Schrottmarktbericht: Delle im Tiefseemarkt genutzt

Ende Januar begann sich eine Preisschwäche im internationalen Schrottmarkt abzuzeichnen. Einzelne Verbraucher versuchten sie für ihre Februar-Abschlüsse im Inland zu nutzen, indem sie sich einen großen Teil des Aufpreises im Januar zurückholen wollten. Sie reduzierten ihre Einkaufspreise gegenüber dem Vormonat um 50 bis 55 Euro pro Tonne, was jedoch die wenigsten Lieferanten als marktgerecht empfanden.

Die Lieferbereitschaft des Handels war angesichts der vorgeschlagenen Preisreduzierungen ausgesprochen verhalten. Da die Nachfrage der Verbraucher hoch war, einigten sich die Marktpartner schlussendlich auf Reduzierungen von durchschnittlich 30 bis 40 Euro pro Tonne. Viele Schrottanbieter hatten auf Wunsch der Abnehmer bereits im Januar zusätzliche Mengen für Februar verkauft. Im Berichtsmonat konzentrierten sie sich daher hauptsächlich auf die Auslieferung der noch ausstehenden Mengen und beschränkten die Neuabschlüsse zum Teil auf Kontaktmengen. Es ist offengeblieben, ob alle Werke mit den gewünschten Mengen versorgt wurden. Die türkischen Käufer senkten ihre Schrottimportpreise von Mitte Januar bis Anfang Februar um rund 70 US-Dollar pro Tonne und erhöhten sie dann bei steigendem Bedarf bis zum Redaktionsschluss schrittweise um knapp 60 US-Dollar pro Tonne. Bereits am 9. Februar 2021 war der Tiefpunkt bei den Exportpreisen überschritten.

Das Neuschrottaufkommen war regional sehr unterschiedlich. Dort wo zum Beispiel die Automobilindustrie Bestellungen abrief oder die Maschinenbauhersteller Aufträge abarbeiten konnten, war der Schrottentfall mindestens auf das Niveau von vor dem Pandemieausbruch gestiegen. Unterbrochene Lieferketten führten aufgrund von Produktionsausfällen oder -kürzungen zu einem verringerten Schrottangebot. So konnte die Nachfrage nach Spänen nicht überall befriedigt werden. Der Zulauf an Altschrotten war wetterbedingt stark eingeschränkt, da Sammlungen, Abbrüche usw. durch Schnee und Eis zum Erliegen kamen. Mit den milderen Temperaturen dürfte sich das schnell wieder ändern, wenn auch die Pandemie nach wie vor viele wirtschaftliche Aktivitäten belastet. Eine Preisrally vergleichbar mit der Anfang 2011 hat zudem auf den Metallmärkten eingesetzt. So überstieg zum Beispiel die LME-Cash-Settlement Notierung für Kupfer in der 8. Kalenderwoche die Marke von 9.000 US-Dollar.

Im Osten Deutschlands senkten die Verbraucher ihre Einkaufspreise im Februar je nach Sorte und Werk um 25 bis 35 Euro pro Tonne. Wegen technischer Probleme war der Zukaufbedarf eines Verbrauchers überschaubar. Die norddeutschen Werke konnten ihren geringen Bedarf zügig mit Preisabschlägen von bis zu 50 Euro pro Tonne eindecken, während sich bei hohem Bedarf der meisten Verbraucher im Nordwesten die Abschläge bei 30 bis 40 Euro pro Tonne bewegten. Zugefrorene Kanäle erschwerten die Versorgung. Einen deutlichen Aufpreis zahlten Verbraucher an der Ruhr, die wegen des Zeitpunktes ihrer Abschlüsse zum Ende des laufenden Monats etwas abgekoppelt sind vom Realmarkt. An der Saar und im Südwesten reduzierten die Stahlwerke ihre Einkaufspreise um 30 bis 35 Euro pro Tonne. Genau wie in anderen Regionen wurden auch hier die Abnehmer im Verlauf des Monats zunehmend verhandlungsbereiter. Im Süden konnte Neuschrott für 25 Euro pro Tonne weniger als im Vormonat verkauft werden, und für Altschrotte lag der Abschlag bei 30 Euro pro Tonne. Die Auslastung der Stahlwerke war insgesamt hoch und die Auftragslage ist bei den meisten Verbrauchern gut. Im März wird der Schrottbedarf schon wegen der zusätzlichen Produktionstage steigen.

