Der Wald, das Abfallholz und seine Verwertung

110 Teilnehmer zählten die Organisatoren des BAV-Altholztages 2020, den der Bundesverband der Altholzaufbereiter und -verwerter e. V. in Bad Neuenahr veranstaltete.

„Nicht nur die spannenden Vortragsthemen, sondern auch der Austausch zwischen den Branchenvertretern machen den Reiz der Veranstaltung aus“, so Dieter Uffmann, Vorstandsvorsitzender des BAV, in seiner Begrüßung. Auch zeige der Altholztag, dass die Durchführung von Präsenzveranstaltungen mit entsprechenden strengen Hygienekonzepten möglich sei. „Vor diesem Hintergrund freuen wir uns in diesem Jahr besonders über den großen Zuspruch aus der Branche.“

Mit Informationen über die „Entwicklung des Schadholzaufkommens in Deutschland“ eröffnete Steven Dörr, Referent Forstwirtschaft bei der Arbeitsgemeinschaft der Waldbesitzerverbände (AGDW), den Vortragsreigen. Wie er betonte, nimmt das Schadholzaufkommen in deutschen Wäldern aufgrund von „klimawandelbedingten Extremwetterereignissen“ zu. Gemeint sind Stürme und Orkane, Starkniederschläge und Hochwasser wie auch Dürre und Hitze, aber auch Waldbrände, die sich gerade in jüngster Zeit häufiger einstellen. Hinzu kommt, dass die durch Wind und Trockenheit geschwächten Baumbestände die idealen Voraussetzungen für die Vermehrung von Insekten bieten, die den Wald schädigen. Während Borkenkäfer oft Nadelbäume befallen und sie zum Absterben bringen, fressen beispielsweise die Raupen des Schwammspinners Eichenblätter.

Allein im Jahr 2018 betrug die Schadholzmenge 35,7 Millionen Kubikmeter. Ein Jahr später war dieses Volumen um 69,6 Millionen Kubikmeter angewachsen und erhöhte sich in diesem Jahr um weitere 55 Millionen Kubikmeter. Laut Dörr beträgt die kumulierte Schadholzmenge von 2018 bis 2020 etwa 178.000.000 Kubikmeter, was einer Fläche von 285.000 Hektar entspricht, die größer als das Saarland ist. Die höchste Schadensintensität liegt den Angaben zufolge im sogenannten Kummerband, das Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Thüringen umfasst. Gleichzeitig sind die Forstschutzmaßnahmen (Abtransport des Schadholzes, Aufarbeitung der durch Insekten geschädigten Flächen) an ihre Grenzen gestoßen, da unter anderem die Lagerkapazitäten erschöpft sind. Diese Situation und die Coronavirus-Pandemie wirken sich auch auf den Holzmarkt in Deutschland aus, denn die Preise aller Sortimente sind stark zurückgegangen. Gleichzeitig sorgen Importe (beispielsweise aus Tschechien) für mehr Holz auf dem Markt, während Exporte durch die Pandemie stark eingeschränkt sind. Um den Holzmarkt zu entlasten, setzt sich die AGDW politisch dafür ein, dass die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den zeitlich begrenzten Einsatz von Schadholz in Krisenzeiten als Regelbrennstoff geschaffen werden.

Abfall-Ende naturbelassener Hölzer
Roman Adam vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) stellte das aktuelle Forschungsvorhaben „Abfall­Ende: Abfall-Ende-Eigenschaft naturbelassener, holziger Reststoffe durch Aufbereitungsverfahren und Qualitätssicherung“ vor. Im Rahmen des Projektes (Laufzeit: November 2019 bis Ende April 2022) sollen unter anderem die Abfall-Ende- und Produkteigenschaften von A I-Altholz, Straßenbegleitholz, Pflegeholz und holzigem Siebüberkorn aus der Kompostierung abgeleitet werden. Ziel ist, dass die Ergebnisse im Rahmen der Erstellung einer entsprechenden Verordnung für holzige Rest- und Abfallstoffe Berücksichtigung finden.

Der BAV-Altholztag führte 110 Teilnehmer nach Bad Neuenahr (Foto: BAV)

Wie der Referent hervorhob, gibt es für diese Holzsorten bislang keine entsprechende Regelung nach Art. 39 Abs. 2 AbfRRl oder § 5 Abs. 2 KrWG. Ein Aufbereiter müsse im Einzelfall gegenüber der Behörde die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG nachweisen. Zudem gebe es bislang keine Gerichtsentscheidung „für irgendeinen holzigen Reststoffstrom“. Um unter anderem Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsungleichheit zu beseitigen, sei eine Verfahrensdefinition in einem Regelwerk erforderlich, unterstrich Roman Adam. Zur Überprüfung der Umweltverträglichkeit des naturbelassenen Holzes sei eine mechanische Aufbereitung von 25 Tonnen je Sortiment vorgesehen. Der rechtliche Rahmen könnte nach den Vorstellungen dann durch die Erstellung einer Abfall-Ende-Verordnung für holzige Rest- und Abfallstoffe abgesteckt werden.

