WtE-Anlagen: Das Marktgeschehen in Europa nimmt wieder zu

In den kommenden fünf Jahren werden voraussichtlich 50 zusätzliche thermische Abfallbehandlungsanlagen mit einer Kapazität von 18 Millionen Jahrestonnen in Betrieb gehen.

Der Markt für thermische Abfallverwertungsanlagen entwickelt sich weiter stark. Schätzungsweise 2.510 Anlagen mit einer Kapazität von 384 Millionen Jahrestonnen sind derzeit weltweit in Betrieb. Das Beratungsunternehmen ecoprog geht davon aus, dass bis Ende 2028 der Anlagenbestand auf rund 2.700 Anlagen wächst und sich die globalen Behandlungskapazitäten in einer Größenordnung von 530 Millionen Jahrestonnen bewegen.

Dabei dürfte China das weltweite Marktvolumen weiterhin dominieren, auch wenn vor dem Hintergrund der jüngsten chinesischen Bemühungen um eine Ausweitung der stofflichen Verwertung sowie eines rückläufigen Wirtschaftswachstums mittelfristig ein Rückgang des Zubaus von Anlagen in der Müllverbrennung erwartet werden kann. Andere Länder wie Indien oder Indonesien werden das rückläufige chinesische Marktvolumen ab etwa 2025 vermutlich nur in Teilen kompensieren können. In Europa ist in den kommenden Jahren hingegen mit einer steigenden Zahl an Inbetriebnahmen zu rechnen.

UK: Hält der EBS-Exportboom an?

Die Hauptursache hierfür ist die EU-Abfallpolitik. Diese führt interessanterweise zu einem neuerlichen Boom ausgerechnet in jenem Land, das die Europäische Union in 2020 verlassen wird. So hat das Vereinigte Königreich unter anderem für die Umsetzung der EU-Deponierichtlinie die Deponiesteuer im eigenen Land massiv erhöht. Die Folge war ein Anwachsen der Exporte von Ersatzbrennstoff (EBS) auf 3,4 Millionen Tonnen in 2018. Ab 2020 werden diese Exporte durch neue Steuern in den wichtigsten Zielländern Niederlande und Schweden deutlich erschwert. Als Folge steigt der Druck, neue Kapazitäten im eigenen Land zu errichten. Auch in Polen sorgt die gestiegene Deponiesteuer schon heute für einen höheren Entsorgungsdruck. Weitere Länder wie Frankreich oder Spanien haben höhere Deponieabgaben bereits beschlossen oder diskutieren solche.

Vor allem das Kreislaufwirtschaftspaket der EU wird für einen weiteren Bedarf an thermischen Behandlungskapazitäten sorgen. Bis 2035 soll die Deponierung von Siedlungsabfällen auf zehn Prozent beschränkt werden, und zwar nach neuer statistischer Berechnung entsprechend des Output-Kriteriums. Dieses setzt auch jene Länder unter Druck, die über einen hohen Anteil an Mechanisch-Biologischen-Anlagen (MBA) bereits umfangreich in die Vorbehandlung gemischter Abfälle investiert haben. Hierzu zählen etwa Spanien, Frankreich, Italien oder Polen. Deren Abfallstatistik dürfte bereits in 2027 deutlich anders aussehen, wenn die Recyclinganteile von MBA in der Statistik herabgestuft werden.

Wie können die Recyclingziele erreicht werden?

Selbst wenn die angepeilte EU-Recyclingquote von 65 Prozent in 2035 erreicht werden sollte, würde dieses eine Notwendigkeit zusätzlicher Kapazität in der thermischen Abfallbehandlung in der EU bedeuten. Der Branchenverband CEWEP schätzt deren Höhe auf rund 40 Millionen Jahrestonnen. ecoprog hält diese Zahl für vergleichsweise defensiv, da in dieser Berechnung etwa von keiner ansteigenden Bevölkerung ausgegangen wird. Zudem ist das Erreichen der Recyclingziele derzeit sehr unsicher. Anders als im Fall der Deponierung ist beim Recycling derzeit weitgehend unklar, mit welchen Instrumenten diese Quoten erreicht werden können. Dieses gilt auch für Länder wie Deutschland oder Österreich.

„Wir gehen davon aus, dass allein Quoten für Rezyklate die Aussicht bieten, die anvisierten Recyclingziele zu erreichen“, erklärt ecoprog-Geschäftsführer Mark Döing. „Bislang werden solche Quoten allerdings lediglich diskutiert – beschlossen sind sie nicht. Anders als die bisherige Abfallpolitik der EU würden solche Rezyklat-Quoten nicht nur die Abfallwirtschaft betreffen, sondern fast alle Branchen. Entsprechend hoch erwarten wir die Widerstände gegen die Einführung. Aus diesem Grund gehen wir für die kommenden zehn Jahre von keiner materiellen Umsetzung aus.“

Das größte Problem

Erst einmal kann die Abfallverbrennung somit von der Beschränkung der Deponierung in Europa profitieren, wohingegen Recycling-Bemühungen die Abfallmengen zur Verbrennung nur unwesentlich mindern. Das größte Problem der WtE-Branche in Europa ist deshalb auch weniger der Markt als vielmehr geeignete Standorte und politische Widerstände in einigen Ländern. Döing glaubt, dass der Zubau an Verbrennungskapazitäten mit dem Bedarf nicht Schritt halten wird: „Für die Betreiber bestehender Anlagen in Europa ist das natürlich grundsätzlich eine sehr gute Nachricht.“ Die Untersuchung „Waste to Energy“ von ecoprog wird jährlich aktualisiert. Sie ist die weltweit umfangreichste Marktuntersuchung und Datensammlung zum Thema thermische Abfallverwertung.

Die aktuell zwölfte Auflage 2019/2020 ist verfügbar unter: www.ecoprog.de/publikationen/abfallwirtschaft/waste-to-energy/

(EU-Recycling 02/2020, Seite 18, Foto: Zweckverband Abfallwirtschaft Raum Würzburg / abfallbild.de)

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