Herbsttagung des Bureau of International Recycling (BIR): „Handelskriege und andere Hürden“

Während der Herbsttagung des Bureau of International Recycling (BIR), die im Oktober in London stattfand, war der Handelskrieg zwischen den USA und China ebenso ein Thema wie protektionistische Maßnahmen von Ländern im Hinblick auf Schrotteinfuhren.

Wenn Zwei sich streiten, freut sich noch lange nicht der Dritte. Diese Erkenntnis zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltungen mehrerer Fachsparten, denn die von den USA eingeleitete Erhöhung von Zöllen für Handelsgüter (Stahl- und Aluminiumimporte aus bestimmten Ländern) hat sowohl den freien Handel als auch die Märkte beeinträchtigt.

Es war deshalb nicht verwunderlich, dass dieses Thema auch bei der Sitzung der Fachsparte Eisen & Stahl entsprechenden Raum einnahm. Laut Gastredner Lee Allen, Analyst bei Fastmarkets (früher Metal Bulletin Group, Großbritannien), ist der US-amerikanische Schrottmarkt immer noch auf Exporte angewiesen. Allerdings bestehe auch eine Abhängigkeit seitens der Türkei von Schrottlieferungen aus den USA, so der Redner. Der durchschnittliche Anteil an Material, das aus den Vereinigten Staaten von Amerika stamme, habe im Zeitraum von Januar 2016 bis Mitte dieses Jahres 17,6 Prozent aller türkischen Schrottimporte betragen. Im August dieses Jahres sei diese Menge auf 20,3 Prozent gewachsen. Diese starke gegenseitige Abhängigkeit ist seiner Ansicht nach ein kritischer Faktor im Schrottmarkt. Die Bewegungen zeigten, dass die US-amerikanischen Marktpreise weiterhin in großem Maße von der Türkei beeinflusst werden.

Weil die Türkei nicht so stark auf Material aus Großbritannien angewiesen ist (im Juli wurden etwa zehn Prozent der Ausfuhren in die Türkei geliefert), haben die britischen Exporteure ihre Kundenbasis diversifiziert, informierte Lee Allen. Dies wurde von Rolf Willeke, Statistik-Beirat der Fachsparte, bestätigt. Nach den Angaben flossen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 443.000 Tonnen Schrott in Richtung Ägypten, was im Jahresvergleich eine Zunahme von 32 Prozent entspricht; die Ausfuhren nach Bangladesch sprangen um 200 Prozent in die Höhe und erreichten 192.000 Tonnen.

Marktaussichten in Europa

Veränderungen in den internationalen Handelsströmen als ein Ergebnis der herausfordernden protektionistischen Bedingungen und anderer Faktoren hätten gezeigt, dass sich die Schrottbranche anpasse und der Markt eine Ebene finde, bemerkte Tom Bird (Chiho Environmental Group, Hongkong), Interimspräsident der BIR-Fachsparte Eisen & Stahl. In seinem Bericht über den europäischen Schrottmarkt teilte er auch seine Einschätzung über die künftige Marktentwicklung mit. Danach geht er davon aus, dass dieses Jahr insgesamt positiv endet. Eine Prognose für 2019 ist seiner Meinung nach schwierig, zumal politische Einflüsse erwartet werden, die sich auf den Markt auswirken können.

Laut George Adams (SA Recycling, USA) war der Markt in den USA im August von sinkenden Schrottpreisen geprägt – eine Folge des starken Schrottaufkommens und eines Marktes, der nicht durch Exportpreise gestützt wurde. Wenn die Schrottverfügbarkeit in den kommenden Monaten zurückgehe, werde dies die Preise im vierten Quartal nach oben drücken, meinte Adams, der die Wirtschaft der USA als „gesund“ bezeichnete.

Rostfreie Stähle & Speziallegierungen: Schwankende Nickelpreise

Auch im Komitee Rostfreie Stähle & Speziallegierungen zeigten sich die Anwesenden nicht gerade glücklich über den Handelskrieg der USA mit China. Schon im „BIR World Mirror“ hatte der Vorsitzende des Komitees, Joost Van Kleef (Oryx Stainless B. V., Niederlande), darauf hingewiesen, dass die Betreiber der neuen Kapazitäten in Indonesien neue Märkte suchen, während die USA durch ihre Zollregeln das Material aus dem gegenwärtig boomenden amerikanischen Markt fernhalten. Außerdem berichtete er von einer hohen „Importdurchdringung“ von Edelstahl-Fertigprodukten in der EU. Ferner haben seinen Worten zufolge die neuen EU-Vorschriften für Verbrennungsmotoren Auswirkungen auf die Nachfrage nach Edelstahl-Anwendungen innerhalb des Abgassystems.

Während der Sitzung des Komitees trug Omar Al Sharif (Sharif Metals International, Vereinigte Arabische Emirate) die Zusammenfassung der Marktentwicklungen seit der Frühjahrstagung in Barcelona vor und konstatierte, dass die Bedenken wegen der Auseinandersetzungen zwischen den USA und China zusammen mit fallenden Rohmaterialpreisen für rostfreien Stahl nach wie vor ein Thema sind. Die US-amerikanischen Werke sind nach seinen Angaben in der Lage, eine hohe Schrott-Schmelz-Ratio aufrecht zu erhalten, und schienen zuversichtlich zu sein, das erforderliche Material zu beschaffen – und das zu historisch hohen Preisnachlässen bei Nickel.

