LIB-Recycling: Zwischen Nachfragesteigerung und Importabhängigkeit

Im Juni 2021 veröffentlichte der europäische NE-Metalle-Verband Eurometaux ein Factsheet über „Rohstoffe für Europas Batterie-Revolution“. Auf dieser Grundlage informierte Eurometaux-Mitarbeiterin Kamila Slupek am 22. September 2021 auf dem Batteriekongress des ICM über die Bedingungen für ein erfolgreiches Batterierecycling.

Europas Green Deal sieht die Transformation seiner Ökonomie bis 2050 in eine nachhaltige, klimaneutrale Kreislaufwirtschaft vor. Bis dahin wird nach Schätzungen der Weltbank aus dem Jahr 2017 weltweit die Nachfrage nach Metallen im Batteriebereich um 1.000 Prozent steigen, für Windturbinen ein Zuwachs an 300 Prozent zu erwarten sein und die Menge der Solar-Paneele um 200 Prozent zulegen. Der Marktanteil der Lithium-Ionen-Batterien (LIB) an der Energiespeicherung wird sich – je nach Lithium-Menge pro Einheit – im Automobil-Sektor von heute zwei auf 30 beziehungsweise 50 Prozent bis 2050, im öffentlichen Stromnetz von null auf 40 beziehungsweise 50 Prozent und bei der dezentralisierten Energiespeicherung von fünf auf 33 beziehungsweise 50 Prozent erhöhen. Dazu – so Kamila Slupek – sei neben einer nachhaltigen europäischen Batteriegesetzgebung, die den gesamten Lebenszyklus der Batterien abdeckt und reguliert, eine verantwortungsvolle und ethisch begründete Beschaffung von Rohmaterialien notwendig.

Zwei Batterietypen
In Europa dominieren zurzeit zwei Batterie-Technologien den Markt – neben Nickel-, Natrium-, Vanadium- und Zink-Versionen. Quantitativ herrscht eine Technik vor, deren Batterien zu 95 Prozent aus Bleisäure bestehen. Daneben wächst der Anteil an Lithium-Ionen-Batterien, deren Umhüllung aus Kupfer und Aluminium, deren Anodenmaterial aus Graphit und deren Kathoden aus Mangan, Nickel, Cobalt und Lithium bestehen. Je nach chemischer Zusammensetzung der Batterie differieren die Anteile: Sie betragen im Durchschnitt 1,5 Prozent Kupfer, 21,9 Prozent Aluminium, 32,5 Prozent Graphit, 6,3 Prozent Mangan, 18,1 Prozent Nickel, 5,0 Prozent Cobalt und 3,8 Prozent Lithium.

Nachfrage steigend
Je nach Anwendung wird sich in den nächsten Jahren die globale Nachfrage nach den beiden Batterietypen ändern. Kurz gesagt wird damit gerechnet, dass die durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von Bleisäure-Batterien jährlich um den Faktor 1,15 steigen wird, während sich im Lithium-Ionen-Bereich eine Quote von 14,0 Prozent entwickeln wird, die sich aus Elektromobilität (26 Prozent), Energiespeicherung (38 Prozent) und Benutzerelektronik (5 Prozent) zusammensetzt. Für Europa bedeutet dies eine Nachfragesteigerung nach Lithium um den Faktor 18 bis 2030 und 50 bis 2050; Cobalt wird 5-mal beziehungsweise 15-mal so stark nachgefragt, während Nickel um den Faktor 1 beziehungsweise 3,5 zulegen wird.

Auf Importe angewiesen
Diese Rohstoffe müssen – unter Berücksichtigung des CIRAF (Cobalt Industry Responsible Assessment Framework), der Cobalt-Responsible Minerals Initiative und dem Joint Due Diligence Standard für Kupfer, Nickel, Blei und Zink – importiert werden. Dadurch ist Europa von der Einfuhr von Lithium als Erzkonzentrat zu 87 Prozent von Chile und Australien abhängig, die zusammen 75 Prozent der globalen Erze schürfen. Lithium als Raffinade muss zu 100 Prozent aus dem Ausland angeliefert werden, wo Chile und China den Markt mit 44 beziehungsweise 39 Prozent beherrschen.

