Dem Recycling von GFK/CFK auf der Spur

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) gelten als beständig und „langlebig“, bruch- und schlagfest sowie robust gegen Wetter und Witterung. Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) überzeugen durch geringe Masse, hohe Steifigkeit und enorme Zugfestigkeit. Ihre Entsorgung stößt jedoch auf Probleme. Das Umweltbundesamt hat jetzt zwei Berichte vorgelegt, die verdeutlichen, wie diese Materialien sinnvoll recycelt werden können.

Die erste Arbeit – der Abschlussbericht zur „Entwicklung von Rückbau- und Recyclingstandards für Rotorblätter“ – ist ein 582 Seiten starkes Konvolut, an dem mehr als 20 Experten mitgearbeitet haben. Als eine „besondere Herausforderung“ sieht der Bericht das Rotorblattrecycling von glasfaser- und carbonfaserverstärkten Anlagenteilen an. Die größten Unsicherheiten resultieren aus der Bestimmung des Anteils an CFK-haltigen Rotorblättern sowie des Anteils an CFK je Rotorblatt.

„Eine allgemeine Herangehensweise zur Quantifizierung von Rotorblattabfällen ist kompliziert, da die Datenverfügbarkeit auf nationaler Ebene variiert“, wird der Leser der Studie gewarnt. Intensive Recherchen, drei Kalkulationsansätze sowie Szenario-Analysen waren nötig, um die Menge der verstärkten Carbonfasern in Deutschland bis 2040 zu berechnen. So kommen die Autoren der Studie je nach Definition auf eine Summe von 325.726 bis 429.525 Tonnen GFK-Abfällen aus GFK-Rotorblättern. Aus CFK-haltigen Rotorblättern werden für diesen Zeitraum 76.927 bis 211.721 Tonnen veranschlagt. Außerdem besitzen – je nach Berechnung – elf bis 32 Prozent der deutschen Windkraftanlagen Rotorblätter mit gemischtem CFK-/GFK-Material.

Es bleiben Potenziale
Bislang hat sich das Recycling von glasfaserhaltigen Reststoffen aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen nicht am Markt etablieren können. Laut Studie ist die besondere Aufbereitung zu aufwändig, der Rezyklatwert im Vergleich zu Neufasern zu gering, und selbst in kontinuierlich arbeitenden Anlagen stimmt das Nutzen-Kosten-Verhältnis nicht. Deponierung ist ausgeschlossen, Verbrennungsverfahren sind ungeeignet. „Es bleiben Potenziale bei der Erzeugung mineralischer Werkstoffe oder einer organik­reduzierenden Pyrolyse.“

Zurzeit ist lediglich eine Verwertung bei einem Einsatz im Zementwerk kommerziell sinnvoll, indem die Glasfasern im Klinker als SiO2 stofflich genutzt werden. Eine mechanische Verwertung von GFK zur Herstellung eines Füllstoffersatzmaterials erreichte zwar einen Technologiereifegrad von 9, konnte sich jedoch wirtschaftlich nicht durchsetzen. Im Labormaßstab fanden auch Versuche zur GFK-Auftrennung mittels Hochspannungs-Frequentierung, im Wirbelschichtreaktor, mittels Mikrowellenpyrolyse und über Solvolyse statt. Die Studie gibt aber zu bedenken, dass die mechanischen Eigenschaften der gewonnen Fasern bei fast allen betrachteten Verfahren im Vergleich zu Neufasern teils erheblich reduziert ausfielen.

Kein Grund zur Sorge
Im Gegensatz zur Glasfaser-Variante zeichnen sich carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) durch sehr gute physikalische Eigenschaften aus, auch wenn ihre Herstellung sehr energie- und kostenintensiv ist. Laut LAGA-Bericht zur „Entsorgung faserhaltiger Abfälle“ liefert das Aufkommen von Carbonfaser- oder Carbonfaser-Kunststoffhaltigen Abfallströmen aus Windenergieanlagen zurzeit keinen Grund zur Sorge. Zudem zielt auch das Recycling von CFK auf eine Separierung von Fasern und Matrix ab, um die Fasern ohne Kontamination für neue Komposite einzusetzen.

Mit konventioneller Pyrolyse
Derzeit ist kein rein mechanisches Zerkleinerungsverfahren bekannt, das CFK im industriellen Maßstab verwerten kann. Hauptsächlich deshalb, weil hierdurch die Faserkürzung eine Verschlechterung der Materialeigenschaften mit sich bringt, aber auch, weil der Werkzeugverschleiß die Betriebskosten erhöhen würde. Während eine Hochfrequenz-Fragmentierung erst im Labormaßstab betrieben wird, gibt es europaweit vier Firmen mit einer Gesamtkapazität von schätzungsweise 6.000 Tonnen jährlich, die die Carbonfasern mittels unterschiedlicher konventioneller Pyrolyse-Techniken mit einem Technologiereifegrad von 9 von Störstoffen befreien und rückgewinnen. „Die konventionelle Pyrolyse stellt aktuell die einzig kommerziell verfügbare großtechnische Lösung zum Recycling CF-verstärkter Faserverbundwerkstoffen (FVW) dar.“ Doch noch sind die Kapazitäten begrenzt, fasst die UBA-Studie zusammen. Erforscht werden auch Pyrolysetechniken unter Einsatz von Mikrowellen oder Recycling durch Wirbelschichtreaktoren, thermokatalytische Entgasung und Solvolyse. Des Weiteren könnten recycelte Carbonfasern Verwendung als Rohstoff finden, so beispielsweise in metallurgischen Prozessen oder bei der Herstellung von Calciumcarbid.

Ein zweiter Band aus dem Bundesumweltamt hat es sich zum Thema gemacht, digitale Kreisläufe von Faserverbundwerkstoffen zu schließen. Auf über 350 Seiten erfährt der Leser, wo überall im Sport- und Freizeit-Bereich derartige Materialien Einzug gehalten haben und wie sie rückgewonnen werden könnten. Die Palette reicht von Booten, Flugzeugen und Fahrrädern bis zu Wanderschuhen.

Sportboote und Surfbretter
Es gibt keine vollständigen offiziellen Angaben, wie viele (Sport-)boote jährlich in Deutschland als Abfall gegenwärtig oder zukünftig anfallen. Zudem liegen keinerlei statistische Erhebungen darüber vor, wie viele Boote (als Abfall) exportiert, illegal entsorgt werden oder an Flüssen, Seen oder auf Privatgrundstücken lagern. Dies kann sich nachteilig auf eine fachgerechte Entsorgung auswirken, da ohne klare Mengenvorstellungen keine Investitionen in dem Bereich getätigt werden.

Schätzungen sprechen von 216 Motorbooten und Segelbooten, die pro Jahr tatsächlich entsorgt werden. Unter der Annahme, dass pro demontiertem Sportboot durchschnittlich circa 0,77 Tonnen an GFK-Abfällen entstehen, sind das nach Angaben der European Boating Industry rund 166 Tonnen pro Jahr. Das Potential an GFK-Mengen der geschätzten 20.000 bis 30.000 nicht mehr genutzten Sportboote in Deutschland liegt allerdings zwischen 15.400 und 23.100 Tonnen. Zählt man die hohe Anzahl kleiner Boote (wie beispielsweise Wassermotorräder, Kanus und Tretboote) hinzu, liegen die jährlichen GFK-Mengen deutlich darüber. Hinzu kommen – basierend auf der aktuellen Zahl an Surfern und der Lebensdauer von Surfbrettern – jährlich circa 390.000 Surfbretter in Deutschland, die zur Entsorgung anfallen. Hier ist allerdings mit sehr geringen Einsatz- beziehungsweise Abfallmengen an GFK zu rechnen. Es konnten mit Kieler Schrotthandel GmbH, ReBoat GmbH, Neocomp und Roth international vier Unternehmen ermittelt werden, die in Deutschland Anlagen zur Bootsverwertung betreiben, sowie mit Lokai Wassersportler und AES zwei Firmen, die die Bootsentsorgung für Kunden übernehmen.

In Flugzeugen und Motoseglern
Für Leicht- und Segelflugzeuge besteht eine Zulassungspflicht beim Luftfahrtbundesamt. Die dortigen Abmeldungen sagen jedoch nichts über die tatsächliche Menge an Flugzeugen aus, da die Mehrzahl nach Abmeldung ins Ausland verkauft wird und somit nicht als Abfall gilt. Ein Stakeholder wird zitiert, wonach an Segelflugzeugen und Motorseglern „eine einstellige bis niedrige zweistellige Anzahl an Altflugzeugen pro Jahr in Deutschland anfällt“. Bei einem durchschnittlichen Leergewicht von 450 Kilogramm summiert sich das auf vier bis acht Tonnen an Abfällen und ein CFK-/GFK-Aufkommen von drei bis sieben Tonnen pro Jahr. Ein Recycling von post-consumer CFK und GFK im Flugzeugbereich findet laut Studie aktuell nicht statt. Folglich gibt es hierfür keine großen, etablierten Recyclingfirmen, und es ist anzunehmen, dass der Großteil der CFK/GFK-Abfälle in diesem Bereich schließlich beseitigt wird.

