„Nachhaltigkeit und CSR stehen bei uns weit oben auf der Agenda“

Für Komptech sind Abfälle nichts anderes als Rohstoffe an der falschen Stelle. Entsprechend dem Leitgedanken „Technology for a better environment“ fokussiert sich der österreichische Maschinen- und Anlagenhersteller auch in Zukunft darauf, neue Technologien zu entwickeln, die einen positiven Beitrag für die Kreislaufwirtschaft und damit für die Gesellschaft leisten.

EU-Recycling hat mit Dr. Heinz Leitner, CEO Komptech, über die Entwicklungen und vielfältigen Aktivitäten der Unternehmensgruppe gesprochen, die sich unter anderem in Ghana engagiert und 2022 ihr 30-jähriges Bestehen feiert.

Topturn – Kompostumsetzer für Dreiecksmieten (Foto: Komptech)

Herr Dr. Leitner, Ihr Unternehmen ist ein führender internationaler Technologieanbieter für die mechanische und biologische Abfallbehandlung und die Altholz- und Biomasse-Aufbereitung. Was gab den Ausschlag bei der Gründung von Komptech 1992, sich auf das Thema Bioabfallverwertung zu spezialisieren?
1992 wurde in der Steiermark die getrennte Sammlung von Bioabfall implementiert. Dadurch entwickelte sich ein neuer Stoffstrom, welcher nach einer entsprechenden Behandlung verlangte. Das war die Geburtsstunde von KOMPostierTECHnik. Gleich mit der ersten Komptech-Maschine – dem Topturn, einem Kompostumsetzer für Dreiecksmieten – wurde die Mietenkompostierung technisch und wirtschaftlich realisierbar.

Die Produktpalette von Komptech umfasst heute mehr als 30 unterschiedliche Maschinentypen, die die wesentlichen Verfahrensschritte moderner Abfallbehandlung – Zerkleinerung, Trennung/Separation und biologische Behandlung/Kompostierung – abdecken. Mit welchem Alleinstellungsmerkmal präsentieren Sie sich auf dem Markt?
Wir sehen unsere Kunden als langfristige Partner. Wir wollen mit ihnen gemeinsam erfolgreich sein. Ich glaube, diese Sichtweise macht uns stark; daher ist uns der persönliche Kontakt extrem wichtig. Wir befinden uns in einem laufenden intensiven Austausch, der bei der Kaufberatung beginnt, die Produktbetreuung enthält und den unser Customer-Service über die gesamte Lebensdauer der Maschine oder Anlage aufrechthält. Hier sehen wir uns als Benchmark in der Branche. Übrigens haben wir diese Beratung und Betreuung vor Kurzem ausgeweitet: Mit unserem neuen Advisory-Service, welchen wir gemeinsam mit Kooperationspartnern ins Leben gerufen haben, sind wir in der Lage, potenzielle Betreiber einer Anlage von der Konzeption bis zum täglichen Betrieb weit über die Maschinentechnik hinaus zu unterstützen.

Wichtig ist für uns, einen Kunden so zu unterstützen, wie es für ihn am sinnvollsten ist. Dafür besteht unser Produktportfolio aus Maschinen, welche sich durch ein Maximum in puncto Leistungsfähigkeit und Effizienz auszeichnen. Wir bieten unseren Kunden individuelle mobile sowie stationäre Lösungen an. Zudem haben Kunden die Wahl zwischen dem klassischen Maschinenkauf, einer Maschinenmiete oder dem Kauf einer zertifizierten gebrauchten Maschine. Die Gesamtlösung wird durch Wartungsverträge und einem Full-Service-Angebot abgerundet. Nicht zuletzt reicht unser Service- und Vertriebsnetz um den ganzen Globus. Damit sind wir national und international buchstäblich sehr nah am Kunden und verstehen auch den länderspezifischen Bedarf.

Komptech ist im Bereich Zerkleinerungssysteme bekannt für langsam laufende Schredder. Was ist das Besondere an dieser Technologie und für welchen Bedarf wird sie eingesetzt?
Die langsam laufenden Zerkleinerer zeichnen sich durch ein sehr hohes Drehmoment aus. Dadurch können auch sehr schwere und zähe Materialien effizient zerkleinert werden. Dieses Prinzip bietet zudem – durch die geringeren dynamischen Massen – eine hohe Störstoffresistenz. Unser Einwellen-Zerkleinerer, der Terminator, eignet sich ideal für die Vorzerkleinerung von gemischten Abfällen. Der Crambo, ein Zweiwellen-Zerkleinerer, kommt durch sein aggressives Einzugsverhalten bestens mit holzigen Abfällen aller Art zurecht. Für Anwendungen, in welchen aus Gründen des Funktionsprinzips schnelllaufende Schredder Sinn machen, haben wir selbstverständlich ebenfalls Passendes im Portfolio: Das ist unsere Axtor-Baureihe.

