Thermische Abfallbehandlung: Anlagen bis 2040 weiter voll ausgelastet

Die Abfallmärkte verschieben sich, aber die Menge der Abfälle, die verbrannt werden müssen, bleibt unterm Strich fast gleich. Das ist ein zentrales Ergebnis der Prognos-Studie „Perspektiven der thermischen Abfallbehandlung – Roadmap 2040“, die die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlung in Deutschland (ITAD) in ihrer Online-Jahrespressekonferenz am 18. August vorgestellt hat.

„Auch wenn sich die Stoffkreisläufe ändern, bleiben die Thermischen Abfallbehandlungsanlagen ein Grundpfeiler der deutschen Kreislaufwirtschaft“, erklärte dazu Prof. Martin Faulstich von der technischen Universität Dortmund und Mitautor der Studie. So werde zwar unter anderem durch umfassenderes Recycling das Müllaufkommen geringer. Das würde aber durch andere Faktoren, etwa den demografischen Wandel, fast vollständig aufgehoben.

Ein weiterer Grund sind neue rechtliche Vorgaben aus dem Chemikalienrecht, durch die weitere Stoffe aus dem Recycling ausgeschleust und verbrannt werden müssen, darunter Materialien, die zum Beispiel langlebige organische Schadstoffe (POP) wie Flammschutzhemmer enthalten. Auch müssen thermische Abfallbehandlungsanlagen die Kapazitäten aufnehmen, die bisher in Kohlekraftwerken mitverbrannt wurden.

Foto: AVG Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln mbH

Multifunktionale Infrastruktur­einrichtung für den Klimaschutz
Ein weiteres Ergebnis der Studie: „Thermische Abfallbehandlungsanlagen spielen eine zunehmend wichtige Rolle beim Klima- und Ressourcenschutz und entwickeln sich heute zu multifunktionalen technischen Infrastruktureinrichtungen“, erklärte Carsten Spohn, Geschäftsführer der ITAD.

Beispiel Energieerzeugung: 2019 haben die Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland über zehn Gigawattstunden (GWh) Strom produziert sowie 12,4 GWh Prozessdampf und 9,6 GWh Fernwärme zur Verfügung gestellt. In Zukunft könnten sie vermehrt auch Wasserstoff erzeugen und damit die deutsche Wasserstoffstrategie unterstützen. Rechnet man das Recycling von Metallen hinzu, haben thermische Abfallbehandlungsanlagen 2019 damit über fünf Millionen Tonnen CO2eq Treibhausgase eingespart. So wurden 2019 bei den 81 Mitgliedsanlagen der ITAD und deren Aufbereitern über 460.000 Tonnen reine Metalle recycelt. Auch die Schlacken aus der Müllverbrennung werden als Ersatzbaustoffe für technische Baustoffe aufbereitet. Auch beim Recycling bleibt die Müllverbrennung ein wichtiger Baustein. Spohn: „Hochwertiges Recycling ist nur möglich, wenn Nicht-Verwertbares und Schadstoffe aus den Kreisläufen ausgeschleust werden. Mit der thermischen Abfallbehandlung entziehen wir den Stoffströmen kontinuierlich die Schadstoffe.“

Geringe Modernisierungskosten über 20 Jahre
Aktuell gibt es in Deutschland 100 thermische Abfallbehandlungsanlagen mit 200 Verbrennungslinien. Thermische Abfallbehandlungsanlagen müssen dem aktuellen Stand der Technik und des Umweltrechts entsprechen; dafür werden sie regelmäßig gewartet, optimiert und angepasst. Nicht zuletzt deswegen ist der Anlagenpark insgesamt in einem guten Zustand. Ein Austausch der Grundsubstanz wird erst nötig, wenn die Grundsubstanz, etwa der Kessel oder die Rauchgasreinigung, ein bestimmtes Alter erreicht haben. Bis 2040 sieht die Prognos-Studie dafür einen Modernisierungs- und Erhaltungsbedarf von rund elf Milliarden Euro – pro Bürger und Jahr sieben Euro.

„Thermische Abfallbehandlungsanlagen spielen in der örtlichen Infrastruktur eine wesentliche Rolle an vielen Schnittstellen zu anderen Infrastrukturbereichen. Wir müssen heute durch kontinuierliche Instandhaltung und Modernisierung dafür sorgen, dass sie ihre vielfältigen Aufgaben in Zukunft wahrnehmen können“, konstatierte Carsten Spohn. Die Studie und der Jahresbericht 2019 sind auf der ITAD-Webseite zu finden.

www.itad.de

(EU-Recycling 09/2020, Seite 30, Foto: MVA Weisweiler GmbH & Co. KG)

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