Altholzverordnung und Gesetzesvorhaben
Dr. Claus-André Radde, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, berichtete über den aktuellen Stand zur Novellierung der Altholzverordnung. Insgesamt hatten zehn Länder und 14 Verbände Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf vom 24. April dieses Jahres eingereicht. Grundsätzlich habe es „hohe Zustimmung zu Art und Weise der Regelungssystematik und auch zum Inhalt der Regelungen“ gegeben, aber erwartungsgemäß auch Änderungsvorschläge und Hinweise. So würden beispielsweise die Recyclingquoten, die im Jahr 2023 bei 40 Prozent und 2025 bei 60 Prozent liegen sollen, als nicht ambitioniert genug angesehen. Der Vorrang der stofflichen Verwertung wird auch für die Altholz-Kategorie A II (verleimtes, gestrichenes, beschichtetes, lackiertes oder anderweitig behandeltes Altholz ohne halogenorganische Verbindungen, insbesondere Polyvinylchlorid (PVC) und ohne Schwermetalle in der Beschichtung, ohne Holzschutzmittel) gewünscht. Wie Radde unterstrich, würde dann der Gleichrang von stofflicher und energetischer Verwertung nur für die Altholz-Kategorien A III und A IV gelten.

 

Titandioxid in Abfällen
Anfang des Jahres stufte die Europäische Kommission das Weißpigment Titandioxid als krebserregend beim Einatmen ein. Gregor Franßen, Kopp-Assenmacher & Nusser Rechtsanwälte, leitete in seinem Vortrag die Folgen für die Abfallbewirtschaftung ab. Eine Einstufung als gefährlich kommt seiner Ansicht nach jedoch erst dann in Betracht, wenn in einem Abfallgemisch mindestens 10 Gramm pro Kilogramm (g/kg) Titandioxid enthalten sind, vorausgesetzt, es handelt sich um Gemische in Form von Pulver mit einem Gehalt von mindestens einem Prozent Titandioxid in Partikelform oder eingebunden in Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser ≤ 10 Mikrometer. Laut Franßen ist Sperrmüll mit der Abfallschlüsselnummer 20 03 07 eine nicht gefährliche Abfallart. Auch bei Holzabfällen aus der Möbelproduktion geht er davon aus, dass aufgrund des großen Holzanteils die Ein-Prozent-Grenze nicht überschritten werden dürfte.

 

Im Hinblick auf die Eigenkontrolle von Altholz zur Holzwerkstoffherstellung werde vereinzelt ein Qualitätssicherungssystem/Gütesiegel gefordert. Klärungsbedarf sieht Radde noch bei der Frage, ob private Haushalte aus dem Geltungsbereich der Altholzverordnung ausgenommen werden sollen. Auch wird noch diskutiert, ob die Parameter PCB, Quecksilber und Arsen bei den Grenzwerten für die stoffliche Verwertung gestrichen werden könnten. In diesem Zusammenhang ist aus BAV-Sicht „besonders erfreulich“, dass der vom Verband geforderte Wegfall der Chargenhaltung nun doch geregelt werden soll. Es ist geplant, den Referentenentwurf noch in diesem Jahr vorzulegen; das formale Verfahren ist für 2021 vorgesehen.

Prof. Hartmut Gaßner, GGSC – Gaßner, Groth, Siederer & Coll., gab einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen rund um das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das eine CO2-Bepreisung von Brennstoffen vorsieht. Ab 2021 seien die Inverkehrbringer von Brennstoffen verpflichtet, an einem Emissionshandelssystem teilzunehmen, informierte er. Hierbei müssten für die Brennstoff-Emissionen Zertifikate erworben und abgegeben werden. Laut Gaßner scheint nach derzeitigem Kenntnisstand eine BEHG-Pflicht für Altholz eher nicht beabsichtigt zu sein, zumal mehrere Gründe dagegensprächen. Er gab aber auch zu bedenken, dass Änderungen in aktuellen Gesetzgebungsverfahren immer möglich sind und beispielsweise durch eine Änderung des Anwendungsbereichs Einbeziehungen oder Ausnahmen vorkommen können.

Der Gesetzgeber hat aktuell den Referentenentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt. Thomas Schmidmeier, Schmidmeier NaturEnergie, gab einen Ausblick zu möglichen Auswirkungen des EEG-Förderendes. Für den Unternehmer steht fest, dass EEG-Strom aus Biomasse politisch immer noch nicht ausreichend wertgeschätzt wird. Zunehmend Anerkennung erfahre aus seiner Sicht hingegen die Prozess- und Fernwärme aus Biomasse. Insbesondere die Nachfrage nach Prozesswärme aus A I- und A II-Altholz ist laut Schmidmeier in den letzten Monaten gestiegen. Die Realisierung entsprechender Projekte werde derzeit durch staatliche Fördermittel unterstützt.

(EU-Recycling 11/2020, Seite 10, Autorin: Brigitte Weber, Foto: O. Kürth)

 

 

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