Mit dem Terminator haben Sie einen Einwellen-Zerkleinerer für viele Arten von Abfällen im Angebot. Was zeichnet diese Baureihe – nach letztem Stand der Technik – aus?
Der Terminator xtron ist die neueste vollmobile Ausführung. Wir haben ihn mit einer aggressiveren Walzen-/Gegenkammkonfiguration – das bedeutet: die Walzenzähne sind um 50 Prozent höher als bei bisherigen Ausführungen – ausgestattet und speziell für die Mischanwendung konzipiert. Sprich: Er ist ein optimaler Allrounder für Kunden, welche viele unterschiedliche Materialien behandeln müssen.

e-mobile-Ausführung des Zerkleinerers Crambo (Foto: Komptech)

Der Terminator direct SL ist eine brandneue stationäre Ausführung. Er verfügt über einen hocheffizienten elektrischen Antriebsstrang. Dadurch erhöht sich die Leistungsfähigkeit der Maschine, der Energieverbrauch bleibt jedoch minimal. Zudem bieten wir seit Anfang 2020 die e-mobile Produktlinie an, welche ein semimobiles Maschinenkonzept beschreibt. Sie ist so flexibel wie eine mobile Maschine, aber so effizient wie eine stationäre elektrische Maschine.

Welche Neuerungen und Optimierungen haben der Zweiwellen-Zerkleinerer Crambo und die Sternsiebmaschine Multistar in letzter Zeit erfahren?
Da hat sich eine Menge getan! Neben der im letzten Jahr vorgestellten e-mobile Produktlinie haben wir das Komptech-Condition-Monitoring System „Connect!“ umfangreich weiterentwickelt. Damit steht im Falle des Crambo zum Beispiel eine vollintegrierte Durchsatzmessung zur Verfügung.

Unsere Multistar-Sternsiebmaschinen sind extrem nachgefragt. Deshalb werden wir im kommenden Jahr ein gänzlich neues Produkt auf den Markt bringen, welches eine Vielzahl an neuen Konfigurationen und Optionen umfasst und dadurch noch besser die individuellen Kundenbedürfnisse erfüllt. Neue Siebdeckkonfigurationen sollen zudem das Anwendungsfeld der Sternsieb-Technologie vergrößern.

Was können Ihre Ballistik-Separatoren und Windsichter anders oder besser als vergleichbare Wettbewerbsprodukte?
Unser Ballistor ist ziemlich robust gebaut und kann auch in schweren Anwendungen eingesetzt werden. Der Windsichter Hurrikan S ermöglicht eine hocheffiziente Fremdstoffabscheidung. Dafür sorgt die Kombination von einem Druck- und zwei Sauggebläsen in intelligenter Anordnung mit einem Entspannungsraum. Wer also zum Beispiel Folien aus Siebüberläufen separieren will, für den eignet sich diese Maschine ideal.

Welche Anwender-Anforderungen sind in die Weiterentwicklung dieser Baureihen eingeflossen? Inwieweit standen hier Kunden Pate?
Unser Ohr ist bei sämtlichen Produktentwicklungen nah am Kunden. Aufbauend auf ihren Herausforderungen und Problemstellungen, die sie in der Praxis haben, entwickeln wir Lösungen, welche den Kundenutzen maximieren. In dieser Hinsicht sind wir sehr ehrgeizig und wollen unseren Kunden nicht weniger als eine ideale Lösung bieten. Deshalb prüfen wir in der Zusammenarbeit mit Kunden immer wieder aufs Neue: Was können wir noch besser gestalten?

Wohin geht aus Ihrer Sicht der Trend bei Zerkleinerungs-, Separations- und Siebtechnik?

Komptech-Condition-Monitoring
System Connect! (Foto: Komptech)

Der Trend geht klar in Richtung Elektrifizierung und Digitalisierung. Ziel ist es, die Produkte immer effizienter zu machen beziehungsweise diese ohne lokale Abgasemissionen betreiben zu können, wie beispielsweise unsere e-mobile-Serie es ermöglicht. Im Bereich der Digitalisierung stehen mehrere Themen im Fokus: einerseits die Lieferung relevanter Daten wie Energieverbrauch oder Durchsatzleistung an den Kunden rund um die Uhr, zum anderen die Effizienzsteigerung durch zum Beispiel eine KI-gestützte Maschinenoptimierung. Und natürlich besteht das Ziel, aufbauend auf diesen Daten-Services, mittelfristig eine präventive Wartung anbieten zu können.

