Schrottmarktbericht November 2023: Wechselspiel zwischen türkischer und asiatischer Nachfrage

Der private Konsum dämpft angesichts der nachwirkenden Kaufkraftverluste und der anhaltenden Konsumentenunsicherheit die wirtschaftliche Entwicklung. Zusätzlich belastet die schwache außenwirtschaftliche Nachfrage die Wirtschaft. Auch wenn sich die Rahmenbedingungen angesichts sinkender Inflationsraten und steigendem Realeinkommen aufhellen, verbessert sich die Wirtschaftslage nicht.

Zwar verringerte sich die Inflationsrate im Oktober auf 3,8 Prozent, den niedrigsten Wert seit August 2021, aber eine positive Dynamik ist nicht wahrzunehmen. Allerdings hatte die Rate im September noch bei 4,5 Prozent gelegen. Ein Grund für die gefallene Inflationsrate ist, dass erstmals seit Januar 2021 ein Rückgang der Energiepreise gegenüber dem Vorjahresmonat von -3,2 Prozent festzustellen ist. Für die nächsten Monate ist von einer erhöhten, aber langsam abflachenden Preisdynamik auszugehen. Die geldpolitische Straffung wirkt nach wie vor dämpfend auf die Nachfrageseite. Neben der Industrie ist auch die Wertschöpfung im Bau und im Handel weiterhin rückläufig.

Schrottmarkt
Stahlwerke verwiesen regelmäßig auf die hohen Produktionskosten und die schwierige Nachfrage auf dem Fertigstahlmarkt, der sich weiterhin sehr nüchtern zeigte. Vor dem Hintergrund eines reduzierten Angebots durch eine knappe Materialverfügbarkeit konnten große Preissenkungen grundsätzlich nicht vorgenommen werden. Als Abflussventil zeigte sich einmal mehr der internationale Markt. Vormaterialen waren begehrt und erzeugten einen massiven Gegendruck auf das Preisniveau bei Altschrotten. Der Preisunterschied vom Vormaterial zu den Fertigschrotten rechtfertigte teilweise nicht mehr die Bearbeitung. Das Wechselspiel zwischen türkischen und asiatischen Käufern dämpfte die Nachfrageunsicherheit, sodass bei nachlassendem Kaufinteresse der einen Käuferseite, die andere schnell an dessen Stelle trat. Dies führte zu einem gesamt gesehen sich einpendelnden, gefestigten internationalen Markt. Die Altschrottverfügbarkeit stand nicht nur durch die Exportnachfrage unter Druck, sondern auch durch die stark reduzierten Abbruchtätigkeiten. Viele Neuprojekte sind aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie bspw. höheren Finanzierungs- oder Baukosten, auf Eis gelegt, weshalb auch die Abbrüche auf ein geringes Maß heruntergefahren wurden. Die schwierige Marktsituation auf dem Altschrottmarkt breitet sich zunehmend auch bei den Neuschrottabfällen aus. Geringes Kaufinteresse führt zu geringer Produktionsauslastung und damit auch zu einem verringerten Neuschrottaufkommen. Diese Situation wird flankiert von Diskussionen über Einstellungsstopps und Personalabbau in der Automobil- und Zulieferindustrie. Auf dem Schrottmarkt kristallisierte sich ein unverändertes Preisniveau heraus, mit leichten Abbautendenzen einzelner Preisspitzen. Die Bandbreite der Preisverhandlungen reichte in diesem Monat sehr weit auseinander, was an den unterschiedlichen Regionen, den damit verbundenen divergierenden Absatzwegen, und an der Ausgangslage gegenüber dem Vormonat lag.

Schrott in den Regionen
Die Nachfrage bei den nördlich gelegenen Stahlwerken war aufgrund von Produktionskürzungen reduziert. Die Preise lagen überwiegend im unveränderten Bereich mit leichter Preiskorrektur von bis zu minus 5 €/t. Vereinzelt fiel die Preiskorrektur etwas höher aus. Die Preisanpassungen im Osten lagen, entgegen der eigentlichen Preistendenz, bei einem geringfügigen Anstieg um bis zu 5 €/t, eine leichte Korrekturbewegung resultierend aus den unterschiedlichen Bewertungen aus den Vormonaten. Im Westen zeichnete sich ein stark reduzierter Bedarf ab, weshalb die Schrottpreise deutlich stärker gefallen sind als in anderen Regionen, Marktteilnehmer sprachen von 10-20 €/t. Im Süd-Westen zeigte sich eine leicht verbesserte Auftragslage und damit einhergehend eine höhere Nachfrage nach Altschrotten ab. Die Preise festigten sich und schlossen mit einem um 5-10 €/t höherem Niveau gegenüber dem Vormonat ab. An der Saar bildete sich ein um ein Viertel geringerer Bedarf, bei unverändertem Preisniveau. Im Süden des Landes hat ein großer Verbraucher seine Produktion deutlich reduziert und die Stillstandzeit bereits für Anfang Dezember angekündigt. Die Vormonatspreise wurden in den November weitestgehend überführt.

