Neu organisierte Recyclingkette für Kunststoffe

Acht Fraunhofer-Institute bündeln ihre Kompetenzen, um die werkstoffliche Verwertung von Kunststoffen signifikant zu erhöhen. Das Leitprojekt „Waste4Future“, koordiniert von der Fraunhofer-Einrichtung IWKS für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS, entwickelt eine Sensorsuite für Sortieranlagen, die unter anderem schwarze Abfallpartikel erkennt.

Eine ausgeklügelte Kombination aus verschiedenen Sensoriken wie beispielsweise der Infrarot- und Terahertz-Sensorik der Sensorsuite soll sowohl die Stoffparameter für eine möglichst reine Sortierung als auch die Alterung der Probe bestimmen. Das Alter der Probe ist relevant, um einzuschätzen, ob und wie sich diese für das werkstoffliche Recycling eignet. Ist eine Fraktion zu stark beschädigt, lässt sie sich nicht mehr mechanisch, sondern nur noch chemisch verwerten.

Beide Aspekte sollen mit der Sensorsuite erkannt werden: Hier werden verschiedene physikalische Eigenschaften der Kunststoffe (z.B. optische oder thermische) durch teilweise selbst entwickelte Sensorik detektiert und miteinander vernetzt. Die erfassten Daten werden mittels Verfahren des Maschinellen Lernens verknüpft und ausgewertet. Die Sensorsuite zur Charakterisierung des Abfalls befindet sich über dem Fließband einer Sortieranlage. Druckluftdüsen sortieren dann wahlweise die gewünschten Zielstoffe oder die unerwünschten Störstoffe aus. Ein Störstoff für das chemische Recycling kann etwa chlorierter Kunststoff sein, wie Polyvinylchlorid, kurz PVC. Das enthaltene Chlor führt gerade im chemischen Recycling zu erheblicher Korrosion der dazu nötigen Anlagen. Generell gilt: Je sortenreiner die Fraktion, umso hochwertiger das Rezyklat.

Kreislaufführung statt thermischer Verwertung
Beim Detektieren des Kunststoffs durch die Sensorik fällt eine riesige Datenmenge an. „Digitale Zwillinge helfen, den Wust an Daten auf die elementaren Kerndaten zu reduzieren und diese an ein Bewertungsmodell weiterzugeben, das wir im Projekt entwickeln und das die bislang prozessgeführte Recyclingkette zu einer stoffgeführten Kette reorganisiert“, erklärt Dr. Gert Homm, Leiter eines Teilprojekts und Wissenschaftler am Fraunhofer IWKS in Alzenau. Dabei werden Faktoren wie Energieverbrauch und CO2-Fußabdruck berücksichtigt. Durch die Kombination von neuartiger Sortiertechnik, Digitalen Zwillingen, Machine Learning und Bewertungsmodell wird dynamisch ermittelt, welcher Weg des Recyclings für eine spezifische Abfallmenge der technisch, ökologisch und ökonomisch sinnvollste ist.

Das Bewertungsmodell ermittelt die Umweltbilanz und informiert unter anderem, wieviel Energie anfällt, um eine Tonne neuen Kunststoffs herzustellen. Dieser Energieverbrauch wird mit dem Energieverbrauch verglichen, der bei der energetischen Verwertung anfällt. Das Bewertungsmodell wägt verschiedene Möglichkeiten ab, Kunststoffe zu recyceln und macht sie miteinander vergleichbar. Im Projekt prüfen die Partner die möglichen mechanischen (Schmelzextrusion, lösungsmittelbasierte Aufreinigung und Fraktionierung) und chemischen (Solvolyse, Pyrolyse, Gasifizierung) Recyclingverfahren und testen sie auf ihre Tauglichkeit für die unterschiedlichen Kunststoffabfallzusammensetzungen. Zum Projektende im Dezember 2024 sollen dann aus alten Kunststoffen hergestellte Bauteile mit Neuware verglichen werden.

„Eine nachhaltige Gesellschaft mit klimaneutralen Prozessen benötigt erhebliche Anpassungen in den Wertschöpfungsketten. Dem leisten wir im Projekt Folge, indem wir die optimale Recyclingroute und den optimalen Sortierprozess unter der Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Kriterien berechnen und somit zu einer erheblichen CO2-Minderung im Vergleich zur energetischen Verwertung beitragen und eine weitestgehende Kreislaufführung von kohlenstoffhaltigen Abfällen ermöglichen“, resümiert Homm.

fraunhofer.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2024, Seite 40, Foto: Holger Jacoby)