Produkten aus Recyclingkunststoffen den Vorzug geben

Seit Oktober 2020 formuliert das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine Pflicht für die öffentliche Beschaffung, Produkte zu bevorzugen, die unter Einsatz von Rezyklaten hergestellt wurden. Wie können Vergabestellen das pragmatisch in die Praxis umsetzen?

Bei der Abschlusskonferenz des UBA-Forschungsvorhabens „Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten“ stellten die Wissenschaftlerinnen Ria Müller und Eva Wiesemann vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Ausschreibungsempfehlungen für verschiedene Produkte vor und zeigten auf, welche Möglichkeiten es gibt, rezyklathaltige Kunststoffprodukte verstärkt zu berücksichtigen.

Mehr Klarheit für die öffentliche Beschaffung
Beschaffungsverantwortliche stehen mit der Bevorzugungspflicht vor vielen Fragen. Unklar ist etwa, wie diese in Vergabeunterlagen aufgenommen werden kann. IÖW und Öko-Institut stellten am 24. März auf der Online-Fachkonferenz „Rezyklathaltige Kunststoffprodukte im öffentlichen Einkauf: Ausschreibung, Wertung und Vertragsgestaltung“ den 60 Teilnehmenden zentrale Projektergebnisse aus dem Vorhaben „Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten“ vor.

 

Hintergrund des Projekts
Im Refoplan-Forschungsvorhaben „Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten“ sollen verschiedene Maßnahmen geprüft werden, die geeignet erscheinen, um die Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten zu erhöhen. Im Vorhaben wurden dafür praxistaugliche und vergaberechtskonforme Vorschläge erarbeitet.

Ein Ziel des Vorhabens war es zu ermitteln, in welchen beschaffungsrelevanten Produkten Kunststoffrezyklate aus Endverbraucherabfällen sinnvoll in größerem Maße eingesetzt werden können. Dabei hat die Funktionsfähigkeit oberste Priorität: Zwingend muss eine gegenüber Referenzprodukten gleichwertige Gebrauchstauglichkeit und Stabilität gegeben sein.

 

Müller und Wiesemann erläuterten die Vergabeempfehlungen zur vereinfachten Beschaffung von rezyklathaltigen Produkten: Ausschreibungstexte sind vorformuliert, die Prüfung wird durch Vorschläge für geeignete Nachweise und handhabbare Wertungsmatrizen erleichtert. Auf dieser Basis können vorhandene Vergabeunterlagen für Büroartikel, Stühle, Mülltonnen, Verkehrs-Leitelemente, Rigolen beziehungsweise -tanks und weitere Produkte im Sinne der Bevorzugungspflicht angepasst werden, speziell mit Blick auf den Rezyklatgehalt. Außerdem behandelte die Konferenz Fragen, ob Rezyklat-Kunststoffe von gleichwertiger Stabilität und Farbgebung sind und welche flankierenden Maßnahmen zur Nachfragesteigerung bestehen. Das Umweltbundesamt plant, die Handreichung im zweiten Quartal 2021 zu veröffentlichen.

Hersteller und Handel informieren
Auch Hersteller und Handel benötigen Informationen darüber, wie sich diese Bevorzugungspflicht auf sie auswirkt. Welche Anforderungen werden ab sofort in öffentlichen Ausschreibungen an sie gestellt? Wie ist der Rezyklatanteil in den Produkten nachzuweisen? Die Referentinnen gaben Hinweise darauf, was besonders zu achten ist. Sowohl in der regen Diskussion als auch im begleitenden Chat-Forum wurde betont, dass Bieterdialoge ein adäquates Format sein können, um insbesondere bei ambitionierten Produktgruppen wie Stühlen, Rigolen(-tanks) oder auch Bussen, Trams und S-Bahnen gemeinsam mit der Branche eine passende Leistungsbeschreibung zu definieren, die die Marktverfügbarkeit und das Hersteller-Know-how beim Einsatz rezyklathaltiger Kunststoffe berücksichtigt.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2021, Seite 8, Foto: O. Kürth)