Best Practise für eine nachhaltige Bauwirtschaft
Beim diesjährigen Baustoff Recycling Forum in Ingolstadt stießen Best Practice-Beispiele aus den Bereichen Recycling, nachhaltiger Einsatz von Sekundärbaustoffen und regelkonformer Umgang mit schadstoffbelasteten Böden, Bau- und Abbruchmaterialien auf großes Interesse.
Wie aus einer Idee des mittelständischen Recyclers Gutmann Erdbau Hainsfarth in Zusammenarbeit mit dem BPI Öttingen ein gemeinsames Projekt entstand und sich schließlich zum Best Practise-Beispiel für die Verwendung von Typ 3-Gesteinskörnungen in der Fertigteilherstellung entwickelte, veranschaulichte der stellvertretende Prüfstellenleiter beim Baustoffprüfinstitut, Stefan Schmid. „Vom Brecher in den Mischer“ lautete die Projektaufgabe, die darin bestand, eine möglichst einfache Aufbereitungsweise zu finden, um RC-Mix-Überhänge abzubauen und die darin enthaltenen wertvollen Natur- und Ziegelsteine weitestgehend hochwertig wieder in den Kreislauf zu bringen.
Nach mehreren Versuchen mit verschiedenen Einstellungen am Brecher gelang es den Projektpartnern schließlich, gemischten Bauschutt zu rezyklierten Typ-3-Gesteinskörnungen aufzubereiten, die sich unter Einhaltung aller Bau- und umwelttechnischen Anforderungen sowohl für die Herstellung von Betonsystemsteinen (sogenannten „Legosteinen“), für Treppen und Bänke für Betonfertigteile im Innenbereich, oder für Sauberkeitsschichten wie auch für Betonrückenstützen im Wege- und Pflasterbau einsetzen lassen.
Umgang mit asbesthaltigen Abfällen
Die Aufbereitung schadstoffbelasteter Bau- und Abbruchabfälle sowie kontaminierter Böden zu Sekundärbaustoffen stellen hohe gesetzliche und technische Anforderungen an die Mineralik-Recyclingbranche. Das machte der Vortrag von Dipl.-Ing. Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverband Schadstoffsanierung deutlich: „Von den jährlich anfallenden, rund 60 Millionen Tonnen Bauschutt und rund 0,6 Millionen Tonnen Bauabfällen auf Gipsbasis ist ein nennenswerter Teil durch entsprechende Anhaftungen oder Bestandteile potenziell asbestbelastet.“
Entsprechend groß sei das Interesse an einer einheitlichen Vorgehensweise für den umweltfreundlichen und regelkonformen Umgang mit asbesthaltigen Bau- und Abbruchabfällen. Nur durch anlassbezogene fachkundige Erkundungen, beispielsweise durch Probenahmen und Analysen, die schon vor der Baumaßnahme durchgeführt werden, könne sichergestellt werden, dass ausschließlich Materialien in das Recycling und die Verwertung gehen, die den in der neuen LAGA M 23 per Konvention für die Beurteilung als „Asbestfrei“ festgelegten relevanten Wert von <0,010 Masseprozent nicht überschreiten.
Den Rahmen für ein bundeseinheitliches Vorgehen nach dem Stand der Technik soll eben dieses neue LAGA Merkblatt M23 schaffen. Mit Ausnahme von Bayern, das, wie Ministerialdirigentin Dr. Monika Kratzer vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zuvor bekannt gab, eine eigene Regelung dazu über FAQs plant, wurde dieses Technische Regelwerk bereits in einigen Bundesländern eingeführt oder befindet sich in der sukzessiven Umsetzung. Mit einigen praxisorientierten Anpassungen, beispielsweise zum Umgang mit Containern/Kleinmengen und in Verbindung mit einer novellierten Gefahrstoffverordnung, sei die LAGA M23 für die Recycling- und Entsorgungsbranche grundsätzlich umsetzbar, erklärte Sandra Giern. Allerdings sei für die Branche existenziell, dass bei der Novellierung der Gefahrstoffverordnung eine Verpflichtung für den Bauherren beziehungsweise Veranlasser zur Vorerkundung beziehungsweise Untersuchung seiner baulichen Anlage auf Gefahrstoffe hin fest verankert wird.
Thomas Schlösser, Betriebsleiter der Schlösser Grund- und Tiefbau GmbH, zeigte anhand unterschiedlicher Beispiele die technischen Möglichkeiten der praktischen Erkundung und Separierung von asbesthaltigen Kleinbestandteilen (z. B. Abstandshalter) im Beton auf. „Sämtliche asbesthaltigen Kleinteile in Betonbauteilen müssen vor dem Abbruch detektiert werden, damit diese entfernt werden können und die restliche Mineralik einer Wiederverwertung zugeführt werden kann“, erklärte Schlösser. In der Zukunft wird dies auch robotergestützt möglich sein.
Aufbereitung über Nassklassierung
Unterschiedliche Kontaminationen wie Schwermetalle, herkömmliche Organic wie PAK, MKW oder Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (sogen. PFAS) in Bodenaushub oder Boden-Bauschuttgemischen lassen sich über optimierte Verarbeitungsprozesse der Nassaufbereitung, die sogenannte Bodenwäsche, entfernen. „Diese Bodenwaschanlagen sind auch für KMU‘s interessant und wirtschaftlich umsetzbar“, betonte Dipl.-Ing. Christoph Baier von CDE Europe. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Nordirland fertigt in zwei Werken auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasste, maßgeschneiderte Nassklassierungs-Anlagen, die Durchsatzkapazitäten von 30 bis 350 Tonnen pro Stunde erreichen können. Zudem sind unterschiedlichste Optionen für die Erweiterung der Anlagen, beispielsweise um zusätzliche Sortiertechniken, möglich.
Um die Qualität des Prozesswasser für die Waschleistung zu erhalten, ist die anschließende Aufbereitung des Prozesswassers unumgänglich, erklärte Dr. Ing. Thomas Caro von Sarpi Remediation Deutschland GmbH, einem Unternehmen, dass sich unter anderem mit der Konstruktion und dem Bau von Wasseraufbereitungsanalagen befasst. Die Klärung erfolgt über Kiesfilter, Absorber und/oder Aktivkohlefilter. Für die breitgefächerten Anwendungsbereiche hat Sarpi ein flexibles und adaptierbares System entwickelt, welches mit wachsenden Aufgaben Schritt halten und ebenfalls durch diverse Komponenten erweitert werden kann.
Das „Ensuba“-Verfahren
Sulfat beziehungsweise Gips gilt als weiterer kritischer Schadstoff bei der Herstellung von Ersatzbaustoffen und verhindert die uneingeschränkte Verwendung im Straßen-, Erd- und Hochbau. Andererseits wird die Rückgewinnung dieses für die Bauindustrie unabdingbaren Rohstoffs – bei gleichzeitig schwindenden natürlichen Vorkommen – für eine zukünftige ausreichende Rohstoffversorgung immer notwendiger. Eine Lösung hierfür könnte das im Fraunhofer IBP entwickelte „Ensuba“-Verfahren sein. Es ermöglicht, dass das Sulfat aus dem Materialstrom feinkörniger Recycling-Brechsande extruiert und somit neuer Gips als Rohstoff zurückgewonnen werden kann, veranschaulichte Dr. Sebastian Dittrich in seinem Vortrag. Erste Schritte zur industriellen Anwendung wurden bereits angestoßen. Zur Weiterentwicklung des Verfahrens werden die weitere intensive Zusammenarbeit und der Austausch mit Recyclingunternehmen als wichtig erachtet.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2024, Seite 28, Foto: O. Kürth)