Nachbarländer
Erneut gab es harte Verhandlungen mit einigen italienischen Verbrauchern. Bei Preisreduzierungen von 35 bis 50 Euro pro Tonne war die Lieferbereitschaft deutscher Händler im Allgemeinen verhalten, zumal im eigenen Inlandsmarkt bessere Preise erzielt werden konnten. Die schweizerischen Werke haben Schrott in Deutschland gesucht und reduzierten ihre Einkaufspreise um rund 30 Euro pro Tonne; und kürzten den heimischen Lieferanten die Preise um 20 Schweizer Franken pro Tonne. In Österreich blieben die Preise im Februar unverändert. Unter Berücksichtigung der Erhöhungen im Januar, die deutlich unter denen in Deutschland lagen, war das Preisniveau dadurch wieder weitgehend angepasst. Polnische Werke senkten je nach Zeitpunkt des Ankaufs, Region und Sorte ihre Einkaufspreise um 30 bis 50 Euro pro Tonne. Die Nachfragewünsche deutscher Abnehmer konnten wegen extremer Wetterverhältnisse nur zeitversetzt erfüllt werden. In Tschechien reduzierten die beiden großen Verbraucher des Landes ihre Einkaufspreise um 30 bis 35 Euro pro Tonne. Je nach Preisbewegung im Januar senkten auch die Verbraucher im Vereinigten Königreich ihre Annahmepreise um 35 bis 50 Pfund pro Tonne. Der Bedarf der Stahlwerke und der Gießereien war gering, er könnte sich jedoch im kommenden Monat deutlich erhöhen. Französische Verbraucher reduzierten ihre Einkaufspreise bei guter Nachfrage um durchschnittlich 40 Euro pro Tonne. In Belgien gingen die Preise bis zu 50 Euro pro Tonne zurück, in den Niederlanden hatte der größte Verbraucher wegen technischer Probleme einen verringerten Bedarf. Mit dem Verbraucher in Luxemburg zogen sich die Verhandlungen lange hin, da eine Einigung über die Höhe der Preisreduzierung schwierig war. Die vorgeschlagenen 50 Euro pro Tonne am Monatsanfang stießen nicht auf Gegenliebe und man einigte sich mit den verbliebenen Anbietern auf eine Preisreduzierung um 35 bis 40 Euro pro Tonne je nach Sorte.

Gießereien
Der Handel berichtete von einer erfreulich steigenden Nachfrage der Gießereien – unabhängig davon, ob sie für die Automobilindustrie produzieren oder für andere Abnehmer. Gießereien, die an keinen Preisindex gebunden sind, kauften den Schrott je nach Sorte zu Vormonatspreisen oder mit Abschlägen von bis zu 30 Euro pro Tonne. Die Roheisenpreise sind trotz der jüngsten Reduzierungen als Folge der kurzzeitig gesunkenen Erzpreise nach wie vor sehr fest und die Verbraucher decken sich sowohl beim Schrott als auch beim Roheisen überwiegend nur mit den Mengen ein, die sie unbedingt brauchen. Obwohl die Preisabschläge bei den Gießereien in der Regel nicht so hoch waren wie bei den Stahlwerken, ist es für viele Schrottanbieter nach wie vor lukrativer das Material an die Stahlindustrie abzugeben, statt es extra aufzubereiten. Durch diese Praxis konnten nicht alle Bestellwünsche erfüllt werden.

Drittlandsmärkte
Die türkischen Abnehmer haben konsequent ihre Möglichkeiten zur Preisbeeinflussung in den vergangenen vier Wochen genutzt, um nicht nur die eigenen Margen zu sichern, sondern auch die benötigten Schrottmengen möglichst günstig zu beschaffen. Der bvse schätzt, dass der türkische Schrottbedarf im Februar im Vergleich zum Januar unverändert hoch gewesen ist. Die bisherigen Zukäufe für März lassen darauf schließen, dass das Bedarfsniveau im kommenden Monat unverändert sein wird, denn die Auftragsbücher der türkischen Werke sind gut gefüllt. China scheint nach dem Ende der Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest in der 7. Kalenderwoche erneut die Lokomotivfunktion für die Weltwirtschaft zu übernehmen. Damit verbunden sind steigende Stahl- und Rohstoffpreise. Hinzu kommen steigende Frachtraten, wodurch zum Beispiel die Exportgeschäfte über Container vom europäischen Festland mit Abnehmern auf dem indischen Subkontinent fast zum Erliegen gekommen sind. Während die türkischen Werke damit beschäftigt waren, durch fehlende Nachfrage die internationalen Preise zu senken, konnten ägyptische Verbraucher mehrere Schiffsladungen Schrott in Nordeuropa kaufen.

Aussichten
Die Stahlverbraucher beklagen immer stärker die angespannte Versorgungslage bei Flachstahl und gewissen Langstahlsegmenten. Sinkende Stahlpreise sind nicht in Sicht und die europäischen Stahlwerke werden nach wie vor über Quoten vor Konkurrenz aus Drittländern geschützt. Auf den weltweiten Rohstoffmärkten herrscht Optimismus, daher rechnet in Deutschland niemand mit sinkenden Schrottpreisen im März. Viele unbekannte Parameter, wie zum Beispiel die Auswirkungen des Pandemiegeschehens oder der tatsächliche Rohstoffbedarf der Abnehmer weltweit, erlauben derzeit keine Einschätzung, auf welchem Niveau sich Angebot und Nachfrage im März einpendeln.

Redaktionsschluss 23.02.2021, BG-J/bvse

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2021, Seite 38, Foto: O. Kürth)

 

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