EU-Parlament plädiert für „Recht auf Reparatur“

Das EU-Parlament fordert die Kommission auf, den Verbrauchern ein „Recht auf Reparatur“ einzuräumen: Die Reparatur von Geräten soll – auch finanziell – attraktiver werden und systematisch durchgeführt werden.

Der Beschluss zu „einem nachhaltigeren Binnenmarkt für Unternehmen und Verbraucher”, verabschiedet Ende November 2020, sieht umfangreiche Maßnahmen sowie Geschäftsmodelle gegen vorzeitige Obsoleszenz und für nachhaltige, reparierbare Produkte vor.

Gegen Verkürzung der Lebensdauer
Als notwendig werden dafür eine längere Garantiedauer, erhältliche Ersatzteile und besserer Zugang zu Informationen über Reparatur und Wartung erachtet. Hierzu gehört auch verstärkte Unterstützung für den Gebrauchtwarenmarkt und für nachhaltige Herstellungsverfahren. Die Abgeordneten wollen zudem, dass etwas gegen die Verkürzung der Lebensdauer von Produkten unternommen wird. Bereits zum wiederholten Male verlangt das Parlament ein einheitliches System für Ladegeräte, damit weniger Elektronikabfall entsteht. Eingeführt werden soll darüber hinaus ein System zur Kennzeichnung von Produkten im Hinblick auf ihre Lebensdauer.

Bei Werbung zum Beispiel für umweltfreundliche Eigenschaften wären gemeinsame Kriterien für die Untermauerung dieser Behauptungen erforderlich – ähnlich wie bei der Vergabe von Umweltzertifizierungen. Es sollte mehr Augenmerk auf Umweltbewusstsein bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gelegt werden, um die Nachhaltigkeit bei Geschäftsmodellen und im Verbraucherverhalten zu stärken. Aus demselben Grund fordern die Parlamentarier, dass dem EU-Umweltzeichen mehr Bedeutung beigemessen wird. Nicht zuletzt schlagen die Abgeordneten neue Regeln für die Abfallbewirtschaftung vor. Außerdem wollen sie rechtliche Hindernisse beseitigt sehen, die Reparatur, Weiterverkauf und Wiederverwendung im Wege stehen. Das soll zusätzlich den Markt für Sekundärrohstoffe stärken.

Im Kampf gegen Wegwerfprodukte
Mit der Verabschiedung ihres Berichts hätten sich die EU-Abgeordneten nun über Fraktionsgrenzen hinweg für die Reparatur in Europa stark gemacht und würden Verbrauchern und Umwelt im Kampf gegen Wegwerfprodukte zur Seite stehen, kommentierte das EU-Umweltbüro in Wien.

Nach Ansicht des französischen Europaabgeordneten David Cormand sei es „an der Zeit, die Ziele des Green Deals als Grundlage für einen Binnenmarkt zu nutzen, der Produkte und Dienstleistungen fördert, die von vornherein gestaltet wurden, um zu dauern“. Darum brauche man ein umfassendes Regelwerk, das klare und einfache Entscheidungen erleichtere, anstelle von technischen Änderungen, denen es an politischem Mut fehle und die sowohl Verbraucher als auch Unternehmen verwirrten. Mit Blick darauf, dass die EU-Kommission im Europäischen Green Deal ankündigte, wiederverwendbare, langlebige und reparierbare Produkte zu fördern, erklärte Chloé Mikolajczak, Sprecherin der Right to Repair-Kampagne: „Die Europäische Kommission muss nun diese Dynamik nutzen und 2021 ein Kennzeichnungssystem für die Reparierbarkeit von elektronischen Geräten sowie Reparierbarkeitsstandards für Computer vorschlagen.“

Der Reparierbarkeits-Index
Laut David Cormand hat das EU-Parlament „eine harmonisierte obligatorische Kennzeichnung mit Angaben zur Haltbarkeit“ für notwendig erklärt. Wie diese in der Praxis aussehen könnte, zeigt der französische „Reparierbarkeits-Index für Elektroartikel“, der im Januar 2021 in Kraft treten sollte. Er verpflichtet Hersteller von Smartphones, Waschmaschinen, Fernsehgeräten, Computern und Rasenmähern, ihre Produkte mit leicht erkennbaren Etiketten zu versehen, auf deren Scala sich ablesen lässt, wie aufwändig die Geräte zu reparieren sind. Das jeweilige Niveau – 0 für schwierig bis 10 für reparaturfreudig – errechnet sich aus folgenden Kriterien:

1. Länge der Verfügbarkeit von technischer Dokumentation, Gebrauchsanweisung und Wartungshinweisen,
2. Reparaturfreundlichkeit einschließlich der erforderlichen Werkzeuge,
3. Verfügbarkeit von Ersatzteilen einschließlich Dauer der Verfügbarkeit und Lieferfristen,
4. Preise von Ersatzteilen im Vergleich zum Neuprodukt.

Reparaturen werden attraktiver
Die französischen Konsumenten sollen durch eine sechsmonatige Garantie auf professionell reparierte Produkte sowie Rabatte auf professionelle Reparaturdienste dazu ermutigt werden, Geräte eher instandzusetzen als sie wegzuwerfen. Wiederaufgearbeitete Modelle sollen längere Garantien als Neuprodukte erhalten. Das französische Umweltministerium plant darüber hinaus eine Ausweitung der Etikettierung sowie der betreffenden Produktgruppen. Zudem ist für 2024 die Einführung eines verpflichtenden Aufklebers vorgesehen, um die Haltbarkeit des Produkts anzuzeigen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2021, Seite 6, Foto: Wilfried Pohnke / pixabay.com)

 

Anzeige