Ein klares Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft?
Koalitionsvertrag: Was von der neuen Bundesregierung erwartet wird – Stimmen aus der Branche.
Die BDSV wertet den Koalitionsvertrag als „Schritt in die richtige Richtung“. Beim Bekenntnis, das „erfolgreiche deutsche Modell der Kreislaufwirtschaft“ weiter fortführen zu wollen, werde das Wettbewerbsprinzip ausdrücklich erwähnt. Dies lasse laut BDSV-Hauptgeschäftsführer Dr. Rainer Cosson den Schluss zu, „dass bei der Politik jetzt endlich angekommen zu sein scheint, das Recycling nicht dadurch verbessern zu können, dass man es der kommunalen Daseinsvorsorge überantwortet“. Zustimmung findet auch, eine „Nationale Forschungs- und Innovationsstrategie für Ressourcenschutztechnologie“ mit der Wirtschaft erarbeiten zu wollen, sowie die Stärkung der Produktverantwortung. Die BDSV mahnt beim Aufbau neuer Systeme faire Chancen für die mittelständischen Stahlrecyclingunternehmen an.
Nach Meinung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zementieren die Koalitionspartner den umweltpolitischen Stillstand – unter anderem durch die weitere Förderung von Dieselfahrzeugen. Die GroKo knicke vor den Interessen der Müll-Lobby ein und verzichte auf Abfallvermeidung. Die Rechte von Verbänden sollen begrenzt und Bürgerbeteiligungen zurückgedreht werden. Nachdem das Klimaschutzziel 2020 offiziell begraben worden sei, werde auch das Ziel für 2030 mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht zu erreichen sein, glaubt die Organisation. „Das gesamte Papier basiert auf Prüfaufträgen und Finanzierungsvorbehalten, mit denen die notwendigen Entscheidungen zum Klima-, Ressourcen- und Naturschutz auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „Der Umweltpolitik in Deutschland drohen vier weitere bleierne Jahre.“
„Den Worten müssen Taten folgen“
Der bvse wertet die Aussagen im Koalitionsvertrag – anspruchsvolle Recyclingquoten, Wettbewerb und Produktverantwortung – als klares Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft und als klare Absage an alle, die die kommunale Abfallwirtschaft privilegiert sehen wollen. „Diesen Worten müssten aber auch Taten folgen. Wir halten in diesem Sinne eine Korrektur des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für absolut erforderlich“, erklärte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Erfreulich sei unter anderem die Ankündigung zur Evaluierung von Altholz, der eine Novellierung der Altholzverordnung folgen sollte, und dass ein bundeseinheitlicher und rechtsverbindlicher Rahmen für die Verwertung von mineralischen Abfällen geschaffen werden soll. Der Verband unterstützt zudem die Erkenntnis, dass langwierige und bürokratische Planungs- und Genehmigungsverfahren ein massives Hindernis für neue Investitionen in Betriebe und Infrastrukturen darstellen. Dies wirke sich nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschlands aus.
„Was lange währt, muss jetzt auch gut werden“, kommentierte die ASA und hofft, dass die Bundesregierung noch vor Ostern aktiv wird. „Der Winterschlaf muss ein Ende haben“, fordert ASA-Geschäftsführerin Katrin Büscher. Viele Novellierungsvorhaben wie die TA-Luft sowie die Vollzugshilfen zur Gewerbeabfallverordnung hätten sehr viel Zeit und Arbeit gekostet und hängen noch immer in der Warteschleife. Mit Blick in den Vorabentwurf des Koalitionsvertrages sind die Erwartungen groß. Gerade bei dem Thema Recyclingquoten sieht die ASA nach wie vor Handlungsbedarf. Statt sich auf eine Weiterentwicklung „anspruchsvoller Quoten“ zu konzentrieren, sollte es oberstes Ziel sein, die bisherigen Quoten ohne Qualitätseinbußen überhaupt zu erreichen und hochwertige Recyclingprodukte auf den Markt bringen zu können. Auch sieht die ASA eine 1:1 Umsetzung des EU-Rechts nur dann als sinnvoll an, wenn nationale Standards nicht untergraben werden. Die Verbesserung des Einsatzes recycelter Materialien sei sinnvoll, sollte aber mithilfe gesetzlicher Regeln umgesetzt werden, um eine einheitliche Handhabung – auch in den einzelnen Bundesländern – zu gewährleisten. Fraglich bleibt für die ASA weiterhin, ob die Kreislaufwirtschaft mit den Formulierungen aus dem Koalitionsvertrag wirklich einen höheren Stellenwert erlangt und ein klarer Weg in die Zukunft aufgezeigt wird.
Prüfaufträge reichen nicht
Nach Ansicht des BDE müssen die Chancen und Potenziale einer wirklichen Kreislaufwirtschaft, die in dem Vertragswerk angesprochen sind, auch in der Praxis umgesetzt werden. Die Positionen zur Kreislaufwirtschaft dürften keineswegs nur Prüfaufträge bleiben. Es sei ein wichtiges Signal, dass sich die neue Bundesregierung dem Dreiklang von anspruchsvollen Recyclingquoten, Wettbewerb und Produktverantwortung verpflichtet sieht. Der Verband fordert jedoch, es nicht nur beim Prüfauftrag für Anreize und gesetzliche Pflichten zum Einsatz von recycelten Materialen in der industriellen Produktion zu belassen. „Wir erwarten hier zügig konkrete Regelungen und eine schnelle Umsetzung, damit der Prüfauftrag nicht einer Beerdigung erster Klasse für die Vorhaben für mehr Kreislaufwirtschaft gleichkommt“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth. „Insbesondere mit Blick auf das chinesische Importverbot von Plastikabfällen wünscht sich die deutsche Entsorgungswirtschaft hier schnelle praktikable Schritte.“
Die zentrale Aufgabe für die kommende Legislaturperiode sieht der BDE in der Einsatzsteigerung von Rezyklaten in der Produktion. Nur so gelinge wirkliche Kreislaufwirtschaft und machten gesteigerte Sammelquoten Sinn. Peter Kurth: „Diese zentrale Aufgabe ist leider in einem bloßen Prüfauftrag steckengeblieben. Nur wenn der auch ernst genommen und zeitnah umgesetzt wird, hat der Koalitionsvertrag die Chance, wirkliche Fortschritte zu bewirken.“ Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bevorteilung kommunaler Unternehmen stellt für den Verband eine Absage an einen fairen Wettbewerb dar.
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(EU-Recycling 03/2018, Seite 6)