Lindner Merak 2800: Es geht um Flexibilität

Lindner Recyclingtech hat seine robusten stationären Zerkleinerer auf Kette gebracht. Für mobile Maschinen mit elektrischem Antrieb und breitem Anwendungsspektrum gibt es wachsenden Bedarf. EU-Recycling hat sich die Merak – den neuen „Star“ der Lindner-Produktfamilie – bei einem Entsorgungsunternehmen angeschaut.

Die Recyclingwirtschaft setzt auf Elektromobilität. Auch der Entsorgungsfachbetrieb, den wir am 13. Juni 2024 in einem Vorort im Osten von München besuchen, hat sein Betriebsgelände schon mit Ladesäulen und Stromanschlüssen für Elektrofahrzeuge und E-Mobilmaschinen ausgerüstet und damit fit für die Zukunft gemacht. Abfälle aus der Getrenntsammlung müssen hier nicht mehr zu einer Schredderanlage über den Hof „gekarrt“ werden: Die Maschinen fahren direkt zu den verschiedenen Wertstoffbunkern und verarbeiten das Material an Ort und Stelle. Das erweist sich als effizient und wirtschaftlich.

Marc Szombathy, Chefredakteur EU-Recycling (links) und Rudolf Schwager, Lindner-Vertrieb Süddeutschland

Laut dem Inhaber und Geschäftsführer des im Großraum München tätigen Unternehmens werden aus Gründen des Emissions- und Lärmschutzes – und damit verbundenen Auflagen und Rechtsvorschriften – Maschinen mit Elek­tromotoren heute leichter von den zuständigen Behörden genehmigt als Maschinen mit Dieselmotoren. Ansässig in einem Gewerbe-Wohn-Mischgebiet, plant der Entsorgungsfachbetrieb zudem, seine konventionellen Radlader und Umschlagbagger durch E-Modelle zu ersetzen. Die Schredder und Sortieranlagen sollen dann auch ferngesteuert, von einer Leitwarte aus beschickt werden.

Von der IFAT zum Kunden
Neu im Betrieb ist eine Merak 2800. Der kompakte Einwellen-Zerkleinerer von Lindner Recyclingtech mit Elektromotor wurde auf der IFAT Munich 2024 vorgestellt und war dort bei den Demo-Shows im Freigelände „live“ in Aktion zu sehen. Markteinführung feierte zugleich die neue Baureihe Alcor im Maschinenprogramm des österreichischen Herstellers. Nach dem Messe-Event im Mai ging die präsentierte Merak direkt zum Kunden. Und es liegen schon weitere Bestellungen von Entsorgungs- und Recyclingunternehmen vor, sodass die Serienproduktion diesen Herbst starten kann.

Rudolf Schwager, Lindner-Vertrieb Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg), zeigt uns die Merak, die bei dem Münchner Entsorger seit ein paar Wochen zur Aufbereitung verschiedener Stoffströme zum Einsatz kommt. Wir sind in einer Halle, in der Gewerbeabfälle verarbeitet werden. Über dem schwenk- und stufenlos verstellbaren Austragsband des Zerkleinerers, der wegen seines Kettenfahrwerks als vollmobil erscheint, aber tatsächlich semimobil ist, ist extra ein Fe-Magnetabscheider angebracht. „Vom Baukasten her ist die Merak eine stationäre Maschine, die bewegt werden kann“, merkt Schwager zum Punkt Mobilität an. „Das Kettenfahrwerk läuft über ein separates Aggregat, um von A nach B fahren zu können.“ Über dieses Aggregat werden auch die Wartungs- und Siebklappe sowie die Sieböffnung bedient.

Siebwechsel in einer Stunde
Elektromobilität ist das Thema bei Schreddern, und so stellt Schwager wachsenden Bedarf an entsprechenden Lösungen fest: „Viele Betriebe wollen nicht mehr mit Diesel arbeiten. Es geht im Recyclinggeschäft um Flexibilität. Das Material soll nicht mehr zur Maschine fahren, sondern die Maschine zum Material.“ Zunehmend gefragt sind hier Allrounder, die wahlweise und flexibel von der groben Vorzerkleinerung bis hin zur Universal- und Nachzerkleinerung einsetzbar sind.

