US-Importzölle auf Stahl und Aluminium: Die Europäische Union soll vorläufig befreit bleiben

Das kündigte der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lighthizer am 22. März bei einer Anhörung im US-Kongress an. Die EU hatte auf eine Ausnahmeregelung gehofft, es droht ein Handelskrieg mit schwerwiegenden Folgen auch für die Recyclingwirtschaft. Auch andere Länder sollen vorläufig befreit bleiben. Doch will US-Präsident Donald Trump China mit hohen Strafzöllen belegen.

In ersten Stellungnahmen bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe zeigten sich Vertreter der europäischen Wirtschaft erleichtert, dass die EU von den US-Importzöllen auf Stahl und Aluminium vorläufig befreit bleiben sollen: Die Ankündigung sei eine gute Nachricht für den transatlantischen Handel. Nach Meinung von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hätten die Strafzölle der deutschen Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen beschert und keinem Unternehmen dies- und jenseits des Atlantiks geholfen. Die EU-Kommission hatte zuletzt mit harten Gegenmaßnahmen gedroht – Strafzölle auf amerikanische Produkte wie Motorräder von Harley Davidson, Whiskey, Jeans, Orangensaft – und dafür branchenübergreifend Unterstützung erfahren. Bei ihrem Treffen am 15. März in Brüssel kritisierten die EU-Ministerpräsidenten die Protektionismus-Politik von US-Präsident Donald Trump mit deutlichen Worten. Die WTO-Instrumente und hier insbesondere die „Safequards“ der Welthandelsorganisation zum Schutz des Freihandels sollten konsequent angewendet werden. Zu erwartende Handelsumlenkungen als Folge der US-Importzölle müssten im Interesse der europäischen Wirtschaft dringend vermieden werden.

Die Aktion, die Arbeitsplätze kosten könnte, wird von der Europäischen Union als Versuch gewertet, die schwach ausgelastete US-amerikanische Stahlindustrie zu stärken. Zahlreiche Produktionsstätten sind hier veraltet, die Energiekosten jedoch weiterhin günstig. Seit dem Jahr 2000 mussten etwa zehn Stahlwerke in den Vereinigten Staaten schließen. Der Schutz der US-Stahlindustrie durch Zölle übersieht nach Auffassung von ARD-Experte Markus Gürne (Börse vor acht/Tagesschau), dass die USA gewisse Stahlqualitäten gar nicht mehr selber fertigen und daher importieren müssen. Ein Teil der Strafzölle treffe die US-Unternehmen und US-Verbraucher daher selbst.

„Handelskriege sind für keinen zielführend“

Diese Ansicht teilt die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e.V. (BDSV). Für die Weltstahlindustrie sei die Lage sehr komplex: Seit Jahren kämpfen viele Regionen mit erheblichen Überkapazitäten. Seit China allein rund die Hälfte der Weltrohstahlproduktion (Welt: 1,6 Milliarden Tonnen; China: 830 Millionen Tonnen) erzeugt, gibt es für Rohstahl einen erheblichen Kampf um Absatzgebiete. In Europa und insbesondere in Deutschland belasten zudem hohe Umweltauflagen und teure Energie die Stahlerzeugung. Derzeit exportiert Deutschland circa eine Million Tonnen Stahl in die USA.

Mit Abstand größter Abnehmer von Stahlschrott aus der Bundesrepublik ist die Türkei: 2017 wurden rund zwölf Millionen Tonnen Stahlschrott importiert. Viele Elektrostahlwerke in der Türkei produzieren Stahl unter Verwendung von bis zu 100 Prozent Stahlschrott. Mit US-Strafzöllen auf Stahl könnte jedoch der Absatzmarkt der Türkei wegbrechen, weil billiger Importstahl den Markt überschwemmt. Da es sich beim Stahlschrott um ein weltweites Handelsgut handelt, liegen Marktverwerfungen bei unorganisierten Eingriffen in das Marktgeschehen auf der Hand. In diesem Zusammenhang mahnte BDSV Präsident Andreas Schwenter aber vor Aktionismus hinsichtlich möglicher Gegenmaßnahmen: „Handelskriege sind für keinen zielführend.“ Zunächst sollten die konkreten Handelsbeschränkungen vorliegen und die Auswirkungen auf die Stahlrecyclingbranche sorgfältig bewertet werden.

„Die USA schaden sich selbst“

Laut dem Verband Deutscher Metallhändler e.V. (VDM) handelt die US-Administration an den Regeln der WTO vorbei. „Mit Gegenmaßnahmen betroffener Länder bewegen wir uns in eine Spirale, die einem Handelskrieg gleichkommt und sich auf alle Wirtschaftszweige ausbreiten kann“, erklärte VDM Präsident Thomas Reuther. „Letzten Endes schadet die USA mit diesen Maßnahmen nicht nur den von Zöllen betroffenen Nationen, sondern auch sich selbst. Sie sorgen damit für eine Preissteigerung von Aluminiumprodukten im eigenen Land, denn sie werden selbst bei einem Kapazitätsaufbau im eigenen Land nicht in der Lage sein, ihren Inlandsbedarf ohne Importe zu decken.“

Auch wenn sich die deutschen Exporte von Aluminium (Rohmetall und Halbzeug) zuletzt auf einem niedrigen Niveau bewegten – in den ersten elf Monaten des Jahres 2017 wurden 61.000 Tonnen in die USA geliefert – sollten Reuther zufolge mögliche negative Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft nicht unterschätzt werden. Die Umleitung von Metallströmen nach Europa könnte zu einem Überangebot von Produkten und Rohmaterial und einem Druck auf die Umarbeitungslöhne führen und damit Arbeitsplätze in Gefahr bringen.“ Reuther bezeichnet die Zölle als „populistisches Machtmittel, das dazu führen wird, dass in den USA mit zum Beispiel veralteten Anlagen wieder wirtschaftlich produziert werden kann. Hiermit werden Versäumnisse der letzten Jahrzehnte – nämlich nicht vorgenommene Investitionen in effiziente und wirtschaftliche Anlagen – durch künstliche Verteuerung von Importe egalisiert. Dies kann und wird kein erfolgreicher Weg sein, um wieder wirtschaftlich zu produzieren.“

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(EU-Recycling 04/2018, Seite 4)