Komptech bietet im Mobilbereich für viele Stern- und Trommelsiebe einen elektrischen Antrieb, und als „e-mobile“ werden nun auch der Terminator und Crambo elektrifiziert. Welche Vorteile sind damit verbunden?
Die Maschinen werden vom lokalen Stromnetz betrieben und sind um bis zu 70 Prozent günstiger in den Energiekosten. Des Weiteren sind der Wartungsaufwand beziehungsweise die Wartungskosten um bis zu 50 Prozent geringer. Zudem emittiert die Maschine keine Abgase. Die höhere Effizienz liefert außerdem einen wesentlichen Beitrag in Richtung CO2-Reduktion.

Wie entwickelt sich auf Kundenseite die Nachfrage nach diesen Aggregaten?
Sie steigt, sie steigt sogar stark – insbesondere in Deutschland und anderen europäischen Ländern, aber auch über unseren Kontinent hinaus. Wir gehen davon aus, dass der Anteil der e-mobile-Serie mittelfristig 30 bis 40 Prozent in der jeweiligen Produktkategorie ausmachen wird.

Aufbereitungslinie für gemischte Abfälle (Foto: Komptech)

Digitalisierung, smarte Technologien, künstliche Intelligenz: Inwieweit finden diese Entwicklungen Eingang in Ihre Planungen und Konstruktionen?
Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Potenzial dieser Technologien. Insbesondere in Forschungsprojekten mit namhaften Forschungspartnern aus der Industrie und Wissenschaft arbeiten wir an praxistauglichen Lösungen mit. Unter anderem beteiligen wir uns seit April als Praxispartner an dem mehrjährigen Forschungsvorhaben „Recycling and Recovery of Waste for Future“ – kurz ReWaste F. Es wird vom Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben koordiniert und verfolgt den Ansatz, Aspekte der Industrie 4.0 in die Abfallverwertungstechnik zu integrieren. „ReWaste F“ ging das Projekt „ReWaste 4.0“ voraus, bei dem wir ebenfalls mitgewirkt haben. In diesem vierjährigen Forschungsvorhaben wurden umfangreiche Untersuchungen zum Einfluss von Einstellparametern des Zerkleinerers auf die Materialqualität sowie zur sensor- und bildbasierten Qualitätssicherung durchgeführt.

Wartungsfreie Maschinen gibt es nicht, aber wartungsarme. Was umfassen Ihre Service- und Support-Leistungen und inwieweit können sich Anwender im Bedarfsfall selbst behelfen?
Unser Serviceangebot ist breit gefächert. Von Wartungsverträgen bis hin zu All-In-Vereinbarungen erhalten unseren Kunden individuelle, für sie passende Lösungen. Zudem konzipieren wir sämtliche Maschinen so, dass die Wartungs- und Servicetätigkeiten einfach, schnell und sicher erledigt werden können.

Studien belegen: Die Zunahme an Fremd- und Störstoffen in Bioabfällen durch Fehlwürfe erhöht den Sortier- und Aufbereitungsaufwand in den Betrieben und stellt sich als zunehmende Herausforderung dar. Inwieweit haben Sie Ihre Technologie-Lösungen an solche „Außerplanmäßigkeiten“ hinsichtlich (Energie-)Effizienz und Wirtschaftlichkeit angepasst?
Was die Behandlung von Bioabfällen betrifft, sind wir absoluter Full-Liner. Wir bieten mobile und stationäre Gesamtanlagen für die Kompostierung und Vergärung. Wir decken alle wesentlichen Verfahrensschritte ab – von der Aufbereitung über den Rotteprozess bis hin zur Nachbehandlung. Für die Vorbehandlung und Aufbereitung von verunreinigtem Bioabfall bietet sich beispielweise die Kombination Crambo plus Multistar an. Diese Maschinenkombination sortiert Störstoffe bereits vor dem Rotteprozess weitestgehend aus. Für die Feinabsiebung in der Kompost-Nachbehandlung bieten wir in Zusammenarbeit mit dem Maschinenbauunternehmen Binder+Co seit Kurzem ebenfalls eine Anlagenlösung an, welche unterschiedliche Separationsschritte in der Kompostnachbehandlung kombiniert. Eingesetzt werden dafür Komptech-Maschinen und eine Siebmaschine mit Spannwellensystem von Binder+Co. Dieses System arbeitet mit flexiblen Siebmatten, die sich abwechselnd dehnen und stauchen. So bleiben die Siebmattenöffnungen frei und selbst siebschwierige Aufgabematerialien werden effizient getrennt.

