Neue Batterien aus Recyclingmaterial?
Seit Januar gilt die neue EU-Batterieverordnung. Sie sieht vor, mehr recycelbare Rohstoffe in Batterien einzusetzen und nach Ende der Nutzungsphase mehr zu recyceln. Das dürfte anfänglich Probleme geben, hat jetzt eine Studie im Auftrag des Instituts der Deutschen Wirtschaft herausgearbeitet.
Mehr E-Fahrzeuge, mehr Recycling
Worauf die Verordnung abzielt, lässt sich an den Markthochlaufprognosen für Elektrofahrzeuge ablesen: Bis 2030 sollen weltweit etwa 40 Prozent der Fahrzeuge elektrisch betrieben sein; im Jahr 2040 sollen es bereits 70 Prozent ausschließlich elektrische Fahrzeuge sein. Dadurch wird sich die globale Nachfrage nach Batterien zwischen 2030 und 2040 auf bis zu 6.500 Gigawattstunden verdoppeln. Für Europa ist bis 2045 ein Anstieg der Batteriekapazitäten in neu zugelassenen Fahrzeugen von heute rund 100 auf fast 1.200 Gigawattstunden zu erwarten.
Hinzu kommt, dass die Verordnung für Neubatterien ab 2031 erstmals Rezyklatgehalte vorschriebt: für Kobalt (16 Prozent), Blei (85 Prozent), Lithium (6 Prozent) und Nickel (6 Prozent). Fünf Jahre später sollen diese Anteile steigen: 26 Prozent des Kobalts, 12 Prozent des Lithiums und 15 Prozent des Nickels müssen aus Recyclingmaterialien bestehen. Was Rückgewinnungsquoten betrifft, so sind für Kobalt, Nickel und Kupfer 90 Prozent ab 2027 und 95 Prozent ab 2031 vorgesehen. Für Lithium wurde für 2027 eine Quote von 50 Prozent und ab 2031 eine von 80 Prozent festgelegt.
Was die Recyclingeffizienz anlangt – also den Quotienten der Masse der wiedergewonnenen Rohstoffe und der Inputmasse der Altbatterien –, so müssen statt wie bisher 50 Prozent des durchschnittlichen Gesamtgewichts von Fahrzeugbatterien mit Lithium-Anteil 65 Prozent ab 2025 und 70 Prozent ab 2030 ins Recycling gehen. Allerdings nur, falls die Werte nicht Ende 2028 wieder überprüft und angepasst werden.
Steigender Bedarf
Die künftige Rohstoffnachfrage hängt von der Gesamtkapazität der benötigten Batterien und den verschiedenen Batterietechnologien – Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt (NMC), Lithium-Eisenphosphat (LFP) oder Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA) – ab. So wird sich voraussichtlich die Nachfrage von Lithium zwischen 2020 und 2030 verzehnfachen und in 25 Jahren um den Faktor 27 erhöhen. Kobalt soll sich im gleichen Zeitraum verachtfachen beziehungsweise um den Faktor 11 vermehren. Nickel wird dann 10-mal stärker und ab 2030 24-mal stärker gefragt sein. Der Gesamtrohstoffbedarf für die kritischen Rohstoffe für Elektrofahrzeugbatterien dürfte in den nächsten Jahren laut Studie jedenfalls „erheblich ansteigen“.
Recyclingmarkt ab 2030 ausgelastet
Wachsende Nachfragen nach E-Batterien generell und Premium-Fahrzeugen und somit Batteriegrößen lassen einen Anstieg an Altbatterien erwarten. Untersuchungen zufolge würden dadurch 2040 weltweit 6.000 Kilotonnen beziehungsweise für Europa 2.100 Kilotonnen an Altbatterien anfallen.
Die gängigen Recyclingtechnologien – insbesondere der niedrige Automatisierungsgrad der Elektrodentrennung – lassen es aber noch nicht zu, alle Wertstoffe aus Altbatterien rückzugewinnen. Laut einer Studie der RWTH Aachen dürfte der Recyclingmarkt ab 2030 komplett ausgelastet sein. Der Expertenkreis Transformation der Automobilwirschaft errechnete, dass – bei gleichen Exportquoten von E-Fahrzeugen zu Verbrennern wie heute – folglich etwa 85 Prozent der Fahrzeuge exportiert und dadurch ihre Rohstoffe dem deutschen und europäischen Rohstoffmarkt entzogen würden. Die notwendigen Investitionen zur Rückgewinnung von 570 Kilotonnen pro Jahr werden auf 2,2 Milliarden Euro veranschlagt.
Vollständige Bedarfsdeckung in Reichweite?
Es liegen unterschiedliche Studien vor, inwieweit der Bedarf neuer Batterien durch Recyclingrohstoffe gedeckt werden kann. Global werden für das Jahr 2040 etwa 53 Prozent des Lithium-Bedarfs, 60 Prozent des Kobalt-Bedarfs, 53 Prozent des Nickel-Bedarfs und 57 Prozent des Mangan-Bedarfs errechnet. Andere Prognosen sprechen von einer europäischen Deckung bis zu 30 Prozent des Lithium-, Kobalt- und Nickel-Bedarfs ab 2035.
Eine weitere Studie sagt für 2030 eine Erfüllungsrate von sieben bis zehn Prozent des Lithium-Bedarfs, 13 bis 19 Prozent des Kobalt-Bedarfs, acht bis zwölf Prozent des Nickel-Bedarfs und zwei bis fünf Prozent des Mangan-Bedarfs voraus, mit einem Anstieg um jeweils fünf Prozent bis 2035. Und eine aktuelle Untersuchung prognostiziert eine vollständige Zirkularität und Nachfragedeckung für Lithium für das Jahr 2070, bei Kobalt für 2052 und für Nickel circa für 2058.
Jetzt noch nicht wettbewerbsfähig
Unterzieht man die Daten unterschiedlichen Szenarien, die Nutzungsdauer und Weiternutzung in Second-Life-Anwendungen berücksichtigen, erscheinen die in der Batterie-Verordnung vorgesehenen Rezyklateinsatzquoten als „sehr ambitioniert“, für Lithium umd Nickel aber „erreichbar“. Die Realisierung bei Kobalt wird hingegen kritischer bewertet.
Freilich können – in der bisherigen Analyse unberücksichtigt – Preiseffekte oder Marktreaktionen auftreten, die neben der prognostizierten Knappheit von rezykliertem Kobalt einen Trend zu kobaltärmeren Batterien wie LFP- oder NMC-Batterien mit höherem Nickelanteil bewirken. Aber „Recyclingmaterialien für Batterien sind unter anderem wegen der aktuell in Europa geringen Verfügbarkeiten und den noch in der Entwicklung stehenden Recyclingprozessen noch nicht wettbewerbsfähig, weshalb die Batterieverordnung hier einen wichtigen Ansatz bietet.“ Verbessert werden müssen dazu das Produktdesign von Batterien, die Sammlung an ihrem Nutzungszyklusende und die Reduzierung von Fahrzeug-Exporten.
Die vollständige Studie kann beim Institut der deutschen Wirtschaft unter iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Trends/PDF/2024/IW-Trends_2024-03-06_Lichtenth%C3%A4ler-B%C3%A4hr.pdf heruntergeladen werden.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2024, Seite 38, Foto: O. Kürth)