In die Entwicklung der Merak mit drei innovativen Schnittsystemen zur Vor-, Universal- und Nachzerkleinerung floss zudem die Anforderung von Kunden ein, das Aufgabematerial auf homogene Korngrößen <100, 80 oder auch 60mm zerkleinern zu können. Die Korngrößen-Bandbreite der Merak 2800 reicht von 30 bis 350 Millimetern. In der Maschine des Münchner Entsorgers ist ein Polygon-190-Sieb eingebaut für Output-Größen von 150 bis 200 Millimetern. „Das ist eines der größten Siebe, die wir für die Merak haben. Für den Betrieb hier passt es genau“, weiß Schwager. Auch Sechskant-, Rund- und Sichelsiebe sind für das Model verfügbar. Das Sieb lässt sich hydraulisch absenken, ist nur mit zwei Schrauben im oberen Bereich gesichert und unten geklemmt. So kann es in einer Stunde gewechselt werden.

Am optimalen Betriebspunkt
Je nach Aufgabematerial liegt die Durchsatzleistung der Merak 2800 bei 35 bis 40 Tonnen pro Stunde. Die Kombination aus Keilriemenantrieb und ABB-Asynchronmotor (250 kW), der über einen Frequenzumrichter angesteuert wird, ist typisch für Lindner und hat sich bei allen Zerkleinerern im Angebot des Herstellers bewährt. Durch das elektrische Antriebskonzept mit drei Übersetzungsstufen (55, 87 und 103 U/min.) erfolgt das Zerkleinern unterschiedlicher Materialien am jeweils optimalen Betriebspunkt. Die Rotordrehzahl kann hierüber an das Material angepasst werden. Das Planetengetriebe von Lindner untersetzt die Motorumdrehungen auf die Rotorumdrehungen.

Der innenliegende Nachdrücker unterstützt den kontinuierlichen Materialaustrag – „sperrige Materialien brauchen die Zwangszuführung zum Rotor“, verdeutlicht Schwager. Die Merak zerkleinert Siedlungs-, Industrie- und Gewerbeabfälle, Sperrmüll, Matratzen, Kunststoffe, Verpackungen, Folien, Behälter, Big Bags, Fensterprofile aus Aluminium/PVC, Reifen, Altholz und Paletten, Grünschnitt sowie Wurzelstöcke und vieles mehr auf definierte Korngrößen – leistungsstark und effizient.

Nach dem Baukastensystem
Für die Merak wurden die Schnitteinheiten Vor-, Universal- und Nachzerkleinerung entwickelt. Das erste System ist speziell auf die Volumenreduzierung und hohe Durchsätze ausgelegt – Materialien können so optimal für nachfolgende Prozesse vorbereitet werden. Das zweite wird für die Vorzerkleinerung und einstufige Zerkleinerung unterschiedlicher Materialströme eingesetzt. Und das dritte Merak-Schnittsystem eignet sich zum Beispiel hervorragend für die Nachzerkleinerung von Altholz oder die einstufige Aufbereitung von Industrie- und Gewerbemüll zu mittelkalorischen Ersatzbrennstoffen. Output-Größen von 30 bis 120 Millimetern können hierüber erzielt werden.

Ob Vor-, Universal- oder Nachzerkleinerung – das Lindner-Baukastensystem kombiniert ein breites Anwendungsspektrum. Schnitteinheit und Rotordrehzahl können den Eigenschaften des jeweiligen Input-Materials angepasst werden. Die integrierte Sicherheits-Rutschkupplung (Drehmoment-gesteuert und nasslaufend – im Öl und damit wartungsfrei) – schützt die Schnitt- und Antriebskomponenten bei Blockaden durch Störstoffe und minimiert dadurch Stillstandzeiten. Optional erhältlich ist ein automatisches Riemenspannsystem (ATB), das für eine kontinuierliche und optimale Kraftübertragung sorgt. Das Frequenzumrichter-Kühlsystem und die schwingungsisolierte Bauweise der Merak ermöglichen auch in schwierigen Umgebungen den störungsfreien Betrieb.

