BIR Global eForum 2021: Recycling-Kunststoffe sind begehrt, aber massive Transportprobleme bremsen

Ein positiver Trend und zwei herausfordernde Entwicklungen beschäftigten die Teilnehmer am Webinar des Kunststoffkomitees, das das Bureau of International Recycling (BIR) im Rahmen des „Global eForum“ online veranstaltete.

„Die Preise haben jetzt Höhen erreicht, die wir in der Vergangenheit nie erwartet hatten“, kommentierte Henk Alssema (Vita Plastics, Niederlande) die für viele in der Branche erfreuliche Tatsache, dass die Preise für Sekundärkunststoffe gestiegen sind. Als Grund nannte er die zunehmende Verschiebung in der Nutzung von Sekundärmaterialien gegenüber Neuware, da immer mehr Unternehmen zu zirkulären Geschäftsmodellen übergingen. „Die Frage ist, ob wir – als Recyclingindustrie – weiterhin ausreichend rezykliertes Material an die Kunststoffindustrie liefern können, zumal mehr Firmen Sekundärware einsetzen“, gab er zu bedenken.

Über das Materialspektrum hinweg sei der Wert von Primärware nicht mehr die Preisobergrenze für Recyclingware, konstatierte der Gastredner Mark Victory, leitender Redakteur für den Bereich Recycling beim britischen Anbieter von Marktinformationen ICIS. Seinen Angaben zufolge notieren beispielsweise die Preise für farblose PET-Flakes über denen der Primärware. Dies demonstriere die Nachfrageintensität sowie die Bereitschaft von Unternehmen, aufgrund des Drucks von Ordnungspolitik und Verbrauchern für Recyclingmaterialien mehr als für Neuware auszugeben, um die gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen.

Laut Mark Victory reflektieren die Preise für rezyklierte Materialien in ihren Märkten die Faktoren von Angebot und Nachfrage. In Europa hätten die Preise für rPE und rPP wegen des Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage (vor allem von Seiten der Verpackungsindustrie sowie den Märkten für schnelllebige Konsumgüter) Rekordhöhen erreicht. Im Hinblick auf die Materialverfügbarkeit in Europa geht er davon aus, dass beispielsweise die Sammelmengen von Recycling-PET um ein Drittel erhöht werden müssten, um 2025 das EU-Ziel im Hinblick auf Einweg-Kunststoffe zu erreichen; um die entsprechenden Ziele für das Jahr 2029 einzuhalten, müssten sich die Mengen um 60 Prozent ausweiten. Allerdings habe die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate bei den Sammelmengen in den zurückliegenden Jahren näher bei zwei Prozent gelegen. Die Defizite bei rPE und rPP seien noch stärker ausgeprägt, so der Gastredner.

Dr. Steve Wong (Fukutomi Recycling Ltd, China), Präsident der China Sustainable Plastics Association, erwartet weiter steigende Preise für Recyclingmaterialien, nicht nur aufgrund der Vorgabe der chinesischen Regierung, den Elektrizitätsverbrauch in vielen Teilen des Landes zu drosseln; dies habe zu höheren Kosten und kürzeren Betriebszeiten für einen beträchtlichen Anteil von Fabriken geführt. Als weitere Gründe nannte er die Auswirkungen der zunehmenden Ausgaben für Logistik sowie Umweltbelastungen.

Logistikexperte Theo van Ravensteyn (MSC Nederland) sprach die Unterbrechungen der Lieferketten an und informierte, dass Probleme mit dem Frachtverkehr besonders akut in Häfen sind, wo die Zeit zwischen dem Anlegen des Schiffes und dem Löschen der Container bis zu zwölf Tage dauern könne, nicht zuletzt wegen des Mangels an Arbeitern und Lastwagenfahrern. Weltweit würden zwei von drei Schiffe ihren Zeitplan nicht einhalten können. Die Situation soll sich nach der Prognose des Fachmanns aber im kommenden Jahr verbessern.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 31, Autorin: Brigitte Weber, Foto: Petra Hoeß, FABION Markt + Medien / abfallbild.de)