Was sich in der britischen Abfallwirtschaft ändert

Das Vereinigte Königreich macht – so scheint es – Tempo bei den „Zero Waste“- und Recyclingzielen. Seit April gilt eine Steuer auf Kunststoffverpackungen. Schottland führt nächstes Jahr ein Einweg-Pfandsystem ein. Und es sind weitere regulative Eingriffe in die britische Abfallwirtschaft zu erwarten.

Grundlage sind der im Jahr 2018 beschlossene „25 Year Environment Plan“ und die „Resources and waste strategy“ der Regierung sowie die im Juli 2021 vorgestellte „Zero Avoidable Waste Routemap in Construction“, für die das Construction Leadership Council, ein Koordinationsgremium aus Bauwirtschaft und Politik, verantwortlich zeichnet. Bauabfälle machen mit über 60 Prozent den größten Abfallstrom im Vereinigten Königreich aus.

Im Wesentlichen sollen bis 2025 sämtliche Kunststoffverpackungen recycel-, wiederverwend- oder kompostierbar sein, bis 2030 keine Lebensmittelabfälle mehr auf Deponien landen, bis 2040 nicht-gefährliche Bauabfälle nicht mehr deponiert werden dürfen, bis 2050 die Ressourcenproduktivität verdoppelt und das Ziel der Abfallvermeidung jeder Art erreicht sein. Gemäß des „Circular Economy Package policy statement“, das seit gut zwei Jahren die „Resources and waste strategy“ ergänzt, sollen bis 2035 nicht mehr als zehn Prozent der Siedlungsabfälle deponiert werden und die Recyclingquote bis dahin 65 Prozent betragen. England hat mit 7,8 Prozent (Stand: 2021) bereits die niedrigste Deponierungsquote bei Siedlungsabfällen und zählt die meisten Ersatzbrennstoffkraftwerke: 25 Anlagen gibt es schon. Weitere sind geplant und im Bau.

Vor-Corona-Zahlen und neue Gesetze
Nach den Informationen des Department for Environment, Food & Rural Affairs (britisches Umweltministerium, kurz: Defra) und des nationalen Statistikamtes ist zwischen 2010 und 2018 das Brutto-Abfallaufkommen in Großbritannien um 7,5 Prozent auf 222,2 Millionen Tonnen gestiegen und hat sich vermutlich mit Ausbruch der Corona-Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen weiter erhöht. 2019 (neuere Zahlen liegen nicht vor) wurden 26,4 Millionen Tonnen Abfälle aus Haushalten gesammelt und zu 46,2 Prozent recycelt – das ist etwa ein Prozent der Gesamtabfallmenge im Vereinigten Königreich. Die energetische Verwertung kommt auf einen Anteil von 48,1 Prozent. Rund 5.700 Unternehmen der britischen Abfallwirtschaft erzielten 2019 einen Umsatz von umgerechnet 26,2 Milliarden Euro und beschäftigten 106.000 Mitarbeitende.

Am 1. April 2022 trat die „Plastics Packaging Tax“ in Kraft. Besteuert werden Verpackungen, die zu weniger als 30 Prozent aus Recyclingkunststoff hergestellt sind. Wie Germany Trade & Invest dazu berichtet, beträgt die Abgabe umgerechnet etwa 240 Euro pro Tonne und betrifft sowohl den B2C- als auch den B2B-Verkehr sowie importierte Waren, wenn Unternehmen mehr als zehn Tonnen Kunststoffverpackungen pro Jahr auf die Insel bringen.

Marktexperten gehen von weiteren staatlichen, regulativen Eingriffen in die britische Abfallwirtschaft aus, die das Recycling im Vereinigten Königreich befördern sollen. So wird ein neues Gesetz zur erweiterten Herstellerverantwortung erwartet. Schottland führt nächstes Jahr ein Einweg-Pfandsystem für Getränkeverpackungen ein. England, Wales und Nordirland wollen dem Beispiel folgen, dass Einwegbehälter recycelt werden. Denkbar ist auch eine Rücknahmepflicht auf Kaffeebecher in Cafés. Ab dem 16. August 2023 müssen jedenfalls in Schottland Kunden pro Verpackung ein Pfandentgelt von umgerechnet 24 Cent entrichten, das nach Rückgabe erstattet wird.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2022, Seite 22, Foto: David Mark / pixabay.com)