Nutzung von Nebenprodukten in der EU verbindlich regeln

Ein neues Rechtsgutachten sieht Handlungsbedarf bei europä­ischem Vergaberecht.

Um die umweltpolitischen Vorhaben erfolgreich umsetzen zu können, sollte das europäische Vergaberecht durch verbindliche Vorgaben für ein kreislauforientiertes öffentliches Beschaffungswesen geändert werden – mit dem Ziel: die flächendeckende Zulassung von Sekundärbaustoffen und deren bedingte Bevorzugung bei öffentlichen Auftragsvergaben zu erreichen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten der Kanzlei Kopp-Assenmacher & Nusser, das vom FEhS – Institut für Baustoff-Forschung und dem europäischen Verband der Hersteller von Eisenhüttenschlacke Euroslag in Auftrag gegeben wurde. Die Experten schlagen vier Änderungen der europäischen Vergaberichtlinie vor: In Artikel 18 sollte in einem neuen, dritten Absatz die grundlegende Bedeutung umweltbezogener Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge verankert werden. Ferner wird gefordert, bei der Leistungsbeschreibung in einem neuen Artikel 42a „Aspekte des Umweltschutzes, der Kreislaufwirtschaft und der Ressourcenschonung“ verpflichtend zu beachten. Dies bezieht auch die abfallarme Herstellung mit ein, etwa bei Nebenprodukten. Entsprechend erweitert werden müsse auch Artikel 67, der die Zuschlagskriterien regelt: Der neue Absatz 2a sähe bei der Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses die Berücksichtigung ebendieser Umweltkriterien vor. Lassen öffentliche Auftraggeber Erzeugnisse, Gegenstände und Stoffe nach Artikel 42 a nicht zu, so wäre dies laut einem neuen Absatz des Artikels 84 über Vergabevermerke zu begründen.

Konkrete, rechtssichere Formulierungen nötig
Thomas Reiche, Chairman bei Euro­slag und Geschäftsführer des FEhS-Instituts: „Was wir bei der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes auf nationaler Ebene bemängelt haben, fehlt auch an entscheidenden Stellen im europäischen Vergaberecht: konkrete, rechtssichere Formulierungen, die öffentliche Auftraggeber zur flächendeckenden Zulassung und auch zur bedingten Bevorzugung von Nebenprodukten beziehungsweise Sekundärrohstoffen verpflichten. Nur diese im Gutachten genannten Optimierungen des Rechtsrahmens garantieren die Ausrichtung des öffentlichen Beschaffungswesens in Europa an den umweltpolitischen Leitlinien: Förderung der Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung. Wir hoffen, dass noch unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entsprechende Schritte zur Änderung des Vergaberechts eingeleitet werden.“

Die Baustoffe und Düngemittel aus der Stahlindustrie leisten bereits seit vielen Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Schonung natürlicher Ressourcen. Allein in Deutschland konnte durch die Verwendung von Eisenhüttenschlacke der Abbau von über einer Milliarde Tonnen Naturgestein vermieden werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2020, Seite 13, Foto: Capri23auto / Pixabay)