Hochlast-Fermenter an Biogasanlagen erhöhen die Wirtschaftlichkeit
Forscher der Fachhochschule Münster (FH Münster) haben gemeinsam mit der Firma PlanET Biogastechnik GmbH ein Verfahren zur effizienten Vergärung flüssiger Rest- und Abfallstoffe aus Landwirtschaft und Industrie entwickelt. Danach kann ein zusätzlich installierter Hochlast-Fermenter an landwirtschaftlichen Biogasanlagen den herkömmlichen Rührkessel-Fermenter ergänzen und so bislang ungenutzte Biomassepotenziale erschließen. Im Projekt wurden praxistaugliche Verfahrenskonzepte für Biogasanlagenbetreiber sowie Tools zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit erarbeitet.
Die Vergärung flüssiger Rest- und Abfallstoffe wie insbesondere Gülle stellt Biogasanlagenbetreiber aus verfahrenstechnischer Sicht vor große Herausforderungen. Der hohe Wassergehalt erfordert vergleichsweise große Behältervolumina und einen hohen Heizenergiebedarf, was sich in den Investitions- und Betriebskosten niederschlägt. Bei der Hochlastvergärung werden die zur Biogaserzeugung notwendigen Mikroorganismen im Fermentersystem zurückgehalten und angereichert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Biogasfermentern können so höhere Durchsätze, kürzere Verweilzeiten und damit kleinere Behältervolumen realisiert werden. Investitions- und Betriebskosten lassen sich auf diese Weise deutlich senken.
Im Vorhaben „Bio-Smart“ identifizierten die Wissenschaftler der FH Münster landwirtschaftliche und industrielle Reststoffe mit hohen Abbaugeschwindigkeiten. Für die Hochlastfermentation eignen sich vor allem Schweine- und Rindergülle sowie Zuckerrübensaft; zudem kommen Glycerin aus der Biodieselherstellung und stärkehaltige Abwässer in Frage. Alle geeigneten Reststoffe wurden in eine Datenbank aufgenommen, die Auskunft über Biogaserträge und weitere relevante Substratparameter liefert.
In Laborversuchen im halbtechnischen Maßstab ermittelten die Forscher erfolgversprechende Substrat-Reaktor-Kombinationen. Als am besten geeignetes System erwies sich ein aus der biologischen Abwasserreinigung bewährter EGSB-Reaktor (Expanded Granular Sludge Bed). Der Reaktor hält Mikroorganismen zurück und beschleunigt so den Substratabbau und die Gasbildung. Durch die zeitlich gezielte Fütterung leicht abbaubarer Substrate lässt sich die Gasbildung zudem an den Bedarf anpassen.
Unter den Substratmischungen zeigte der Mix aus Schweine- und Rindergülle mit einem hochkalorischen Reststoff das größte Biogaspotenzial. Die Verweilzeit im Hochlast-Reaktor konnte auf bis zu einen Tag reduziert werden, wobei die optimalen Verweilzeiten in Abhängigkeit der gewählten Substratkombination zwischen vier und zwölf Tagen liegen.
Übertragbar auf Bestandsbiogasanlagen
Auf Grundlage der Laborergebnisse erarbeiteten die Forscher verschiedene Verfahrenskonzepte. Zur Abschätzung der Kosten und Erlöse erstellten sie ein Berechnungstool, das unter anderem die verfügbaren Substratmengen, das Verfahrenskonzept oder Eigenschaften der Bestands-Biogasanlage berücksichtigt. Das Tool quantifiziert den Einfluss verschiedener Anlagen- und Betriebsparameter und ermöglicht so eine wirtschaftliche Optimierung neuer und bestehender Biogasanlagen.
Aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, die festen und flüssigen Phasen, die bei der Vorbehandlung anfallen, zu nutzen. Die flüssige Phase mit hohem Wassergehalt und volumetrischem Anteil wird bei kurzen Verweilzeiten im EGSB-Reaktor vergoren, während die Vergärung der festen Phase mit höherem Feststoffanteil und entsprechend längeren Verweilzeiten im Rührkesselfermenter stattfindet. Durch die getrennte Behandlung der festen und flüssigen Substratphase ergibt sich insgesamt eine Reduktion des benötigten Gärvolumens.
Die PlanET Biogastechnik GmbH integrierte abschließend eine Versuchsanlage zur Hochlastvergärung in die Versuchsbiogasanlage im Bioenergiepark Saerbeck im Münsterland.
planet-biogas.de, fh-muenster.de
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2023, Seite 55, Foto: Dr.-Ing. Elmar Brügging)