Schrott in den Nachbarländern
Französische Stahlwerke haben den November zum Anlass genommen, um die Preise um 5 €/t zu erhöhen. Die Verbraucher in den Benelux-Ländern schlossen sich diesem Trend überwiegend an, ließen die Schrottpreise entweder auf einem unverändertem Niveau oder erhöhten sie ebenfalls um 5 €/t. Verkäufer gaben an, dass die Nachfrage auf einem ordentlich Niveau liegt und die Exportaktivitäten stark genug seien, um Preiserhöhungen zu rechtfertigen. Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Schredderschrotten wurde dabei besonders hervorgehoben. In Österreich fand eine Preisüberführung der Schrotte aus Oktober statt, Neuschrotte wurden teilweise jedoch mit Abschlägen von bis zu 10 €/t gehandelt. Die Schweiz schloss den Monat November mit unveränderten Preisen ab oder senkten sie nach Möglichkeit um 5 €/t, bei deutlich reduzierten Bedarfsmengen. Die italienischen Preise verspürten einen Nachholbedarf aus dem Vormonat und erhöhten sich um 5-10 €/t. In Polen waren die Preise umgerechnet zwischen 5-15 €/t rückläufig. In der Tschechischen Republik hat sich eine Preiskonstanz zum Vormonat gezeigt bei allgemein geringen Produktionsbedarfen.

Schrottmarkt international
Für die Novemberverladung haben türkische Werke weniger Tiefseeladungen gekauft als zuvor erwartet. Gründe für diesen reduzierten Zukaufbedarf waren Schwierigkeiten, die Verkäufe anzukurbeln, und damit einhergehend die geringe Kapazitätsauslastung der Stahlwerke von etwa 50 Prozent. Erhöhte Strompreise trieben die Kosten der Stahlwerke in die Höhe, was Preiserhöhungen bei den Fertigstahlprodukten auslöste. Diese Kosten konnten die Hersteller nicht weiterreichen. Die zunächst zaghaften Wiederbelebungsversuche des türkischen Inlands- und Exportmarktes wurden von der beschleunigten Erholung des chinesischen Marktes unterstützt. So berichtete der Leiter der People’s Bank of China (PBoC), Pan Gongsheng, dass China das angestrebte Wirtschaftswachstum von 5 Prozent erreichen werde. Die Bank verstärke die Bemühungen zur Förderung der Realwirtschaft und werde, wenn notwendig, Liquiditätskredite mit relativ hoher Schuldenlast bereitstellen.

Auf dem internationalen Schrottmarkt zeigte sich ein austariertes Wechselspiel zwischen türkischer und indischer Nachfrage, was zu einer Stabilisierung führte. Ermutigt durch Preiserhöhungen in den USA und die Rückkehr der indischen Nachfrage, fand ein fließender Übergang der türkischen Einkaufskampagnen für die Monate Dezember und Januar statt. Der kurze Produktionsmonat Dezember und die Befürchtung von steigenden Schrottpreisen veranlassten viele Käufer für den Januar mitzukaufen. Über den Kurzstreckenverkehr waren zunächst nur geringe Mengen verfügbar, wodurch sich die türkischen Verbraucher überwiegend auf den Tiefseemarkt fokussierten. Am 14. und 15. November folgten türkische Stahlproduzenten diesem Trend und kündigten eine Erhöhung ihrer Einkaufspreise zwischen 295-300 TRY/t an, umgerechnet 10-12 $/t für Inlandsschrotte.

Gießereien
Auf dem Gießereimarkt, der sehr unterschiedliche Ausprägungen hat, ist die Marktlage sehr schwierig. Die Zulieferer, die für den Anlagen- und Maschinenbereich tätig sind, hatten schon länger mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Hinzu kommt jetzt auch noch der gedämpfte Absatz aus der Automobilindustrie. Die Insolvenz eines großen Traditionsunternehmens war großes Gesprächsthema in der Branche und zeigte einmal mehr, wie drückend die Stimmung auf diesem Markt ist. Die Preise stabilisierten sich für die nicht indexierten Stahlschrottsorten, ähnlich wie das Material für Stahlwerke, auf einem gleichbleibenden Preisniveau.

Ausblick
Stahlwerke verweisen vermehrt auf ihre Stillstandzeiten am Ende des Jahres. Neben Erhaltungs- und Wartungsarbeiten gelten die Stillstände auch als probate Mittel, um Produktionsmengen herauszunehmen, Produktionskosten zu senken und Fertigmaterialpreise zu stabilisieren. Das Ausmaß der Stillstandzeiten ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, da viele Verbraucher die Situation für sich analysieren und die variablen Zeiträume, wenn notwendig, entsprechend ausdehnen. Die Materialverfügbarkeit wird voraussichtlich eingeschränkt bleiben. Marktteilnehmer sind sich sicher, dass der Weg, Schrottmengen zu sichern, zu Ungunsten der Margen ausfällt.

Auf der Nachfrageseite sorgt jüngst das Karlsruher Haushaltsurteil für Verunsicherung, wonach die Regierung angehalten wird, ihr Vorhaben zur Energiewende zu überprüfen. Als Konsequenz wurde bereits eine Sperre des Wirtschaftsplans des Klima- und Transformationsfonds in Höhe von 60 Mrd. EURO angeordnet. Das Finanzministerium verhängte daraufhin eine Sperre über nahezu den gesamten Haushalt. Investitionen könnten daraufhin verschoben oder aufgehoben werden, was zu einer geringeren öffentlichen Nachfrage führen könnte.

Redaktionsschluss 21.11.2023, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth