Schrottmarktbericht August 2023: Asiatische Nachfragebelebung dämpft Preisreduzierungen

Aktuelle Frühindikatoren wie Auftragseingänge und Geschäftsklima, aber auch die verhaltene Weltkonjunktur deuten vorerst nicht auf eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung hin. Ohne Großaufträge bleiben die Auftragseingänge weiterhin abwärtsgerichtet. Die Verbraucherpreissteigerungen haben sich im Juli weiter vermindert und liegen bei +6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Auf der Verbraucherseite dürfte im Zuge der rückläufigen Inflationsentwicklung und steigenden Löhnen besonders der private Konsum stabilisierend gewirkt haben. Allgemein hat sich das ifo-Geschäftsklima im Juli weiter eingetrübt, insbesondere die Erwartungen für die weitere Entwicklung liegen im deutlichen negativen Bereich. Negativ dürfte sich vor allem der Außenbeitrag (Exporte abzüglich Importe) auswirken, da das schwache weltwirtschaftliche Umfeld die Exportentwicklung und damit die Produktionstätigkeiten dämpfen. Bei den Außenhandelspreisen zeigen sich weiterhin die Auswirkungen sinkender Energie- und Rohstoffpreise auf den Weltmärkten sowie der Abbau der Lieferkettenproblematik. Einfuhren haben sich deutlich stärker verbilligt (-1,6 Prozent) gegenüber den Ausfuhren (-0,1 Prozent). Exporte dürften daher in realer Betrachtung leicht gestiegen sein, während die Importe weniger stark gesunken sind.

Schrottmarkt
Weitgehend unverändert schwach blieb die Schrottnachfrage bei den inländischen Verbrauchern. Bedingt durch die Stillstandzeiten und den schlechten Aussichten, insbesondere in der Bauwirtschaft, ist bei den Bedarfen der Stahlhersteller keine Trendwende in Sicht. Der inländische Exportschrottmarkt sorgte bei einigen Qualitäten für kontinuierliche Abnahmemöglichkeiten. Exporteure klagten über geringe Materialeingänge, verursacht durch das knappe Schrottaufkommen, die auch durch erhöhte Einkaufspreise nicht stimuliert werden konnten.

Anfang August versuchten Stahlhersteller Preisermäßigungen um die 10-20 €/t durchzusetzen. Bereits im Vorfeld hatte sich der Schrotthandel auf rückläufige Preise eingestellt. Allgemein fand eine Preisreduktion zwischen 5-15 €/t statt, wobei fertige Qualitätsschrotte geringere Abschläge erhielten als Vormaterialien, die am oberen Rand der Abschlagsspanne lagen. Preisreduktionen wären vermutlich ohne die international aufkommende Schrottnachfrage aus Asien deutlich höher ausgefallen. Diesen ansteigenden Exportdruck verspürte das Nachbarland Polen besonders stark. Dort wurden kurze Blechabfälle, HMS 1/2-Qualitäten und Späne nach Indien, Bangladesch und Pakistan verladen. Es herrschte, anders als in anderen Ländern, eine gute Verfügbarkeit an Containern. Wegen des entfachten Exportmarktes ist es schwierig geworden, Vormaterialien zu bekommen. Betreiber von Shredderanlagen hatten große Schwierigkeiten ihr Vormaterial zu kaufen und setzten teilweise hochwertigere Qualitäten ein, damit die Aggregate eine auskömmliche Auslastung erhielten. Die Stimmung auf dem Schrottmarkt nahm weiter ab, was auch an der geringen Sammelleidenschaft auszumachen war. Durch steigende Preise, besonders im Bereich Logistik und Transport, rechneten sich einige Geschäfte nicht mehr. Die Sammeltätigkeit ist stark auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, was auch anhand der rückläufigen Eingangsmengen von den Sammelschrotten abzulesen war. Die Schrottwirtschaft musste sich diesen Monat wieder mit stark eingeschränkten Materialströmen zurechtfinden. Die Bestände bauten sich im Schrotthandel trotz geringer Nachfrage weiter ab.

