„Novelle der Bioabfallverordnung setzt Hebel zu spät an“

Laut bvse wird die Verantwortung für eine qualitätsgesicherte Aufbereitung auf Anlagenbetreiber übertragen. Sammler kommen ohne konkrete Anforderungen davon.

Das Bundesumweltministerium (BMU) setzt in seinem Referentenentwurf auf die Einführung eines Fremdstoff-Kon­trollwertes vor der Zuführung des Materials in die biologische oder hygienisierende Behandlungsstufe. Verpflichtet zur Einhaltung des Kontrollwertes werden einseitig die Behandlungsanlagen. Der stellvertretende Vorsitzende des bvse-Fachverbands Ersatzbrennstoffe, Altholz und Biogene Abfälle, Bernd Jörg, zeigt sich enttäuscht: „Der Referentenentwurf zur Novelle der Bioabfallverordnung setzt den Hebel zu spät an. Qualität beginnt bereits mit der Bioabfallerfassung!“

Das Pferd von hinten aufgezäumt
Schon heute betrieben die Anlagen einen hohen Aufwand zur Qualitätssicherung, „denn die Anforderungen an die stoffliche Verwertung wurden ja bereits Schritt für Schritt vom Gesetzgeber angehoben“. Wie gut dies gelingt, hänge allerdings entscheidend von der Sortenreinheit des Materials ab, welches ihnen angeliefert wird. Die Sammlung sei der erste entscheidende Schritt für eine hochwertige Abfallverwertung.

 

Vorgaben und Anforderungen an die Fremdstoffentfrachtung
Kern der geplanten Novelle ist die erstmalige Einführung von Vorgaben und Anforderungen an die Fremdstoffentfrachtung von Bioabfällen vor der biologischen Behandlung (Kompostierung, Vergärung) oder der Gemischherstellung. Künftig sollen Bioabfälle vor der Behandlung nicht mehr als 0,5 Prozent Fremdstoffe enthalten.

Wird der Input-Kontrollwert erreicht oder überschritten, müssen dem Referentenentwurf zufolge die Bioabfälle von Fremdstoffen befreit werden. Dies soll unabhängig davon gelten, ob es sich um verpackte Lebensmittelabfälle aus dem Handel und der Produktion oder um Abfälle aus der privaten Biotonne handelt. Mit dieser Regelung soll insbesondere das Entstehen von Mikroplastik während der biologischen Behandlung minimiert werden.

Zugleich soll der neue Kontrollwert dafür sorgen, dass die Sortenreinheit des Bioabfalls bereits bei der Sammlung durch die Entsorgungsträger verbessert wird. Der Bundesrat muss der Änderung der Bioabfallverordnung zustimmen. Es ist vorgesehen, dass die Änderungsverordnung noch 2021 in Kraft tritt.

 

Nach Meinung von Jörg versucht das BMU mit seinem Entwurf, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Bei hohen Fremdstoffeinträgen im Input stießen die Anlagen aber an technische Grenzen. Es bestehe die Problematik, dass sich Fremdstoffe im frischen, also feuchten beziehungsweise nassen, angelieferten Bioabfall technisch nicht effizient abtrennen lassen. Es sei technisch ausgeschlossen, dass sich bei diesen Feuchtigkeitsgehalten im frischen Bioabfall aus einem hohen Störstoffgehalt von über drei Gewichtsprozent so viel Material abtrennen lässt, dass beim Input zur biologischen Behandlung ein maximaler Störstoffgehalt von 0,5 Gewichtsprozent eingehalten werden kann.

Der bvse hatte sich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, Anforderungen an die Bioabfallerfassung zu formulieren und maximale Fremdstoffgehalte für die Anlieferung zur Anlage festzulegen. „Alleine darauf zu setzen, dass der Annahmepreis die Qualität des gesammelten Bioabfalls verbessern wird, ist spekulativ“, betont Bernd Jörg. Zwar würden auch die Sammler im Entwurf aufgefordert, Bioabfälle so zu erfassen, dass eine Einhaltung des Kontrollwertes zur biologischen Stufe möglich wird; allerdings ließen sich konkrete Verpflichtungen daraus nicht ableiten.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2021, Seite 5, Foto: Reinhard Weikert / abfallbild.de)