Basel Konvention, Hong Kong Konvention oder EU 1257/2013?

Die Verschrottung von Schiffen ist mit vielfachen Auflagen belegt, die sich teilweise überschneiden und jeweils spezifische Schwächen aufweisen. Knackpunkt in allen Richtlinien ist die adäquate Entsorgung von Gefahrstoffen und deren Einhaltung. Erst kürzlich lieferten die verschiedenen Vorschriften auf dem 8. Schiffsrecycling-Kongress am 29. und 30. Januar Diskussionsstoff.

Bereits im Jahr 1989 verabschiedete das United Nations Environmental Program (UNEP) die Baseler Konvention über die „Kontrolle grenzüberschreitender Bewegungen von gefährlichen Abfällen und deren Entsorgung“. Sie trat 1992 in Kraft und soll den internationalen Handel mit Gefahrstoffen und damit auch das Abwracken von Schiffen regulieren, die für gewöhnlich belastete Materialien enthalten. Obwohl diese Regelung auf das Gebiet der Europä­ischen Union abwendbar ist, können die Kontrollen dadurch umgangen werden, dass der Schiffseigner den lokalen Behörden verschweigt, dass er das Schiff stilllegen lassen will, vorgibt, es überholen zu lassen, und es nach Südostasien überführen lässt, wo es am Strand unter umweltschädigenden und gefährlichen Bedingungen zerlegt wird.

Kein Beaching-Verbot

Als Gegenentwurf zum Baseler Abkommen brachte die Internationale Meeres Organisation (IMO) im Mai 2009 die Hong Kong Konvention für sicheres und umweltverträgliche Schiffsrecycling auf den Weg. Sie wurde unter anderem vom UN-Sonderberichterstatter zu Auswirkungen von Umweltverschmutzung auf die Menschenrechte, der EU und etlichen NGOs heftig kritisiert. Nach Darstellung der NGO Shipbreaking Platform verbietet die Übereinkunft kein Auf-den-Strand-Setzen (beaching) und gibt – ohne Übereinstimmung mit nationalen Standards – keinerlei Auflagen für den Umgang mit den gewonnenen Gefahrstoffen vor.

Zudem überlässt sie den jeweiligen Flaggenstaaten die Gesetzgebung, sodass durch Umsteigen auf Flaggen der grauen oder schwarzen Liste die Vorgaben umgangen werden können. Das beschert Norm-unterschreitenden Werften, Barzahlungskäufern und Inhabern von Billigflaggen Extra-Profite. Bislang haben 14 Staaten das Übereinkommen ratifiziert: Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Indien, Japan, Malta, die Niederlande, Norwegen, Panama, Republik Kongo, Republik Serbien und die Türkei. Noch wurden aber die Bedingungen, um die Konvention in Kraft treten zu lassen, nicht erfüllt.

Verordnet: Abfall-Verbringung und Schiffsrecycling

Die Abfall-Verbringungs-Verordnung der EU mit der Nummer 1013/2006 soll die Umsetzung der Baseler Konvention und des Baseler Exportverbots-Zusatzes in europäisches Recht gewährleisten. Sie untersagt alle Ausfuhren von gefährlichen Abfällen in Nicht-OECD-Staaten sowie alle Ausfuhren zur Abfallbeseitigung außerhalb von EU und EFTA und gilt seit dem 12. Juli 2007.

Die europäische Schiffsrecycling-Verordnung 1257/2013 trat am 30. Dezember 2013 in Kraft. Danach sollen ab Jahresende 2018 alle Handelsschiffe über 500 Gigatonnen, die unter EU-Flagge fahren, in sicheren und umweltverträglichen Docks recycelt werden. Die EU führt hierfür eine aktualisierte Liste der auditierten und zugelassenen Einrichtungen. Die Auflagen der Verordnung für das Recycling von Abwrack-Schiffen gehen über die Vorgaben der Hong Kong Konvention hinaus, da sie die Methode des Auf-den-Strand-Setzens verbieten und Bestimmungen zur Minderung gefährlicher Abfälle und zu Arbeitnehmerrechten enthalten. Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, unterliegen Schiffe, die unter die Schiffsrecycling-Verordnung fallen, nicht mehr der Abfall-Verbringungs-Verordnung. Zu verschrottende Schiffe mit Nicht-EU-Flagge, die sich in europäischen Gewässern befinden, sind nach wie vor von der Abfall-Verbringungs-Verordnung betroffen. Auch müssen europäische Schiffe ebenso wie Schiffe, die unter der Flagge eines Drittstaates fahren, zusätzlich eine Inventarliste gefährlicher Materialien an Bord führen.

Der Baseler Exportverbots-Zusatz

Seit dem 5. Dezember 2019 ist der Baseler Exportverbots-Zusatz internationales Recht, unterzeichnet von mittlerweile 98 Nationen. Diese Ergänzung der Baseler Konvention untersagt den Export von Sonderabfällen aus Ländern der Europäischen Union, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie Liechtenstein in alle anderen Länder. „Angesichts der stetigen Ausfuhren an unerwünschtem Elektroschrott, Plastikabfällen und schrottreifen Schiffen aus dem Norden nach Asien und Afrika wird das Verbot heute als genauso wichtig angesehen wie vor 30 Jahren, als die Schiffe mit Fässern voller toxischer Abfälle ihre tödliche Fracht an den Stränden afrikanischer oder lateinamerikanischer Länder abluden“, erklärt Jim Puckett, seit 30 Jahren für das Basel Action Network aktiv und nun sein Geschäftsführer.

Doch er warnt auch davor, dass die Elektronikindustrie und die Schifffahrtsgesellschaften nun versuchen, den Geltungsbereich des Exportverbots aufzuweichen, um ihre Produkte aus den Beschränkungen herauszuhalten. Die Elektronikhersteller würden Anstrengungen unternehmen, damit ihre funktionsuntüchtigen Geräte als Nicht-Abfälle oder als möglicherweise reparabel bezeichnet werden. Und die Schifffahrtsunternehmen seien laut schreiend von den Baseler Auflagen für veraltete Schiffe zur Hong Kong Konvention übergelaufen, die speziell dafür entworfen worden sei, um belastete Schiffe weiterhin an den Stränden Südasiens zu entsorgen. Außerdem stünden eine Reihe von Staaten noch nicht auf der Befürworterliste für das Exportverbot: die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Südkorea, Russland, Indien, Brasilien und Mexiko.

(EU-Recycling 03/2020, Seite 6, Foto: hit1912 / stock.adobe.com)