Die EU-Plastikabgabe zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft nutzen
Im Januar 2021 hat die EU eine Plastikabgabe eingeführt. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) spricht sich für zusätzliche Maßnahmen aus, um die eingesetzten Kunststoffmengen zu reduzieren und Produkte kreislaufgerechter zu gestalten.
Die Mitgliedstaaten müssen jetzt 80 Cent pro Kilogramm nicht recyceltem Kunststoffverpackungsabfall an die Europäische Union zahlen. Diese Plastikabgabe ist auf europäischer Ebene als Finanzinstrument für die EU geschaffen worden. Sie bedarf daher keiner Umsetzung in nationales Recht und ist primär kein ökologisches Steuerungsinstrument. Ihre Einführung sollte nach Meinung des SRU aber dazu genutzt werden, neue Lösungen für die Kunststoffproblematik auf den Weg zu bringen. Dieses Anliegen entspreche auch den Vorschlägen der Umweltministerkonferenz, dem European Green Deal und dem neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft.
In einem Offenen Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze empfiehlt der SRU, die Abfallvermeidung zu stärken. Die beschlossenen Verbote für ausgewählte Einwegprodukte aus Kunststoffen und der aktuelle Referentenentwurf für das Verpackungsgesetz gingen bereits in die richtige Richtung. Die in dem Entwurf vorgesehene Mehrwegpflicht für To-go-Verpackungen und die erweiterte Pfandpflicht seien erste Schritte. Zu den weiteren Möglichkeiten zählen zum Beispiel, den Handel zu einem Mindestangebot an Mehrweglösungen zu verpflichten und Mehrwegangebote in den Bereichen Lebensmittel, Kosmetik und Putzmittel zu fördern.
Wettbewerbsfähigkeit von Rezyklaten steigern
Den Vorschlägen zufolge sollten insbesondere mittelständische Unternehmen bei der Umstellung auf kreislauffähige Produkte finanziell unterstützt werden, damit sie verstärkt innovative Lösungen in den Markt tragen können. Ein wichtiger Ansatz wäre auch, die Wettbewerbsfähigkeit von Rezyklaten gegenüber Primärrohstoffen zu steigern. Dies ließe sich durch den Abbau von Subventionen unterstützen: Die Energiesteuerbefreiung für fossile Energieträger, die nicht als Heiz- oder Kraftstoffe dienen, sollte auslaufen. Auch eine zusätzliche Besteuerung von Primärrohstoffen für die Kunststofferzeugung käme in Frage. Hindernisse für weitere Anwendungsgebiete für Rezyklate, zum Beispiel im Bereich der Produktnormung, sollten abgebaut werden.
2021 wird der Paragraf 21 Verpackungsgesetz bewertet und gegebenenfalls überarbeitet. Zukünftig sollten die Lizenzentgelte der dualen Systeme die Rezyklierbarkeit der verwendeten Materialien und die tatsächliche Verwendung von Rezyklaten stärker als bisher anreizen.
Gemeinsame Bewertungsgrundlage nötig
Für die europäische Ebene empfiehlt der SRU: Die Bundesregierung könnte sich dafür einsetzen, dass die Produktregulierung konsequent an den Anforderungen der Rezyklierbarkeit ausgerichtet wird, zum Beispiel in der Initiative für nachhaltige Produkte und bei den Vorhaben zur Verringerung von Verpackungsabfällen. Um Verpackungen basierend auf objektiven Kriterien und einheitlichen Systemgrenzen ökologisch vergleichen zu können, werde eine gemeinsame Bewertungsgrundlage benötigt.
Die Bundesregierung sollte weitere Quoten für den Einsatz von Rezyklaten unterstützen: „Dabei muss sichergestellt werden, dass ein zusätzlicher Rezyklateinsatz erreicht wird und es zu keiner schlichten Verlagerung bestehender Rezyklatströme kommt.“ Vorbild für weitere Quoten könnten die Regelungen zu Getränkeflaschen in der Einwegprodukterichtlinie sein.
Kunststoffe weisen laut SRU eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften auf und „erfüllen in Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Aufgaben, beispielsweise für die Verpackung von Lebensmitteln und Medizinprodukten. Negative Effekte der Kunststoffnutzung wie Littering, Meeresverschmutzung und Mikroplastik in der Umwelt sind in der öffentlichen Diskussion bereits präsent. Mindestens ebenso problematisch sind die energieintensive Herstellung und die steigenden Mengen insbesondere kurzlebiger Kunststoffe, die zu einer ungünstigen Klimabilanz führen. Dazu tragen auch die geringe Rückführung in den Kreislauf und die Verbrennung nicht rezyklierter Kunststoffverpackungen bei.“
Der Schlüssel für Veränderungen
Das Erreichen der Klimaneutralität sei mit verschiedenen Herausforderungen verbunden: Die insgesamt genutzte Kunststoffmenge müsse reduziert, die Kreislaufführung der Produkte ausgebaut und Schadstoffe müssten sicher ausgeschleust werden. Durch ein steigendes Angebot an hochwertigen Sekundärrohstoffen und eine damit verbundene sichere Marktverfügbarkeit könne der Bedarf an Primärrohstoffen reduziert werden. Für die Nachfrage, die über das Sekundärrohstoffangebot hinausgeht, sollten langfristig neue Lösungen entwickelt werden.
Für den SRU ist die Gestaltung von Produkten der Schlüssel für Veränderungen. Sie sollte deshalb europäisch geregelt werden, damit Kreislauffähigkeit, Produktnutzen und Verbraucherschutz als gleichwertige Anforderungen gelten.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2021, Seite 10, Foto: O. Kürth)