Recycling hilft, aber ersetzt Primärrohstoffe nur zum Teil

Die deutsche Volkswirtschaft benötigt auch in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Mengen an Primärrohstoffen aus dem Bereich Steine und Erden. Haupttreiber sind der große Bedarf an Wohnraum, umfangreiche Infrastrukturinvestitionen und der Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität.

Das zeigt die aktuelle Rohstoffstudie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden e.V. (bbs). Nach den Ergebnissen bleibt der Anteil von Sekundärrohstoffen am Gesamtrohstoffbedarf stabil oder steigt nur leicht: von aktuell 15,2 Prozent auf maximal 16,3 Prozent im Jahr 2045 – je nach Szenario. Eine im Vergleich zu heute deutlich umfassendere Substitution von Primärrohstoffen mit Hilfe von Recycling oder industriellen Nebenprodukten ist somit nicht in Sicht. Recycling hilft zwar – urteilt die Studie –, aber ersetzt Primärrohstoffe nur zum Teil.

Ob hohes oder niedriges Wachstum
An Primärrohstoffen führt nach den Erkenntnissen kein Weg vorbei. Die Studie betrachtet dazu zwei Szenarien bis 2045 – eines mit moderatem und eines mit schwachem Wirtschaftswachstum. In der Variante mit moderatem Wachstum mit durchschnittlich 0,9 Prozent pro Jahr sinkt die Primärrohstoffnachfrage bis 2045 leicht auf 524 Millionen Tonnen (minus 5,8 Prozent gegenüber 2022). Das Aufkommen von Sekundärrohstoffen geht ebenfalls leicht zurück – auf 94 Millionen Tonnen (minus 5,4 Prozent). Die Sekundärstoffquote bleibt mit 15,2 Prozent unverändert.

Das dämpft das Substitutionspotenzial zusätzlich
In der Variante mit schwachem Wachstum, das durchschnittlich 0,1 Prozent pro Jahr unterstellt, fällt der Rückgang deutlicher aus: Die Primärgewinnung geht auf 452 Millionen Tonnen zurück (minus 18,5 Prozent), die Sekundärrohstoffe auf 88 Millionen Tonnen (minus 11,5 Prozent). Hier steigt die Sekundärstoffquote leicht auf 16,3 Prozent. Beide Szenarien zeigen: Sekundärrohstoffe werden auch künftig einen Beitrag zur Rohstoffversorgung leisten. Ersetzen können sie Primärrohstoffe allerdings bei Weitem nicht. Mit der Beendigung der Kohleverstromung und der Transformation der Stahlindustrie entfallen wichtige industrielle Nebenprodukte, die bisher zur Sekundärrohstoffversorgung beigetragen haben. Das dämpft das Substitutionspotenzial der Sekundärrohstoffe zusätzlich. „Unsere Studie zeigt: Wir werden den Rohstoffbedarf auch künftig bei Weitem nicht alleine durch Sekundärrohstoffe decken können“, resümiert RWI-Wissenschaftler Dr. Jochen Dehio. „Wer mit neuem Deutschlandtempo Wohnungen bauen, die Infrastruktur modernisieren und die Klimawende schaffen will, braucht eine verantwortungsvolle heimische Rohstoffgewinnung. Denn der Bedarf an Steine-Erden-Rohstoffen wird hoch bleiben. Die Dekarbonisierung und der Ausstieg aus der Kohleverstromung erhöhen sogar noch den Druck, da einige industrielle Nebenprodukte wegfallen werden. All dies erfordert vereinfachte Planungsverfahren, eine Optimierung der Regulierung, eine Förderung des Recyclings und mehr gesellschaftliche Akzeptanz für die nachhaltige Gewinnung heimischer Rohstoffe.“

rwi-essen.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2025, Seite 31, Foto: MSV, KI-generiert)