Vergärung von Bioabfällen: Wachsender Markt in Europa

Das Kölner Beratungsunternehmjen ecoprog GmbH geht davon aus, dass bis 2030 Kapazitäten für die Vergärung kommunaler Bioabfälle in einer Größenordnung von rund 8,1 Millionen Jahrestonnen errichtet werden. Hinzu kommen Kapazitäten für die Behandlung gewerblicher Bioabfälle.

Der wesentliche Grund für dieses Wachstum sind Vorgaben für die verbindliche Getrenntsammlung für Bioabfälle in der EU ab 2024 sowie der Boom auf dem Biomethanmarkt. In Europa sind derzeit geschätzt 960 Bioabfallvergärungsanlagen (BAV) in Betrieb. Hierbei handelt es sich um Biogasanlagen, die mehrheitlich organische Abfälle aus der organischen Haushaltssammlung sowie aus gewerblichen Quellen behandeln. Zu letzteren zählen vor allem Betriebe aus der Nahrungs- und Futtermittelindustrie, der Gastronomie oder dem Handel. Geschätzt behandeln rund 500 dieser Anlagen primär gewerbliche Bioabfälle und rund 370 primär getrennt gesammelte kommunale Abfälle. An Standorten der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung vergären gut 90 BAV Bioabfälle, die als Teil des Restmülls eingesammelt worden sind. Grundsätzlich ist die Abgrenzung zwischen BAV für gewerbliche und kommunale Abfälle in vielen Ländern fließend.

Der Input für alle BAV wird von ecoprog auf rund 46 Millionen Jahrestonnen geschätzt. Davon entfallen 27,5 Millionen Jahrestonnen auf BAV für gewerbliche Bioabfälle und 14,2 Millionen Jahrestonnen auf BAV für kommunale Abfälle. 4,4 Millionen Jahrestonnen behandeln BAV an MBA-Standorten. Für kommunale Anlagen erwartet ecoprog bis 2030 einen Zubau in einer Größenordnung von 8,1 Millionen Jahrestonnen. Diese Zubaumenge wird ergänzt um weitere Potenziale, insbesondere im Bereich der Vergärung gewerblicher Abfälle. Insgesamt hat das Beratungsunternehmen Anfang 2022 Kenntnis von rund 250 BAV-Projekten in Europa, davon 75 mit einem Schwerpunkt auf kommunalen Abfällen.

Europäische Abfall- und Energiepolitik als Treiber
Für dieses Marktwachstum existieren im Wesentlichen zwei Treiber. Bei dem ersten handelt es sich um das Abfallrecht der EU, welches die Einführung einer verpflichtenden Getrenntsammlung für Bioabfälle in der EU ab 2024 vorsieht. Weiterhin müssen entsprechend der 2018 novellierten EU-Abfallrahmenrichtlinie bis 2025 mindestens 55 Prozent der kommunalen Abfälle recycelt werden. Dieses Ziel steigt bis 2030 auf 60 Prozent und bis 2035 auf 65 Prozent. Die Ausweitung der organischen Haushaltssammlung zählt in praktisch allen EU-Ländern zu den wichtigsten Instrumentarien zur Umsetzung dieser Recyclingziele. Der zweite wichtige Treiber ist die EU-Politik und der Ausbau Erneuerbarer Energien. Dabei kommt Biomethan – also dem zu Erdgas-Qualität aufbereiteten Biogas – eine besondere Rolle zu. Während Biogas in der Vergangenheit zumeist primär zur Stromgewinnung genutzt wurde, wächst aktuell die Bedeutung von Biomethan als Kraftstoff und für den Wärmemarkt. Anders als im Strommarkt sind hier die Alternativen zu fossilen Quellen begrenzt – und das galt schon vor der veränderten politischen Lage und den gestiegenen Kosten für Erdgas als Folge des Krieges in der Ukraine.

Vor allem der Boom bei kommunalen BAV wird auch Auswirkungen auf die Anlagentechnik haben. So geht ecoprog von einer zunehmenden Entflechtung der Vergärung von kommunalen und gewerblichen Bioabfällen aus. Diese ist die Folge einer Zunahme kommunaler Projekte, aber auch von steigenden technischen Anforderungen an den Vergärungsprozess, etwa im Hinblick auf die nachgelagerte Kompostierung von Gärresten oder den Anteil der Fremdstoffe im Anlagen­-Output.

Die „Marktstudie Bioabfallvergärung in Europa“ kann ab sofort unter www.ecoprog.de bestellt werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2022, Seite 32, Foto: Reinhard Weikert / abfallbild.de)