement und Beton: Die Zementherstellung ist mit 30 Prozent Anteil der größte Emittent im Gebäudebereich und global sogar für sieben Prozent der CO2-Emissionen insgesamt verantwortlich. Durch die Nutzung erneuerbarer Energie, Recycling sowie CO2-Speicherung und Nutzung könnten bis 2050 rund 2.440 Megatonnen (Mt) CO2 eingespart werden.
  • Stahl: Mit bis zu 970 Mt CO2-Einsparung bietet bei besserer Nutzung Stahl den zweitgrößten Hebel. Vor allem das Recycling sowie die CO2-Speicherung sind vielversprechend.
  • Aluminium: Vor allem das Recycling von Aluminium sowie die Nutzung erneuerbarer Energie in der Herstellung sind Möglichkeiten zur CO2-Vermeidung. Insgesamt sind Einsparungen von bis zu 330 Mt möglich.
  • Plastik, Glas, Gips: Mit bis zu 149 Mt Einsparungen sind auch bei der Nutzung von Plastik CO2-Vermeidungspotentiale zu nutzen, vor allem durch besseres Recycling.
  • Das gleiche gilt für Glas (mit insgesamt bis zu 52 Mt Vermeidungspotential). Beim Gips (22 Mt CO2-Vermeidung möglich) liegen wesentliche Verminderungshebel in der Nutzung erneuerbarer Energie bei der Herstellung.

Sebastian Reiter: „Unsere Analyse zeigt ein außerordentliches Potenzial für Zirkularität im Bausektor – nicht nur durch CO2-Einsparungen, sondern auch auf finanzieller Ebene. Trotzdem sehen wir im Markt bisher noch zu wenige Lösungen – umso wichtiger ist es, funktionierende Ansätze zu identifizieren und sichtbar zu machen.“

Die Studie steht hier zum Download zur Verfügung: weforum.org/publications/circularity-in-the-built-environment-maximizing-co2-abatement-and-business-opportunities/

mckinsey.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2024, Seite 22, Foto: Talpa / pixabay.com)