Schrott in den Regionen
Im Norden lag der Preisrückgang mit 5-10 €/t etwas geringer als im süddeutschen Raum. Den geforderten Rückgang von 10-20 €/t konnten die Verbraucher nicht durchsetzen. Wie in andern Regionen trafen geringe Angebotsmengen auf geringe Schrottnachfrage. Die inländische Verfügbarkeit der fertigen Shredderschrotte und die der Vormaterialien, sowohl für die Shredderbetreiber als auch für die Scherenbetreiber, stellten sich durch den aufkommenden Exportmarkt als besonders schwierig heraus. Im Osten lagen die Preisermäßigungen ebenfalls auf dem Niveau von 5-10 €/t. Hier war die Verfügbarkeit der Sorte E1 sehr niedrig, was zu Schwierigkeiten bei der Versorgung führte. Ein großer Verbrauche hatte im Westen keinen nennenswerten Zukaufbedarf, während ein anderer Verbraucher für Neuschrotte minus 10 €/t, für Altschrotte minus 15 €/t und für Späne minus 5 €/t zahlte. Im Südwesten lagen die Preisreduzierungen aufgrund der geringeren Nachfrage etwas höher als in den nördlichen Regionen bei durchschnittlich 5-15 €/t. Neuabfälle lagen bei einer Preisreduktion von minus 10 €/t, Späne bei minus 5 €/t und Altschrotte bei minus 15 €/t. Schrottmengen wurden wegen des geringen Bedarfs von Bestandslieferanten gekürzt. Werke gaben an, dass auch im September, nach den längeren Stillstandzeiten im August, mit keinen wesentlich ansteigenden Bedarfen zu rechnen sei. Die Saar-Region kaufte geringe Mengen mit minus 10 €/t ein und im Süden gab es Preiseabschläge von 10-15 €/t.

Schrott in den Nachbarländern
In Frankreich lagen die Preisabschläge um die 10 €/t bei schwacher Nachfrage und beschwerlichen Materialeingängen. In Luxemburg wurden die Schrottpreise mit minus 10 €/t gehandelt. Die Nachfrage war dort urlaubsbedingt sehr niedrig. In Italien wurden Schrotte mit minus 15 €/t gehandelt. In Österreich sanken die Schrottpreise bei Neuschrotten um 20 €/t und die Altschrotte etwas weniger um 18 €/t. Der schweizerische Schrottmarkt kam mangels Abnahmemöglichkeiten förmlich zum Erliegen. Die Preise haben hier zwischen 15-20 €/t nachgegeben. In Spanien hatten die Werke Schwierigkeiten Abnehmer für ihre Produkte zu bekommen. Hier kam es zu Preisabschlägen von 10-15 €/t. Der polnische Markt zeigte sich mit unveränderten Preisen bis hin zu einer Preisreduktion von 7 €/t. Werke in Polen haben die Preise für die E3 durchschnittlich zwischen 5-6 €/t reduziert. Vormaterialien wurden teilweise mit Aufschlägen um die 5-10 €/t gehandelt. Indische, thailändische und pakistanische Importeure kauften vermehrt Material aus Polen. In Containern verladene Neuabfälle, kurzgeschnittene HMS-Qualitäten sowie Späne wurden verladen. In Tschechien drücken die schwache Nachfrage und die finanziellen Probleme eines großen Abnehmers auf die Schrottpreise. Händler veräußerten zunehmend Ware in die Nachbarländer.

Schrottmarkt international
Die Geschäftstätigkeiten auf dem türkischen Schrottmarkt haben in der ersten Hälfte des Monats zugenommen. Grund hierfür war eine Nachfragebelebung auf dem asiatischen Markt für Fertigstähle, insbesondere in Indien und Pakistan, die zu einer besseren Ausgangslage auf dem Absatzmarkt führte. Türkische Schrottimporteure agierten sehr behutsam, um zum einen die Schrottpreise nicht weiter anzufachen und zum anderen, um die Lagerbestände nicht unnötig aufzubauen. Sie nahmen sich wiederholt Auszeiten, um die Situation auf dem Schrottmarkt zu beobachten und zu analysieren. Dadurch verlangsamte sich immer wieder der Importmarkt und die Geschäftstätigkeiten setzen aus, bis einzelne Akteure wieder in den Markt eintraten. Die Verkaufspreise der fertigen Stahlprodukte waren weit entfernt von dem gewünschten Niveau. Preiserhöhungen auf das Fertigmaterial mussten erhoben werden, um überwiegend die erhöhten Schrottpreise auszugleichen. Die asiatische Stahlnachfrage führte zu steigenden Schrottbedarfen, wie bspw. in Indien, Bangladesch und Pakistan. Bedingt durch die asiatische Schrottnachfrage, das engere Schrottexportverbot der Arabischen Emirate, die von monatlich 120 Tsd. Tonnen nur noch ca. 50 Tsd. Tonnen im Monat in die Türkei lieferten, und durch die geringe Verfügbarkeit von direkt reduzierten Eisen (DRI), gelangten die Schrottpreise auch in der Türkei unter Druck. Lieferanten, die gewöhnlich in die Türkei lieferten, lenkten Ware per Container nach Indien, Bangladesch und Pakistan um. Es wurden auch verstärkt komplette Schiffslandungen in diese Länder verkauft.