Nachdem Nickel bei über 15.000 US-Dollar je Tonne gehandelt worden war, sei Anfang September der Preis für die gleiche Menge an der LME (London Metal Exchange) unter 12.300 US-Dollar gefallen und habe sich erst kürzlich bei 12.500 US-Dollar stabilisiert. An der LME sei der Preis für Kobalt von seinem durchschnittlichen Wert von 87.000 US-Dollar je Tonne im zweiten Quartal auf 56.000 US-Dollar pro Tonne gerutscht. Der Abwärtstrend hänge sowohl mit dem gesättigten chinesischen Sulfat-Markt als auch mit den höheren Konzentrat-Exporten der Demokratischen Republik Kongo zusammen, erläuterte der Marktkenner. Molybdän sei relativ stabil geblieben, zumal traditionelle Märkte wie die Raumfahrt für eine kontinuierliche Nachfrage sorgten.

Das Auf und Ab der Nickelpreise war das Thema von Gastredner Jim Lennon. Der Fachmann für Rohstoffe bei der britischen Macquarie Capital (Europe) Ltd erläuterte, dass die Preise aufgrund der starken Produktion von rostfreiem Stahl in den zurückliegenden Jahren angezogen haben. Darüber hinaus wachse die Verwendung von Nickel – ausgehend von einem niedrigen Niveau – um jährlich 30 bis 40 Prozent in Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos. Die aktuellen, „ziemlich intensiven“ Preisfluktuationen reflektieren nach seinem Urteil die Unsicherheiten aufgrund des Handelskrieges zwischen den USA und China. Dies werde sich so bald nicht ändern, ist Jim Lennon überzeugt. Für das Jahr 2019 sagte er voraus, dass der „Cash-Preis“ an der LME pro Tonne mehr als 16.000 US-Dollar erreichen könnte. Für das Jahr 2018 war im Metallhandel ein Preis von 13.800 US-Dollar prognostiziert worden.

Wie der Experte hervorhob, ist der Nickelmarkt bis auf weiteres nicht ausgeglichen, denn auf der Angebotsseite habe sich eine strukturelle Unterdeckung ergeben, obwohl der gesamte Bestand noch hoch sei. Neuesten Zahlen der Internationalen Studiengruppe Nickel zufolge soll der weltweite Nickelverbrauch im nächsten Jahr bei 2,422 Millionen Tonnen liegen und die globale Produktion im Umfang von 2,389 Millionen Tonnen übertreffen.

Im Hinblick auf die weltweite Nutzung von Nickel in rostfreien Stählen prognostizierte der Redner einen intensiveren Schrotteinsatz. Während im Jahr 2017 insgesamt 904.000 Tonnen Schrott in die Produktion flossen, soll sich die Schrottmenge in diesem Jahr auf 945.000 Tonnen erhöhen und im nächsten Jahr – vielleicht – 983.000 Tonnen erreichen. Allerdings scheint sich das Produktionswachstum im Hinblick auf rostfreie Stähle zu verlangsamen. Jim Lennon erwartet, dass – nach der Zunahme der weltweiten Erzeugung von 7,6 Prozent im Jahr 2016 und 6,7 Prozent im Jahr 2017 – die Menge in diesem Jahr um rund 3,4 Prozent und im kommenden Jahr um 2,6 Prozent angehoben wird.

NE-Metalle: „Zölle verursachen mehr Probleme als sie lösen“

Diese Ansicht vertrat während der Sitzung der Fachsparte NE-Metalle nicht nur Edward Meir, Direktor der amerikanischen Commodity Research Group. Nach dem Urteil des Gastredners sind Zölle ein „sehr stumpfes Instrument“ und können viele nicht beabsichtigte Konsequenzen haben. Er hält die Handelspolitik der US-Regierung für gefährlich und auf fehlerhaften Annahmen basierend, zumal aufgrund der verhängten Zölle beispielsweise Unternehmensinvestitionen abnähmen und Projekte gekündigt würden. Ein Opfer sei der US-amerikanische Schrott. Eine weitere Folge sei die schwierigere Einschätzung der weiteren Entwicklung. Für das Jahr 2019 nimmt er an, dass der Aluminium-Preis zwischen 1.910 und 2.380 US-Dollar pro Tonne liegen wird. Den möglichen Wert einer Tonne Kupfer siedelt er im Bereich von 5.600 bis 7.200 US-Dollar an, vorausgesetzt, es gebe eine Art von „Frieden“ im aktuellen Handelskrieg.

Die Turbulenzen der jüngsten Zeit beunruhigen auch David Chiao (Uni-All Group Ltd, USA), Präsident der Fachsparte. Die Branche bewege sich auf einen Sturm zu, zeigte er sich im jüngsten „BIR World Mirror“ NE-Metalle überzeugt. In diesem Zusammenhang unterstrich er, dass die Unternehmen der Qualität des von ihnen gehandelten Materials mehr Aufmerksamkeit widmen sollten. Ansonsten bestehe die Gefahr von Importrestriktionen in Ländern, die dem chinesischen Vorbild folgen.

Wie Mogens Christensen (H.J. Hansen Recycling Industry Ltd, Dänemark) in seinem Marktbericht konstatierte, haben Chinas Importbeschränkungen und die Auseinandersetzungen mit den USA zur Folge, dass mehr amerikanischer Aluminiumschrott in mexikanische Umschmelzwerke gelangt. Gleichzeitig sei die Nachfrage nach Kupfer und Messing stark, denn die chinesischen Verbraucher versuchten das früher aus den USA bezogene Material zu ersetzen. In Indien, wo die Unternehmen der Sekundärmetallerzeugung weitgehend auf Importe angewiesen sind, hat die schwächere Währung negative Auswirkungen.

-Brigitte Weber-

Foto: pixabay

(EU-Recycling 11/2018, Seite 20)

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