Wie mit einem Coinjektions-Spritzgießverfahren Regranulat verarbeitet werden kann
Die Kunststoffindustrie steht vor der dringenden Herausforderung, den geschlossenen Wertstoffkreislauf für Polymere flächendeckend umzusetzen. Dies bedeutet zum einen die Bewältigung und Kanalisierung der Vielzahl an verschiedenen Stoffströmen; zum anderen muss es gelingen, geeignete Verarbeitungstechnologien für Rezyklate zu hochwertigen Bauteilen zu etablieren.
Vor diesem Hintergrund untersuchte die Neue Materialien Bayreuth GmbH zusammen mit den Partnern Ineos Styrolution und der Engel Austria GmbH, wie mit einem Coinjektions-Spritzgießverfahren Regranulat aus Post-Consumer-rABS verarbeitet werden kann. Ziel dabei war es, Bauteile herstellen zu können, die Produkten aus ABS-Neuware hinsichtlich Oberfläche und Form, aber auch bezüglich ihrer mechanischen Eigenschaften entsprechen.
Zur Erfüllung der Anforderungen an die Oberfläche bestand der Ansatz darin, das Recyclingmaterial als Kernmaterial zu verwenden und es so unsichtbar zu machen. Hierzu wurde das ABS-Rezyklat noch im Schmelzezustand in eine ummantelnde ABS-Neuware eingespritzt, wodurch der entstehende Rezyklatkern von dem Neumaterial vollständig verkapselt wird. Eine komplette und gleichmäßige Ummantelung muss auch bei der Herstellung von 2D- und 3D-geformten Bauteilen gewährleistet sein, um Einschränkungen bei der Gestaltung der Bauteiloberfläche zu verhindern.
Hochwertige 3D-Bauteile
In der gemeinsamen Forschungskooperation konnte gezeigt werden, dass es sowohl mit dem klassischen, sequentiellen Coinjektions-Spritzgießen als auch mittels des Skinmelt-Verfahrens der Engel Austria GmbH möglich ist, hochwertige 3D-Bauteile mit einem hohem Anteil an ABS-Regranulat von bis zu 50 Prozent im Kern zu produzieren. Damit lassen sich für das stoffliche Recycling von ABS neue Anwendungen und Einsatzgebiete erschließen.
Herauszustellen ist dabei neben dem Erhalt der gestalterischen Freiheit bei Oberfläche und Formgebung auch das Niveau der mechanischen Eigenschaften. Durch optimierte Prozessführung und eine abgestimmte Materialkombination aus Neuware-ABS und Post-Consumer-rABS entsprechen die mechanischen Eigenschaften der Teile mit Rezyklatanteil denen vergleichbarer, ausschließlich auf Neuware basierender Bauteile.
Ein weiterer Vorteil des in dem Projekt verfolgten Ansatzes ist, dass nur eine einzige Materialsorte verarbeitet wird. Durch die Gestaltung als Monomaterialbauteil wird eine Kreislaufwirtschaft nicht nur während der Herstellungsphase unterstützt, sondern auch am Ende des Produktlebenszyklusses die Recyclingfähigkeit sichergestellt.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2022, Seite 48, Foto: NMB)