Fast Fashion: Lösen Gebühren das Problem?

Das diskutierte der 8. Internationale Alttextiltag im Mai in Fulda: Die Auswirkungen des Fast-Fashion-Trends nehmen existenzbedrohliche Züge in der Alttextilbranche an. Experten sehen einen Ausweg nur über die Textilindustrie. Diese müsste in Zukunft für ihre Produkte – auch nach dem Verkauf – mehr Verantwortung übernehmen.

Eine textile Kreislaufwirtschaft erfordert das Zusammenspiel aller Akteure und eine internationale Vernetzung der Branche, machte bvse-Vizepräsident Martin Wittmann deutlich: „Die Textilrecyclingunternehmen sind ein wichtiger Teil der textilen Kreislaufwirtschaft. Rund die Hälfte der gesammelten Alttextilien wird wiederverwendet, die Recyclingquote insgesamt liegt bei starken 90 Prozent. Jedoch kann unser hochwertiges, sinnvolles System des Textilrecyclings in Zukunft nur gemeinsam mit allen großen Playern der textilen Kreislaufwirtschaft, der Textilindus­trie, der staatlichen Abfallwirtschaft, den gemeinnützigen Sammlern und auch den Verbrauchern gesichert und weiterentwickelt werden.“

Ein Zukunftsszenario, das niemand will

Für die Unternehmen der Alttextilbranche gibt es derzeit keinen Grund, optimistisch in die Zukunft zu sehen. „Das Masse-statt-Klasse-Prinzip der sich am Markt immer weiter ausdehnenden Textildiscounter bringt das kostenfreie privatwirtschaftliche System der Altkleiderverwertung allmählich ins Wanken“, erklärte Wittmann. Seit Monaten sind die Sammelmengen von Alttextilien überdurchschnittlich hoch. Die Lager der Textilrecycler laufen voll – und das mit Sammelware von äußerst minderwertiger Qualität. Immer mehr Unternehmen sind aufgrund begrenzter Lagerflächen gezwungen, sich der Abwärts-Preisspirale für Sammelware zu beugen, um die Ware überhaupt noch loszuwerden. Hinzu kommen zusätzliche Kosten, die die Kalkulation belasten, beispielsweise für die Beseitigung von Fremdstoffen und querkontaminierten Textilien, für die es keinen anderen Weg als die Müllverbrennung gibt.

Wenn es dazu kommt – und wahrscheinlich ist es, dass die erzielbaren Preise am Markt geringer sind als die Kosten für die Erfassung und Verwertung –, führt dies über kurz oder lang zu einer existenzbedrohlichen Situation für viele Sammler und Sortierer. „Die Aussicht, dass die Unternehmen sich gezwungen sehen, ihre Geschäfte aufzugeben und Alttextilien dann wieder zunehmend in die Reißerei oder in die Verbrennung gehen, wäre ein Zukunftsszenario, das niemand will“, warnte Wittmann. Auch entspräche dies nicht der Hierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Insgesamt muss ein Anreiz geschaffen werden

Einen Ausweg sieht Wittmann nur mit und über die Textilindustrie. Diese müsse in Zukunft für ihre Produkte auch nach dem Verkauf mehr Verantwortung übernehmen. „Anstelle einer staatlichen Regelung befürworten wir ein privatwirtschaftlich organisiertes System mit freiwilliger Selbstverpflichtung“, schlug Wittmann vor.

So wäre denkbar, dass sich die Textilindustrie über eine Gebühr – im Rahmen der auch im Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgesehenen erweiterten Produktverantwortung – an den Kosten für die Sammlung und die Sortierung ihrer eigenen Produkte beteiligt. Zielführend sei darüber hinaus eine (Selbst-)Verpflichtung, den Neutextilien mindestens eine bestimmte Quote von Recyclingmaterial beizumischen, um das Faserrecycling zu fördern. Insgesamt muss ein Anreiz geschaffen werden, die Herstellungsqualität allgemein zu verbessern und damit die Wiederverwendbarkeit der Produkte zu erhöhen. „Hierzu haben wir bereits den Dialog mit allen Beteiligten aufgenommen und werden diesen demnächst noch weiter vertiefen, um gemeinsam Lösungen zu finden“, versicherte bvse-Vizepräsident Martin Wittmann.

Foto: bvse

(EU-Recycling 08/2019, Seite 5)

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