Ein durchdachtes Konzept
Schwager öffnet die hydraulische Wartungs- und Störstoffklappe der Merak 2800 und schildert, wie ein Pro­blem behoben wird: „Im Störstofffall wird der Störstoff in der Maschine zwischen Rotormesser und Gegenmesser geklemmt. Die Rutschkupplung löst aus. Dann kann man die Wartungsklappe ein Stück weit öffnen, bis zur ersten Stellung. Der Rotor wird ein Stück zurückgefahren, der Störstoff rausgenommen, Klappe wieder zu – und fertig. In fünf Minuten fährst du wieder.“ Die Wartungs- und Störstoffklappe geht nach innen auf, weshalb das Material, das sich in der Maschine befindet, nicht herausfallen kann – ein Patent von Lindner und Bestandteil aller Zerkleinerer im Produktportfolio. Bei geöffneter Klappe ist der Nachdrücker durch die Klappe selbst arretiert, damit er nicht ungehindert runterfährt.

Durchdacht ist auch das Messerkonzept: Die Messer und -halter sind schraubbar. Jedes Messer ist auf einem Schlitten aufgebaut – in Segmenten. Bei Bedarf ist ein einfacher und schneller Tausch der einzelnen Komponenten gewährleistet. Schwager demonstriert das Zustellen des Gegenmessers zum Rotormesser hin über Arretier-Schrauben. Dazu gibt es eine eigene Messereinstell-Funktion in der Steuerung. Der Rotor wird dann ganz langsam gedreht. Die sogenannte Karopanzerung wirkt hier Verschleiß entgegen, und der Schneidraum ist mit austauschbaren Verschleißplatten versehen. Der Kammboden verhindert, dass sich dünnwandige, flächige Materialien zwischen Nachdrücker und Boden verklemmen, und der Abstreifkamm, dass sich unter dem Nachdrücker Material absetzen kann.

Steht für Kraft und Stärke
Mit der Merak hat Lindner Recyclingtech seine robusten stationären Zerkleinerer auf Kette gebracht. „Im Prinzip haben wir die Mobilität unserer Baureihe Urraco mit unseren stationären Maschinen verbunden“, schließt Rudolf Schwager seine Ausführungen und Erläuterungen zur Maschinentechnik. Das Münchner Entsorgungsunternehmen, das die Merak 2800 bereits im Einsatz hat, äußert sich sehr zufrieden mit der Leistung des neuen Universalzerkleinerers – was auch den Bedien- und Wartungskomfort und nicht zuletzt die Energieeffizienz betrifft. Es geht um Effektivität!

Zu guter Letzt stellt sich noch die Frage, wie die Merak zu ihrem Namen gekommen ist. Bekanntlich benennt Lindner seine Zerkleinerer nach Planeten und Sternen. „Wir haben uns auf die Suche gemacht nach einem Stern, der die Aussage hat, die zur Maschine passt“, erzählt Martina Greschonig, Marketing & PR bei Lindner. „Merak bezeichnet einen bedeutenden Stern im Sternbild des Großen Bären, der mit bloßem Auge leicht zu erkennen ist. Aufgrund seiner Spektralklasse und seiner Oberflächentemperatur von etwa 9.300 Kelvin kann Merak als hellblauer oder weißblauer Stern beschrieben werden. Er steht für Kraft und Stärke.“ So erklärt sich, dass die Merak der neue „Star“ der Lindner-Produktfamilie ist.

lindner.com

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2024, Seite 12, Fotos: Marc Szombathy)