Abfallende für chemisch recycelte Materialien anerkennen
Das AZuR-Netzwerk (Allianz Zukunft Reifen) setzt sich für eine klare regulatorische Anerkennung des Abfallendes für Materialien ein, die im chemischen Recycling von Altreifen entstehen. Insbesondere recovered Carbon Black (rCB) und Tire Pyrolysis Oil (TPO), die durch Thermolyse-Verfahren aus Altreifen gewonnen werden, sollen als wertvolle Sekundärprodukte und nicht als Abfall eingestuft werden. Die mangelnde Harmonisierung zwischen der EU-Abfallrahmenrichtlinie und der EU-Chemikalienverordnung REACH könnte ansonsten das Aus der chemischen Kreislaufwirtschaft für Altreifen bedeuten.
Rechtsunsicherheit für Unternehmen
Die Abfallrahmenrichtlinie besagt, dass ein Stoff das Abfallende erst dann erreicht, wenn es ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und als sicheres, nützliches Produkt auf den Markt gebracht werden kann, sowie der Status des Abfallendes behördlich festgestellt wurde. Nach REACH hingegen, welche als Verordnung in der europäischen Rechtshierarchie der Abfallrahmenrichtlinie übergeordnet ist, gelten Stoffe, wie rCB und TPO, die durch Änderung der chemischen Struktur eines Ausgangsmaterials (hier Altreifen) gewonnen werden, als registrierungspflichtige Chemikalien. Abfallstoffe sind von REACH nicht erfasst, was bedeutet, dass sie auch nicht als Stoffe im Sinne der REACH-Verordnung registriert werden könnten. Daraus ließe sich ableiten, dass eine chemische Strukturänderung in Ausgangsstoffen durch ein chemisches Recyclingverfahren „automatisch“ das Ende der Abfalleigenschaft der erzeugten Stoffe bewirkt. Die komplexe, und bürokratische Bestimmung über das Abfallende in der Abfallrahmenrichtlinie wäre somit im Falle von rCB und TPO obsolet.
Die Abfallrahmenrichtlinie gibt den Mitgliedstaaten der EU, anders als die REACH Verordnung, welche EU-weit Gültigkeit hat, einen gewissen Spielraum in der (notwendigen) Umsetzung in nationales Recht. Das kann zu der absurden Situation führen, dass in einem Mitgliedstaat ein Stoff als Produkt definiert ist, in einem anderen jedoch als Abfall, womit der innereuropäische Warenverkehr nochmals erheblich behindert wird. Die Nichtharmonisierung dieser beiden Regelwerke erzeugt nach Auffassung des AZuR-Netzwerks Rechtsunsicherheit für Unternehmen aus der chemischen Recyclingbranche in Bezug auf Vermarktung und Nutzung der aus Altreifen zurückgewonnenen Materialien.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2025, Seite 5, Foto: O. Kürth)