Gold bleibt Gold: Rohstoffmarkt-Ausblick vor dem Hintergrund der Corona-Krise

Die Internationale Edelmetall- & Rohstoffmesse 2020 musste Pandemie-bedingt am 6. und 7. November online stattfinden. Zu den namhaften Referenten aus Asien, USA, Österreich und Deutschland zählte auch Eugen Weinberg, Leiter Rohstoffanalyse der Commerzbank AG. Sein Vortrag skizzierte die Marktlage von Rohstoffen in der jetzigen Krise.

Das zweite Quartal 2020 war in seinen Augen weltweit ein Desaster: Im Vergleich zum ersten Quartal ging das reale Bruttoinlandsprodukt in den USA um rund neun Prozent, im Euroraum um circa zwölf Prozent, in Frankreich um etwa 14 Prozent und in Spanien sogar um 18 Prozent zurück. Lediglich China konnte mit elf Prozent ein „positives zweistelliges Wachstum“ vorweisen. Insgesamt bewirkte die Covid-19-Krise in Fernost deutlich wenig Veränderungen als in anderen Ländern, weshalb Chinas Volkswirtschaft weiterhin eine führende Rolle spielt, trotz einer Verschuldung von Haushalten, Banken und Unternehmen um 300 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Stärke der chinesischen Wirtschaft und Währung war mitverantwortlich, warum im vergangenen Jahr vor allem für Industriemetalle ein Mehrjahreshoch bei den Rohstoffpreisen erzielt werden konnte.

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Deutschland: Ungelöste Probleme offengelegt
Die Entwicklung des Jahres 2020 hält Weinberg für eine viel größere Krise als im Jahr 2009, da Maßnahmen insbesondere der westlichen Zentralbanken fehlen; selbst kurzfristige Stützungen bleiben ohne Wirkung. In den USA geriet die Geldpolitik der Federal Reserve System immer stärker unter den Einfluss von Politikern und wurde aufgrund massiver Haushaltsdefizite gegenüber Realgütern wie Rohstoffen oder Gold abgewertet. Auch die nächsten zu erwartenden Maßnahmen der Europäischen Zentralbank werden nicht die Wirtschaft zum Laufen bringen, sondern Sachwerte auf dem Aktienmarkt oder dem Immobilienmarkt unterstützen. Ebenso wird sich der Euro unter den gegebenen Umständen latent zu einer schwächeren Währung entwickeln.

Insbesondere in Deutschland legte die Corona-Krise einige ungelöste Probleme offen. So hat nach Ansicht von Weinberg die Klimapolitik selbstzerstörerisch die Automobilindustrie belastet, die De-Globalisierung seit 2010 zu einem Rückgang des Welthandels und immer mehr Barrieren geführt, Deutschland an Standortqualität verloren und die Reformverweigerung etlicher südlicher EU-Länder Deutschlands Wirtschaftsniveau gesenkt. Hierzulande seien wirtschaftlich bestenfalls Seitwärtstendenzen zu erwarten, auch wenn der Anteil der am stärksten krisenbetroffenen Betriebe niedriger liegt als in Ländern wie Spanien, Frankreich oder den USA.

Mangelnde Nachfrage traf auf fehlendes Angebot
Corona brachte die Rohstoffwirtschaft 2020 in eine Zwangslage, da nicht nur die Nachfrage nach Rohstoffen einbrach, sondern auch die Angebote. Mangelnde Nachfrage traf auf fehlendes Angebot. So sprach beispielsweise Mitte März 2020 der zweitgrößte Kup­ferproduzent Peru den nationalen Notstand aus, der rund 20 Minen stoppte, reduzierten wenige Tage später kanadische Goldminen ihre Aktivitäten und verhängte Südafrika einen Shutdown, der an einem Tag Folgen für über 50 Minen hatte. Innerhalb der nächsten 14 Tage wurden in Mexiko, in etlichen nordamerikanischen Kohlenminen und in Kasachstan die Arbeiten mehr oder weniger eingestellt.

Gleichzeitig Nachfrage- und Angebotsschock erlebte auch der Rohölmarkt. Ein massiver Nachfrageeinbruch im April und Mai trieb die Preise zunächst teilweise in den negativen Bereich, bevor sich der Markt wieder erholte; mit einer Normalisierung wird allerdings erst 2022 gerechnet. Parallel verzeichnete die US-Produktion einen Einbruch und eine leichte Erholung, die durch Angebote aus Libyen und dem Iran Konkurrenz erhält.

Kupfer: Produktionsüberschuss wahrscheinlich
Bei Kupfer ist für das Corona-Jahr 2020 zum ersten Mal seit zehn Jahren ein Produktionsüberschuss wahrscheinlich. Trotz Pandemie entspannte sich die Angebotslage; Mengenkürzungen hielten sich in Grenzen, auch wenn Peru und Chile direkt betroffen waren. Dadurch werden die Marktpreise, die sich bisher gut gehalten und zugelegt haben, zunächst um zehn bis 15 Prozent zurückgehen. Weil aber China im Kupfermarkt für rund 50 Prozent Nachfrage ausschlaggebend ist, werden die Preise nicht wie 2009 auf 3.000 US-Dollar fallen, sondern schlimmstenfalls auf 6.000 US-Dollar. Langfristig dürften aufgrund steigender Elektromobil-Nachfrage jedoch höhere Preise zu erwarten sein.

Nickel: Vermutlich Anstieg der Preise
2020 wurde auf dem Nickelmarkt ein Überschuss erwartet. Tatsächlich bremste Corona die weltweite Produktion von Nickel um rund 15 Prozent, woran insbesondere die Edelstahlindustrie Schuld hat. Langfristig wird vor allem die steigende Nachfrage nach Nickel im Bereich Elektromobilität die Produktion wieder ankurbeln. Denn es sind nur geringere Cobalt-Mengen vorhanden, und der Zugang zu den Minen im Kongo ist eingeschränkt. Hingegen sollen in der modernen Produktion bereits jetzt 80 Gewichtsprozent der Batterien durch Nickel abgedeckt werden. Der Marktanteil von Nickel, der jetzt bei etwa zwei Prozent liegt, wird auf 50 bis 60 Prozent geschätzt – ebenso wird ein Anstieg der Preise vermutet.

Gold – nicht nur Anlageobjekt
Gold ist kein Rohstoff und ebenso wenig ein Objekt für kurzfristige Spekulationen. Doch fungierte das Edelmetall in den vergangenen Monaten nicht nur als Anlageobjekt für Investoren bei Münzen und entsprechenden Waren. Besondere Nachfrage herrschte bei Indexfonds. Denn 2020 entwickelte sich – in einer Zeit mit niedrigen oder negativen Realzinsen und einer Liquiditätsschwemme der Zentralbanken – zu einem Ausnahmejahr, da Gold zinslos ist, seinen Wert beibehält und damit als weitgehend inflationsgeschützt gilt. Andere Metalle können sich unter Umständen ebenso gut oder besser entwickeln, erweisen sich jedoch in Krisen als Wirtschafts- oder Anlagewerte weniger stabil. Deshalb stieg der Goldpreis seit 2014 von rund 1.200 auf über 2.000 US-Dollar und wird es auch weiter tun.

Der vollständige Vortrag von Eugen Weinberg kann unter https://www.youtube.com/watch?v=sil5oRhZ2l0 verfolgt werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2021, Seite 40, Foto: O. Kürth)