Die Komptech-Gruppe ist weltweit aktiv und betreut mehr als 3.500 Kunden in 80 Ländern. Welche Ländermärkte stehen aktuell oder langfristig noch auf Ihrer Agenda?
Auf dem afrikanischen Kontinent realisieren wir bereits mehrere Anlagenprojekte. Insbesondere dort wollen wir weitere Projekte umsetzen. Zudem ist Mittel- und Südamerika zukunftsträchtig. Auch in Asien werden wir unsere Aktivitäten intensivieren. Zum Beispiel haben wir im Auftrag der indonesischen Regierung eine stationäre Anlage zur Wiederaufbereitung fester Abfälle entwickelt und die Inbetriebnahme begleitet. Natürlich setzen wir auch in unseren etablierten Märkten in Europa und Nordamerika weiterhin auf Expansion.

Komptech ist auch in Ghana engagiert. Das afrikanische Land hat bekanntlich ein massives Abfallentsorgungsproblem. Fünf mobile Hausmüll-Aufbereitungsanlagen wurden dort mit „steirischer Technik“ ausgestattet. Dazu hat Komptech 25 Maschinen an die Jospong-Gruppe mit Sitz in der ghanaischen Hauptstadt Accra geliefert. Wie hat sich das Leuchtturmprojekt – wie Sie es nennen – seit 2018 entwickelt?
Unser Engagement in Ghana entwickelt sich sehr positiv. Neben einer Reihe von mobilen Aufbereitungslinien haben wir mehrere stationäre Anlagen realisiert. Damit konnten wir zu 3.800 neuen und sicheren Arbeitsplätzen und einer Recyclingrate von 60 Prozent beitragen. Darauf sind wir natürlich stolz und sprechen deshalb von einem Leuchtturmprojekt für Komptech. Weitere Projekte sind bereits fixiert, denn Ziel ist ein möglichst flächendeckendes Netz an Abfallaufbereitungsanlagen.

Der Markt für Ersatzbrennstoffe (EBS) ist nach dem Brexit im Umbruch: Der EU-Austritt und die wachsende Anlagenkapazität drosselten die EBS-Ausfuhren des Vereinigten Königreichs nach Kontinentaleuropa. Wie wirkt sich das auf Sie als Technologie-Lieferant von EBS-Produktionsanlagen aus?
Diese Veränderung spüren wir kaum. Was die Behandlung von gemischtem Abfall betrifft, ist das Interesse an Müllsplitting-Anlagen ungebrochen rege – vor allem um die Raten für die stoffliche Verwertung zu steigern. Die Herstellung von EBS für die energetische Verwertung wird auch in Zukunft einen wichtigen Teil- beziehungsweise Folgeprozess darstellen.

Nächstes Jahr feiert Komptech 30-jähriges Bestehen. Welche Events sind zum Jubiläum geplant?
Die IFAT ist sicherlich das Highlight im nächsten Jahr. In diesem Rahmen werden wir natürlich unser 30-jähriges Firmenjubiläum entsprechend zelebrieren. Des Weiteren überarbeiten wir derzeit unseren Markenauftritt grundlegend. Wir wollen uns weiterentwickeln, vom Dienstleister noch stärker hin zum Kooperationspartner, damit unsere Kunden noch einfacher und schneller mit unserer Hilfe ihr betriebliches Potenzial gut ausnutzen können. Zudem erreichen im nächsten Jahr neue Produkte und Lösungen von Komptech Marktreife. Man darf also gespannt sein.

Die Zeit und die Technik werden nicht stehenbleiben. Welche weiteren Pläne und Ziele haben Sie für die Zukunft Ihres Unternehmens?
Nachhaltigkeit und CSR (Corporate Social Responsibility) stehen bei uns weit oben auf der Agenda. Eines unserer nächsten Ziele ist, ein CO2-freies Unternehmen zu werden. Dazu setzen wir bereits eine Reihe von Maßnahmen um und befinden uns aus meiner Sicht auf einem sehr guten Weg. Der Ausbau unserer Marktführerschaft steht ganz klar ebenfalls weiter bei uns auf der Tagesordnung. Hierbei spielen Elektrifizierung, Digitalisierung und KI eine große Rolle. Wir werden unsere bestehenden Kompetenzfelder vertiefen, aber uns auch mit neuen Geschäftsfeldern beschäftigen. Für uns sind Abfälle nichts anderes als Rohstoffe an der falschen Stelle. Entsprechend dem Leitgedanken „Technology for a better environment“ werden wir uns daher auch künftig darauf fokussieren, neue Technologien zu entwickeln, die einen positiven Beitrag für die Kreislaufwirtschaft und damit für die Gesellschaft leisten.

Herr Dr. Leitner, vielen Dank für das Gespräch!
(Das Gespräch führten Marc Szombathy und Dr. Jürgen Kroll)

www.komptech.com

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2021, Seite 38, Foto: Komptech GmbH)