Bei Cobalt ist Europa zu 86 Prozent vor allem auf Zwischenprodukte aus ausländischen Minen angewiesen; hier ist der Kongo mit 59 Prozent Marktanteil tonangebend. Den entsprechenden Raffinademarkt führt China mit 49 Prozent Anteil an. Auch bei Nickel besteht mit 59 beziehungsweise 77 Prozent eine Abhängigkeit vom Ausland: Während bei Erzkonzentraten keine Lieferdominanz eines einzelnen Staates besteht, hat bei den Raffinaden China mit 29 Prozent Marktanteil die Nase vorne – vor Russland mit zwölf Prozent. Lediglich beim Nachschub von Blei besteht keinerlei Abhängigkeit. Denn obwohl China mit 49 Prozent bei den Erzkonzentraten und 43 Prozent bei Raffinaden eindeutiger globaler Marktführer ist, reicht die Eigengewinnung Europas mit vier beziehungsweise 13 Prozent offenbar zur Selbstversorgung aus.

Potenzial für Investments vorhanden
Darüber hinaus gibt es nach Darstellung von Eurometaux in etlichen europäischen Staaten Potenzial für zukünftige Investments in Erzgewinnung, Raffinade-Herstellung und Recycling-Projekte. Solche bieten sich beispielsweise in Skandinavien, Deutschland, Frankreich, Belgien und Italien für Batterierecycling an. Kupferbearbeitung ist in Schweden und Polen möglich. Und unter den Standorten zur Lithium-Verwertung finden sich neben mittel- und südeuropäischen Staaten auch Finnland, Irland, Slowakei und die Tschechische Republik.

Keine Zahlen fürs LIB-Recycling
Den Angaben zufolge betreiben 19 Staaten der Europäischen Union ein 98-prozentiges Closed-Loop-Recycling von Bleisäure-Batterien. Für die Aufbereitung von Lithium-Ionen-Batterien liegen bislang keine dezidierten Zahlen vor, da der Markt für diesen Batterietyp sich noch im Wachstum befindet und die überwiegende Menge erst in zehn bis 15 Jahren das Ende ihres Lebenszyklus‘ erreichen wird.

Schätzungen laufen darauf hinaus, dass bis 2030 – neben geringen, in etwa gleichbleibenden Mengen von Test- und Retouren-Exemplaren – rund 180.000 Tonnen an Produktionsabfällen und gut 120.000 Tonnen an Altbatterien anfallen werden. Damit liegen insgesamt circa 300.000 Tonnen an Lithium-Ionen-Material vor, die dann für das Recycling mit einem Altmetall-Wert zwischen 13 und 36 Euro pro Kilowattstunde – je nach Technologie – zur Verfügung stehen. Bereits bis 2025 sollen die Vorbehandlungs-Kapazitäten auf 200.000 Tonnen erweitert werden.

Den Green Deal umsetzen
Kamila Slupek gab in ihrem Vortrag zu bedenken, dass für ein erfolgreiches Batterierecycling unter anderem eine „robuste Methodologie“ stehen und „gleiche Behandlungsbedingungen“ auch für Altbatterien und Batterien zum Export in Drittstaaten definiert werden sollten. Auch wäre es wünschenswert, Überlappungen und Unstimmigkeiten in den EU-Strategien zu vermeiden, die – wie REACH, Altauto-Direktive oder OSH-Rahmenrichtlinie – die Nutzung von gefährlichen Substanzen in Batterien regulieren, und eine widerspruchsfreie EU-Abfall-Gesetzgebung festzusetzen – beispielsweise für den Transport von Batterien in vorab genehmigte Anlagen. Denn – folgerte die Autorin – „Batterien sind sehr wichtig für die Umsetzung der Ambitionen des Green Deal der EU für 2050 hinsichtlich klimaneutraler Wirtschaft und der Transformation im Mobilitäts- und Energie-Sektor“.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2021, Seite 38, Foto: Dr. Jürgen Kroll)

 

Anzeige