Brillengestelle und Geigenbögen
Die dritte Produktgruppe besteht aus CFK-haltigen Bedarfsgegenständen, also Produkten aus dem Sport-, Freizeit- und Medizinbereich, die vorrangig von Privatpersonen genutzt und üblicherweise als Hausmüll beziehungsweise hausmüllähnlicher Abfall entsorgt werden und keinen anderen Entsorgungsauflagen unterliegen. Ihre Mengenbestimmung erweist sich als besonders schwierig, weil darunter Diverses wie Billiardqueues, Brillengestelle, Fahrräder, Geigenbögen, Geldbörsen, Modellflugzeuge, Rollatoren, Snowboards, Wanderschuhe oder Zeltstangen fallen. Beispielhaft errechnet die Studie, dass bei Fahrrädern im aktuellen Bestand 42.000 Tonnen CFK vorkommen, in Skiern und Snowboards ein GFK-Anteil in Höhe von 20.703 Tonnen besteht und 50 Prozent aller Golfschläger insgesamt 252 Tonnen CFK enthalten. Die LAGA geht aktuell europaweit von einer jährlichen Abfallmenge in Höhe von 4.000 Tonnen Carbon-FVW beziehungsweise 3.300 Tonnen CFK an Sport- und Freizeit-Produkten aus Privathaushalten aus.

Die Bedeutung nimmt zu
Der Schluss daraus: „CFK wird in einer Vielzahl von Bedarfsgegenständen eingesetzt und die Bedeutung nimmt zu.“ Ob Nischenprodukte oder Produktgruppen, bei welchen der Einsatz von CFK nicht unüblich ist: Auch sie enthalten „eine überschaubare Menge CFK und führen zu einer geringen Abfallmenge“. Die Studie räumt jedoch ein, dass in diesem Bereich Getrenntsammlung, Transport und Recycling „aktuell nicht wirtschaftlich attraktiv“ sind, die verarbeiteten Fasern sich nicht immer identifizieren lassen und geeignete Recyclingbetriebe fehlen. Allerdings müsse man sich angesichts steigender Einsatzmengen „Gedanken über den zukünftigen Umgang mit CFK-Abfällen“ machen. Konkret wurde der Blick auf die Länder Europas gerichtet, welche bereits fortgeschrittenere Praktiken im Bereich des End-of-Life Managements der Produktgruppen im Fokus umgesetzt haben, sowie auf Länder mit Küstengebieten (um die Relevanz für Boote abzudecken). Dies betraf vor allem Großbritannien, Schweden, Finnland, Spanien, Frankreich, die Niederlande, Norwegen und Italien. Dabei lag der Fokus der Recherche auf Beispielen für spezifische Rücknahmesysteme, Reparaturprojekte, Regelungen der abfallrechtlichen Produktverantwortung, technischen Normen, Handlungsanleitungen von Verbänden, Aufbereitungsnetzwerken, aber auch einschlägiger Literatur bezüglich der Produktgruppen im Fokus beziehungsweise Produkten oder Bauteilen aus FVW.

Abhilfe durch Bündelung
Das Recycling von Faserverbundwerkstoffen (FVW) und speziell Faserverbundkunststoffen (FVK) ist technisch anspruchsvoll. Es findet aktuell in Deutschland kaum statt. Hinzu kommt, dass die Mengen an Abfällen von carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) und glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) zu gering sind, um Recyclingverfahren wirtschaftlich zu gestalten. Eine Bündelung unterschiedlicher CFK- und GFK-Abfälle zu einem gemeinsamen Recyclingverfahren könnte hier Abhilfe schaffen. Vorgeschlagen wird auch die Festschreibung eines modularer Produktpasses mit gezielten Stakeholderinformationen in der europäischen Sportbootrichtlinie (2013/53/EU) sowie die Einführung eines Abfallschlüssel für Altprodukte und für Abfälle faserverstärkter Kunststoffe im europäischen Abfallverzeichnis (2001/118/EG). Dies erscheint für CFK- beziehungsweise GFK-Abfälle von Rotorblättern, bestimmten Bauprodukten, Sportbooten, Leichtflugzeugen oder Bedarfsgegenständen sinnvoll, da in diesen Produkten vergleichsweise große Mengen an FVK eingesetzt werden – und das mit steigender Tendenz. Die beiden beschriebenen Studien bieten dazu zahlreiche Beispiele für spezifische Rücknahmesysteme, Reparaturprojekte, Regelungen der abfallrechtlichen Produktverantwortung, technische Normen, Handlungsanleitungen von Verbänden, Aufbereitungsnetzwerke und auch einschlägige Literatur.

Der Abschlussbericht zur Aufbereitung von Rotorblättern ist unter umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/texte_92-2022_entwicklung_von_rueckbau-_und_recyclingstandards_fuer_rotorblaetter_0.pdf erhältlich, die Studie zu den Faserverbundwerkstoffen unter umweltbundesamt.de/publikationen/digital-kreislaeufe-schliessen-am-beispiel-des

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2023, Seite 34, Foto: Niels / stock.adobe.com)