Großer Bedarf in der Monoverbrennung von Klärschlamm

Die Menge des Klärschlamms zur Monoverbrennung wird in den kommenden 15 Jahren auf über 1,2 Millionen Jahrestonnen ansteigen. Die aktuellen Kapazitäten können jedoch nur etwa die Hälfte dieser Menge abdecken.

Dies ist das Ergebnis einer Aktualisierung des ecoprog-Mengenmodells zur Klärschlammentsorgung in Deutschland: 2015 ist die stoffliche Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau um zehn Prozent auf 650.000 Jahrestonnen gesunken. Das ist der stärkste Rückgang, seitdem diese Statistik geführt wird. Im selben Zeitraum ist die thermische Verwertung von Klärschlamm auf 1,15 Millionen Jahrestonnen Klärschlamm gestiegen.

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung sind die seit 2015 geltenden Grenzwerte der novellierten Düngemittelverordnung (DüMV). „Vor allem die strengeren Grenzwerte für Cadmium und Quecksilber waren für einige Betreiber von Kläranlagen problematisch“, sagt Mark Döing, Geschäftsführer der ecoprog GmbH. Auch in den kommenden Jahren steht die stoffliche Verwertung weiter unter Druck. Ab 2018 sollen, ebenfalls im Rahmen der DüMV, neue Anforderungen zur Abbaubarkeit von synthetischen Polymeren gelten. Diese werden zur Entwässerung des Klärschlamms verwendet. Ihre Abbaurate bei der stofflichen Verwertung von Klärschlamm ist bislang umstritten.

Die Düngung wird schwieriger

Grafik: ecoprog GmbH

Kurzfristig noch bedeutsamer ist die Novellierung der Düngeverordnung (DüV). Diese sieht eine Begrenzung des Stickstoffgehalts im Boden sowie verlängerte Sperrzeiten für die Ausbringung von Dünger vor. Zudem müssen bei der Berechnung der Stickstoffobergrenze zukünftig auch Gärreste aus Biogasanlagen berücksichtigt werden. Als Folge der novellierten DüV wird die Düngung generell schwieriger; die Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Düngemitteln wie Gülle, Klärschlamm oder Gärresten erhöht sich. Döing: „In dieser Situation ist die Entsorgung der Gülle für die meisten Landwirte wichtiger als der Hinzuverdienst durch die Klärschlammverbringung. Schließlich hängt an der Gülle das Kerngeschäft.“
Langfristig wird zudem die novellierte Klärschlammverordnung (AbfKlärV) die thermische Verwertung von Klärschlamm stimulieren. Sie sieht ein Ausbringungsverbot für Klärschlamm aus Kläranlagen der Größenklasse 4b und 5 vor (Kapazität von über 50.000 beziehungsweise über 100.000 Einwohnerwerten). Auf diese beiden Größenklassen entfallen derzeit zwar nur 530 der rund 9.500 Kläranlagen in Deutschland; diese behandeln allerdings 65 Prozent der Schmutzfracht – und produzieren somit geschätzt fast 1,2 Millionen Tonnen Klärschlamm pro Jahr. Und auch innerhalb der thermischen Verwertung wird die AbfKlärV den Markt neu ordnen. Denn sie enthält für die Anlagen der Klasse 4b und 5 auch eine Pflicht zum Recycling des im Klärschlamm enthaltenden Phosphors. Und dieses ist in Mitverbrennern wie Kohlekraftwerken, Zementwerken und Müllverbrennungsanlagen nicht wirtschaftlich, da der Anteil des Phosphors in der Asche zu gering ist. Für die Anlagen der Größenklasse 5 sollen die Vorgaben zwölf Jahre nach Inkrafttreten der AbfKlärV verbindlich werden, für jene der Größenklasse 4b nach 15 Jahren.

Langfristig gibt es Angebotslücken

Eine Alternative zur Monoverbrennung steht jenen Anlagen nur zu Verfügung, wenn der Phosphorgehalt im Klärschlamm gering ist. Dies ist jedoch nur bei einigen wenigen Anlagen der Fall; andere versuchen schon heute, den Phosphor aus Abwasser oder nassem Klärschlamm zu gewinnen. Auf diese Weise können die Phosphor-Grenzwerte im Klärschlamm unterschritten werden. „Wir gehen derzeit aber nicht davon aus, dass sich ein relevanter Anteil der Kläranlagen für diesen Weg entscheidet“, meint Döing. Im Gegenteil rechnet das Beratungsunternehmen ecoprog damit, dass auch kleinere Kläranlagen der Größenklassen 3 und 4a in die Monoverbrennung gehen: „Offen ist derzeit vor allem, ob und welche Geschäftsmodelle im Landschaftsbau und in Kohlekraftwerken in Zukunft bei stark rückläufigen Mengen noch logistisch und wirtschaftlich funktionieren.“

Wie unsicher die Prognosen noch sind, zeigte das Jahr 2015. In dessen Verlauf wurden in Köln/Hürth und Veltheim gleich in zwei Kohlekraftwerken Mitverbrennungskapazitäten stillgelegt. Dennoch nahm die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken im Vergleich zu 2014 zu. „Dieses Ausmaß hat selbst uns überrascht“, gibt Döing zu. Hier zeige sich einmal mehr, dass in den Berechnungen von technischen und verfügbaren Kapazitäten und der Auslastung einzelner Anlagen noch Unsicherheiten existieren. ecoprog geht davon aus, dass es langfristig große Angebotslücken in der Klärschlamm-Monoverbrennung gibt.

Das Unternehmen hat Kapazitäten und Durchsatz von 2.300 kommunalen Kläranlagen mithilfe eines Geoinformationssystems analysiert. Allein in den Größenklassen 4b und 5 existieren 73 Anlagen, die weiter als 100 Kilometer von der nächsten Monoverbrennungsanlage entfernt sind. Döing: „Erweitert man das Modell um Angebot und Nachfrage auf regionaler Ebene, so ist der Umfang der Angebotslücken noch deutlich größer. Allerdings ist die Situation regional sehr unterschiedlich.“ Während sich in einigen Regionen schon heute eine Entsorgungsproblematik für Klärschlamm abzeichnet, gibt es noch immer Regionen mit vergleichsweise großen Kapazitäten in der Monoverbrennung, die die Nachfrage im Umfeld der Anlage noch immer übersteigen. Neben den regionalen Kapazitäten bietet aus Sicht von ecoprog auch die Vielzahl der derzeit geplanten Projekte ein Risiko im Markt. Bereits heute befinden sich einige Projekte in unterschiedlichen Planungsstufen. Im schlimmsten Fall würden konkurrierende Planungen dann langfristig zu regionalen Überkapazitäten führen.

www.ecoprog.de

Grafik: ecoprog GmbH

(EU-Recycling 07/2017, Seite 23)