Viele Schrottlieferanten haben Schwierigkeiten, den Materialzulauf zu ihren Lägern aufrechtzuerhalten und erhöhten die Preise, obwohl dadurch keine wesentlichen Anreize zur Erhöhung des Materialstroms gesetzt wurden. Der Markt zeigte sich stabil, aber die Widerstände der Werke gegenüber Preiserhöhungen bei den Schrotten wuchsen an. Auf dem Kurzseemarkt peilten die Verkäufer höhere Preise an, blieben aber zurückhaltend und abwartend, bis ein für sie akzeptables Preisniveau erreicht wurde.

Gießereien
Bei den Gießereien haben sich gegenüber dem Monat Juli keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Die sommerbedingten Stillstandzeiten sorgen für geringe Bedarfe. Die Zeit wird genutzt, um Wartungsarbeiten durchzuführen und die Situation auf dem Gießereimarkt genau zu analysieren. Die Marktanalysen sind notwendig, um Verlängerungen der Stillstandzeiten auszuloten und damit verbunden Produktionskürzungen im Vorhin vorzunehmen. Die Preisabschläge lagen zwischen 5-15 €/t. Marktbeobachter stehen dem Gießereimarkt im September mit gemischten Gefühlen gegenüber. Eine Belebung durch eine anziehende Nachfrage nach Gießereiprodukten, die über die eigentliche Beendigung der Stillstände hinausgeht, wird allerdings nicht erwartet.

Ausblick
Wie erwartet haben sich die Auftragseingänge aus den Marktsegmenten Bau, Maschinenbau und Konsumgüterindustrie abgeschwächt. Im Zuge der konjunkturellen Abschwächung haben wir eine schwächere Nachfrage, die durch den Abbau von Lagerbeständen noch verstärkt wurde. Mit einer durchwegs schwachen Nachfrage aus diesen Marktsegmenten kann weiterhin gerechnet werden. Insgesamt gesehen gestaltet sich zumindest das Automobilsegment stabil.

Der niedrigen Schrottnachfrage steht ein knappes Schrottangebot gegenüber. Durch die Betriebsferien der herstellenden Unternehmen werden die anfallenden Schrotte nach Anlauf der Produktion zeitversetzt zum Schrotthandel gelangen. Der versetzte Materialzulauf von Produktionsabfällen und die schleppende Sammeltätigkeit, die durch die hohen Kostensteigerungen und das geringe Aufkommen für viele kaum noch wirtschaftlich ist, drücken weiterhin auf die Materialverfügbarkeit. Geringe Abbruchtätigkeiten durch die schwächelnde Bauwirtschaft verstärken die Materialverknappung bei den Altschrotten. Es wird bei den Marktakteuren diskutiert, ob der Bodensatz bereits erreicht ist und die Werke sich mit den erwarteten Mengen in den Sommermonaten überhaupt eindecken konnten. Einige Stahlwerke, besonders die Lieferanten für die Bauwirtschaft, sehen keine schnelle Erholung ihrer Geschäftstätigkeit. Hier zeigen die Aussichten besonders durch die langen Vorlaufzeiten durch Projektierung und Finanzierung bis ins erste Halbjahr des nächsten Jahres keine positiven Anhaltspunkte. Die Schrottnachfrage wird vermutlich bei diesen Werken unterdurchschnittlich sein. Bei Stahlerzeugern, die ihre Abnehmer zu anderen Absatzmärkten rechnen, sehen die Aussichten für eine stabile Schrottnachfrage freundlicher aus. Fraglich bleibt, wie hoch die Schrottnachfrage auf dem türkischen und dem asiatischen Markt ausfallen wird. Auf dem asiatischen Markt scheint vorerst die Dynamik wieder herausgenommen zu sein. Chinesische Immobilien- und Wirtschaftsindikatoren sehen die Stahlnachfrage schwächer werdend, was auch die asiatische Nachfrage untergraben könnte.

Redaktionsschluss 21.08.2023, Johannes Hanke / bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr)