Abwasserverordnung: Vorgezogener Vollzug widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien
Der Entwurf zur Änderung des Anhang 27 der Abwasserverordnung (AbwV) geht weit über eine 1:1 Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen hinaus und gefährdet die Wirtschaftlichkeit von KMUs.
Die Bundesvereinigung Deutscher Stahl- und Recyclingunternehmen (BDSV) weist darauf hin, dass die geplante Änderung des Anhangs 27 der AbwV (Abwasserverordnung) noch nicht in Kraft sei und daher auch nicht in laufenden Genehmigungsverfahren von zuständigen Landesbehörden in den Bundesländern vorläufig vollzogen werden dürfe. „Das Vorgehen einzelner Landesbehörden steht im Widerspruch zu geltenden rechtsstaatlichen Prinzipien“, kritisiert BDSV Hauptgeschäftsführer Thomas Junker. „Wir appellieren an die Behörden, auf Vollzugsebene, solange die bestehenden Regelungen anzuwenden.“
Bislang kein Referentenentwurf
Die BVT-Schlussfolgerungen zur Abfallbehandlung gemäß Durchführungsbeschluss der EU-Kommission 2018/1147 vom 10. August 2018 enthalten unter anderem Grenzwerte und Analysevorschriften für die Direkt- und die Indirekteinleitung in Gewässer. Zur Umsetzung der Schlussfolgerungen in nationales Recht wurde am 10. September 2020 ein Diskussionsentwurf für eine Änderung des Anhang 27 der AbwV vorgelegt, zu dem zahlreiche Verbände ihre Stellungnahmen abgegeben haben. Ein entsprechender Referentenentwurf zur Änderung der AbwV liegt noch nicht vor.
Neben der Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen und den damit verbundenen Grenzwerten im Entwurf des Anhang 27 der AbwV werden auch weitere Grenzwerte und Anforderungen festgelegt. Dabei wird der Anwendungsbereich auf nicht IED-Anlagen erweitert und es werden Schrottplätze explizit in den Geltungsbereich mit aufgenommen. Aus Sicht der BDSV ist eine 1:1 Umsetzung des europäischen Rechts somit nicht sachgerecht erfolgt. Zudem sind keine Tonnagen-Grenzen zur Definierung des Anwendungsbereiches vorgenommen worden, wie dies die BVT-Schlussfolgerungen unter anderem für die Lagerung von gefährlichen Abfällen vorgeben (bspw. BVT, S. 39). Darüber hinaus werden in den allgemeinen Anforderungen des Anhangs 27 zur AbwVO (in B Nr. 3 – der Kontakt von gefährlichen Abfällen mit Niederschlagswasser ist vollständig zu unterbinden) Anforderungen formuliert, die sogar deutlich über die Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) hinaus gehen.
Die BDSV bemängelt, dass es derartig erhöhte Anforderungen vor allem für kleine und mittelständische Betriebe immer schwerer machen, wirtschaftlich zu arbeiten. Diese nicht sachgerechte Umsetzung des europäischen Rechts hätte vor allem negative Auswirkungen auf die Kreislaufwirtschaft zur Folge, weshalb der deutsche Gesetzgeber dringend aufgefordert ist, schnell nachzubessern.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2021, Seite 12, Foto: Roman Shashko / pixabay.com)